Ex-Audi-Chef Rupert Stadler kommt in Prozess um illegale Dieselautos noch lange nicht zu Wort

04.11.2020 | Stand 05.11.2020, 8:49 Uhr
Stadler vor Gericht
Rupert Stadler steigt am Mittwochmorgen aus dem Mercedes und geht schweigend ins Gericht. Fragen von Journalisten ignoriert er −Foto: Schmidt

Zähes Vorantasten.

(ty) Das zeigte sich am Mittwoch an Tag sieben des seit 30. September laufenden Verfahrens. Nach seinen vorangegangenen Einlassungen musste sich der angeklagte Ex-Motorenentwickler Giovanni P. den Fragen von Gericht und Staatsanwaltschaft stellen. Letztlich laufen seine Antworten stets auf denselben Tenor hinaus: "Ich habe Illegales gemacht, aber nicht weil ich wollte", sagte der 63-Jährige. Es sei ihm von höherer Stelle so aufgetragen worden. "Das war ein Fehler", räumte er vor der 5. Großen Wirtschaftsstrafkammer am Landgericht München II ein - also nichts, was er nicht schon früher erklärt hätte. Es bleibt ein zähes Vorantasten.

Beim ersten deutschen Gerichtsverfahren im Dieselabgas-Skandal geht es bekanntlich um Manipulationen, die Autos auf dem Prüfstand sauberer erscheinen lassen, als sie auf der Straße tatsächlich sind. Der Vorwurf lautet auf Betrug, mittelbare Falschbeurkundung und strafbare Werbung. Das Gericht muss folglich zunächst einmal die technische Seite klären, ebenso wie die Frage nach unzulässigen Software-Manipulationen, bevor die Kammer die Frage zur Vermarktung beleuchten kann. Neben dem ehemaligen Audi-Dieseltechnik-Teamleiter Giovanni P. richtet sich die Anklage gegen dessen damaligen Mitarbeiter Henning L. (53), Ex-Audi-Chef Rupert Stadler (57) sowie den früheren Porsche-Vorstand und Ex-Chef der Audi-Motorenentwicklung, Wolfgang Hatz (61).

P. schilderte auf Nachfrage des Gerichts, wie er nach seinem Wechsel von Italien nach Deutschland von der Arbeitsweise bei Audi wenig begeistert war. Er hätte sich mehr Kommunikation gewünscht, sagte er sinngemäß. Oft sei es allein um Kosteneinsparungen statt um optimale Lösungen gegangen. Insgesamt blieb der 63-Jährige in seinen Ausführungen mitunter vage. Als er technische Fragen des Gerichts beantwortete, schüttelte sein früherer Chef Wolfgang Hatz wiederholt den Kopf und schlug sich einmal gar die Hände vors Gesicht - vermutlich Ausdruck dafür, dass er sich zu einem späteren Zeitpunkt ganz anders zum Thema äußern wird.

Der Italiener relativierte seine Aussage vom Vortag, wonach Stadler ihn nach Bekanntwerden des Skandals bei einem Aufklärungsgespräch mit US-Behörden bewusst im Hotel zurückließ, damit er, Giovanni P. , nicht alle Details offenlege. Ob dieser Ausschluss tatsächlich vom Ex-Audi-Chef ausging, erschien am Mittwoch auf Nachfrage des Gerichts dann doch fraglich. Was unter illegalen Abschaltvorrichtungen zu verstehen ist, habe er bis 2015 gar nicht gewusst, erklärte der Angeklagte P. , nachdem eine Dolmetscherin ihm den EU-Gesetzestext übersetzt hatte. Darüber sei bei Audi "nie gesprochen worden". Die Nachfrage, weshalb er das Thema dann schon vor 2015 "im kleinen Kreis" halten wollte, wie aus Vernehmungsprotokollen hervorgeht, brachte P. auf die Palme. "Entschuldigung, ich bin müde", sagte er nach fünf Stunden Anhörung. In kleiner Runde ließen sich Dinge eben schneller regeln, lautete seine Erklärung.

Rupert Stadler, der laut Anklage den Verkauf von Dieselautos mit illegaler Abgastechnik nach Bekanntwerden des Skandals nicht gestoppt haben soll, muss sich derweil in Geduld üben. Beim derzeitigen Tempo des Verfahrens kommt er vermutlich erst im neuen Jahr zu Wort. Er wirkte diese Woche deutlich gelassener als bei den ersten Terminen. Und für alle, die sein Erscheinen zum Prozessauftakt in einem Mercedes - nämlich dem seines Verteidigers - gleich zur Grundsatzfrage deklariert hatten, sei noch erwähnt: Diese Woche fuhr der 57-Jährige in seinem knallroten Audi vor. Der Prozess wird am Dienstag fortgesetzt.