Zurück im Turnier: Deutschland besiegt Portugal

19.06.2021 | Stand 19.06.2021, 21:37 Uhr

Fußball

Deutsche Elf gewinnt mit 4:2

(ty) Die dunklen Wolken, die nach durchwachsenen Leitungen über der deutschen Nationalelf lagen, sind seit Samstagabend wie weggeblasen. Das bleierne Gefühl der deutschen Fans ist „Oh, wie-ist-das-schön“-Sprechchören in der Münchner Arena gewichen, die man lange nicht gehört hat, weil man lange nicht so eine furiose DFB-Auswahl gegen eine Top-Mannschaft erlebt hat. Die Zeit für ein bisschen Euphorie nach dem 4:2 (2:1) gegen Portugal ist bei der Europameisterschaft angebrochen.

Der amtierende Europameister ist und bleibt der Lieblingsgegner der deutschen Nationalmannschaft bei Turnieren. Mit gleich zwei Eigentoren halfen die Portugiesen kräftig mit, damit die DFB-Auswahl am Samstagabend in München den so wichtigen Sieg im zweiten EM-Spiel einfahren konnte. Den völlig verdienten 4:2-Erfolg aber nur auf die gütige Mithilfe des Gegners zu reduzieren, würde der engagierten Leistung von Joachims Löws Mannschaft in keiner Weise gerecht werden. Der Sieg der absolut heißen Deutschen hätte sogar noch viel höher ausfallen dürfen. Nach einem frühen Schock durch Cristiano Ronaldos drittes Turniertor in der 15. Minute (das 12. EM-Tor des Rekordtorjägers insgesamt) zwangen die druckvollen Hausherren bei ihrem zweiten EM-Heimspiel die Portugiesen geradezu in die Fehler: Ruben Dias (35.) und der Dortmunder Raphael Guerrero (39.) konnten die Bälle letztlich nur noch ins eigene Netz lenken – ganz so wie Mats Hummels im Auftaktspiel gegen die Franzosen. Das 3:1 besorgte ausgerechnet Kai Havertz (50.), der nach seiner überschaubaren Leistung im Frankreich-Spiel in vielen „voraussichtlichen Aufstellungen“ vor der zweiten Partie schon durch Leroy Sane ersetzt worden war. Der überragende Robin Gosens, der an fast jedem Tor beteiligt war und bei seiner Auswechslung mit Sprechchören gefeiert wurde, legte sogar noch einen per Kopf einen drauf (60.). Diogo Jota (66.) gelang noch Ergebniskosmetik.

Bundestrainer Löw schickte die unveränderte Mannschaft aufs Feld; setzte wieder auf die Dreierkette in der Abwehr und ließ Joshua Kimmich auf der rechten Seiten. Er habe, so sagte Löw unmittelbar vor der Partie, gar „nicht so sehr gegrübelt“ über die Aufstellung. Ohne Lukas Klostermann stünde auf der rechten Außenbahn ja „praktisch keine Offensivkraft“ zur Verfügung, „von daher ist Joshua Kimmich wichtig“, denn der mache über die Seite Betrieb. Auch den Rest der Mannschaft hatte Löw mit ungewöhnlich flammenden Worten auf den heißen Tanz gegen die Portugiesen eingeschworen.
Und das Team lieferte gewaltig ab. Schnell vergessen waren alle Diskussionen um die Aufstellung: 3-5-2? Lieber die Viererkette? Das ist „keine Frage des Systems, sondern der taktischen Aufgaben“, sagte Löw. Und „aufmerksam sein“ und „wachsam sein“ sei ohnehin viel wichtiger als Taktik. Die geforderte Intensität war bei den Deutschen vor dem heimischen Publikum sofort sichtbar. Und die Idee auch: Viel schneller vor das Tor zu kommen. Bald kristallisierte sich ein Standardspielzug heraus. Seitenwechsel meist auf Gosens, der wahlweise volley direkt aufs Tor feuerte oder gefährlich in die Mitte weiterleitete. Eine solche Flanke von Matthias Ginter landete via Gosens sogar schnell im Tor (5.) und löste großen Jubel aus, wurde aber wegen Abseits von Serge Gnabry aberkannt. Havertz (10.) und auch Toni Kroos (11.) hatten anschließend gute Gelegenheiten, doch dann sicherten die Deutschen einen eigenen Eckball schlecht ab und übersahen beim Konter zudem Diogo Jota. Dessen Querpass musste Ronaldo nur noch einschieben. Löws Elf sammelte sich nach dem Rückstand bald wieder, spätestens nach der ersten Trinkpause, ging es mit dem erwähnten Rezept weiter: verlagern und flanken.
Gosens gab mal wieder scharf herein und bevor Havertz mit der Fußspitze an den Ball kommen konnte, hatte ihn Ruben Dias schon entscheidend an Keeper Rui Patricio zum Ausgleich (35.) ins Tor gelenkt. Der Jubel war kaum verklungen, da kam die nächste Stafette über Gosens und Thomas Müller, dann mutierte Guerrero zum Hummels, konnte Kimmichs Hereingabe nur noch zum 2:1 (39.) ins eigene Tor abfälschen.

Auch nach der Pause war das Feuer der Deutschen sofort wieder da. Das 3:1 (50.) fiel wieder nach demselben Muster: Gosens mit scharfer Hereingabe – Havertz drückte den Ball über die Linie. Der Champions-League-Final-Schütze bekam nun auch hier sein verdientes Tor. Und der wie aufgedreht agierende Gosens durfte quasi zur Belohnung kurzdarauf einen Ball per Kopf mit Feuer ins portugiesische Netz donnern (60.). Jotas Anschlusstreffer fiel bald darauf (66.). Doch davon ließ sich die deutsche Auswahl an diesem Abend nicht mehr kippen und brachte den Sieg gegen die nun aufkommenden Portugiesen nach Hause.
Durch die drei Zähler springt Deutschland auf Tabellenplatz zwei in der Gruppe F hinter Frankreich (4), bringt die Portugiesen im direkten Vergleich hinter sich. Am Mittwochabend (21 Uhr wieder in München) liegt alles in der eigenen Hand von Löw und seiner Truppe, gegen die Ungarn den Achtelfinaleinzug fix zu machen.