Wolnzach
Mit dem Hopfen wachsen die Kosten

Preise für Produktionsmittel steigen enorm – bei größtenteils gleichbleibenden Verkaufserlösen

20.05.2022 | Stand 23.09.2023, 1:11 Uhr

Mehr als mannshoch sind viele angeleitete Hopfentriebe inzwischen, das warme Wetter hat das Wachstum begünstigt. Gleichzeitig steigen auch die Produktionskosten für die Landwirte. Foto: Rebl

Von Katrin Rebl

Wolnzach – Vieles wird teurer, hat lange Lieferzeiten oder kann vorübergehend gar nicht mehr geliefert werden. Was derzeit alle vom Handwerker bis zum einfachen Verbraucher zu spüren bekommen, bereitet auch den Hopfenpflanzern zunehmend Sorgen. Vor allem die enorm gestiegenen Preise für wichtige Produktionsmittel seien geradezu „erschreckend“, sagt Erich Lehmair, Geschäftsführer des Hopfenpflanzerverbands, im Gespräch mit unserer Zeitung. „Viele Hopfenpflanzer fragen sich, ob sie zukünftig noch kostendeckend Hopfen produzieren können, insbesondere wenn die Preissteigerungen so weitergehen.“

Diesel, Dünger, Draht – für diese Dinge, die sie gerade jetzt in der ersten Jahreshälfte brauchen, müssen die Hopfenbauern deutlich tiefer in die Tasche greifen als früher. Düngemittel zum Beispiel kosten jetzt laut Lehmair teils das Vierfache. Für Diesel zahlt man bekanntermaßen – je nach Zeitpunkt − in etwa das Doppelte. Und es bleibe schließlich nicht bei den Ausgaben, die im Frühjahr anstehen. „Da kommt dann ja im Laufe der Saison noch mehr.“ Stand heute gehe man davon aus, dass die Produktionskosten im Hopfenbau zum Ende des Jahres um 30 Prozent gestiegen sein werden. „Das ist schon viel.“ Dass diese Aussicht vielen Landwirten aufs Gemüt schlage, ist für Lehmair verständlich. „Die Pflanzer sehen jetzt Rechnungen ins Haus flattern, die um die Hälfte oder um ein Drittel höher sind als letztes Jahr.“

Zumindest von Lieferengpässen ist man im Hopfenbau nicht so massiv betroffen wie andere Bereiche. Lediglich beim Aufleitdraht gab es laut Pflanzerverband zu Jahresbeginn bei einem Lieferanten Engpässe, die aber anderweitig aufgefangen werden konnten. Das habe zwar anfangs für etwas Nervosität unter den Pflanzern gesorgt. „Aber es ist kein Garten leer geblieben“, so Lehmair. Abgesehen davon seien ihm keine Lieferprobleme in größerem Umfang bekannt.

Was die Preissteigerungen betrifft, liegt die zusätzliche Brisanz beim Hopfenbau in den langjährigen Lieferverträgen. „Auf der einen Seite steigen zwar die Kosten, auf der anderen Seite steigen aber die Verkaufserlöse nicht mit und können nicht einmal verhandelt werden, da die Preise in Vorkontrakten fixiert sind“, erklärt Lehmair. So sind rund 90 Prozent der deutschen Hopfenernte für die nächsten drei Jahre bereits verkauft. Grundsätzlich sollen diese mehrjährigen Vorverträge – sie laufen teilweise bis zu zehn Jahre – den Pflanzern eine gewisse Sicherheit vor Preisschwankungen auf dem Hopfenmarkt geben. „Jetzt könnte genau dieser Vorteil aber zum Nachteil werden“, befürchtet der Fachmann. Denn die Logik der Vorverträge beruhe auf der Annahme von überwiegend stabilen Rahmenbedingungen. Zwar müsse man immer von gewissen Preissteigerungen ausgehen, sie seien im normalen Ausmaß akzeptabel und in den Verkaufsüberlegungen auch eingepreist. „Die Preissteigerungen der letzten Wochen sind aber definitiv nicht mehr normal“, sagt der Verbandsgeschäftsführer. Sollten sich das Ganze nicht wieder einigermaßen einpendeln, könnte die Hopfenproduktion für einzelne Pflanzer gar zum Verlustgeschäft werden. „Dann kann teils kein Gewinn mehr erwirtschaftet werden.“

Unabhängig davon seien aktuell die Voraussetzungen für steigende Hopfenpreise nicht die besten, verweist Lehmair auf mehrere Jahre mit einer Überproduktion bei einigen Hopfensorten und den rückläufigen Bierabsatz. „Da scheinen tatsächlich einige sehr schwierige Umstände geballt und zeitgleich auf uns zuzukommen.“ Dazu gehören auch weitere Auswirkungen, die mit dem Krieg in der Ukraine drohen: So fallen im Moment Absatzmärkte weg, da schlichtweg in manche Länder nicht exportiert werden kann. Zum anderen scheint Russland die eigene Hopfenproduktion hochfahren zu wollen, so Lehmair. Damit würde es dort auch nach einem Kriegsende künftig einen kleineren Absatzmarkt geben als bisher. Laut Statistik nehmen Russland, Belarus und die Ukraine aktuell sechs bis sieben Prozent des deutschen Hopfens auf.

Zumindest arbeitstechnisch hatten die Pflanzer heuer einen guten Start in das Hopfenjahr: Die Coronalage hat sich so weit entspannt, dass ausreichend Saisonkräfte fürs Anleiten verfügbar waren, und auch das Wetter in den letzten Tagen ließ den Hopfen kräftig wachsen. In der Hinsicht jedenfalls sei „alles normal für diese Jahreszeit“, so Lehmair.

WZ