Kulturbeirat der Stadt stimmt in der ersten Sitzung über die Kammerspiele ab
Meinungsfreudige Premiere

02.06.2022 | Stand 02.06.2022, 7:30 Uhr
−Foto: Silvester

Von Christian Silvester

Sie waren gekommen, um sich erst mal zu finden. Der neue Kulturbeirat der Stadt trat am Dienstag das erste Mal zusammen. Ihm gehören Stadtratsmitglieder, Amtsleiter und Kulturschaffende an. Den Vorsitz der Runde im Rudolf-Koller-Saal der VHS übernahm Bürgermeisterin Dorothea Deneke-Stoll. Die Tagesordnung war kurz. Das Gremium sprach darüber, welches Leitthema die neue Ausgabe des Kulturmagazins #trotzdemjetzt haben soll, denn die Kulturszene ist eingeladen, Themen vorzuschlagen, in denen sie sich wiederfindet. Weitere Punkte waren ein Haus für Kulturvereine und der Antrag, mit einem „Musikentwicklungsplan“ die musikalische Landschaft in der Stadt komplett zu erfassen, um Förderpotenzial zu erkennen.

Am Ende ging Beiratsmitglied Knut Weber in die Vollen. Er forderte ein klares Bekenntnis des Kulturbeirats für den Bau des neuen Kleinen Hauses des Theaters (die Kammerspiele) an der Schutterstraße. Damit nahm die Sitzungspremiere eine unerwartete Wende.

„Uns wird der Vorwurf gemacht, wir seien elitär“, sagte der Intendant. Doch das stimme einfach nicht. „Die Saat des Populismus geht auf!“

Er beschrieb seine Wahrnehmung der Strategie bestimmter Gegner der Kammerspiele so: „Kulturferne, die das mit einem gewissen Stolz von sich behaupten, kämpfen gegen eine elitäre Kulturmafia.“ Das dürfe man nicht so laufen lassen. Er sei der Ansicht: „Ein Kulturbeirat sollte sich zu diesem Thema verhalten.“ Weber forderte deshalb eine sofortige Abstimmung – mit der Fragestellung des Bürgerentscheids am 24. Juli. Sitzungsleiterin Deneke-Stoll bat um Handzeichen. Eine Aussprache gab es nicht.

Der Beirat hat 34 Mitglieder, einige fehlten. Fast alle stimmten für die Kammerspiele. Und drei dagegen: Die AfD (vertreten von Oskar Lipp), die Freien Wähler (vertreten von Raimund Reibenspieß) und das Staatliche Schulamt (vertreten von Franz Wagner). Dann war der öffentliche Teil zu Ende.

Auf die Frage an Wagner, warum er sich als Behördenleiter an einer politisch brisanten Abstimmung beteiligt habe, kam die Antwort: „Meine Gegenstimme ist ein Nein gegen eine politische Positionierung und Instrumentalisierung des Kulturbeirates. Der Kulturbeirat hat meiner Meinung nach über diese Frage nicht abzustimmen. Er ist in diesem Fall kein Fachgremium, das eine Standortfrage fachlich beurteilen kann, und schon gar nicht in einem 5-Minuten-Hauruckverfahren.“

Seine Gegenstimme „bezog sich nicht auf den Bau oder Nichtbau der Kammerspiele und war auch nicht im Namen des Staatlichen Schulamtes abgegeben“, so der Schulamtsdirektor. „Über den Ort wird in einem demokratischen Verfahren – in einem Bürgerentscheid – entschieden, und deshalb finde ich es nicht richtig, dass der Kulturbeirat in dieser politischen Frage Stellung bezieht.“ Es stehe für Wagner „außer Frage, dass eine Theatersanierung notwendig ist und dass ein vernünftiger Ausweichspielort geschaffen wird“. 

Bei Punkt 3 war es am Dienstag um „Arbeitsweise und Selbstverständnis des Kulturbeirats“ gegangen. Beides wolle man gründlich erarbeiten, hieß es. Nachher war zu erfahren: Der Kulturbeirat werde sich schon gut entwickeln. Es sei ja erst die konstituierende Sitzung gewesen.