"Herr Minister, so nicht!"

600 Lehrerinnen und Lehrer demonstrierten gegen den Zwang zur Mehrarbeit und für mehr Wertschätzung

08.02.2020 | Stand 08.02.2020, 9:09 Uhr
Demo −Foto: Chloupek

600 Lehrerinnen und Lehrer demonstrierten gegen den Zwang zur Mehrarbeit und für mehr Wertschätzung

"So kann es nicht mehr weitergehen!" Gut 600 Lehrerinnen und Lehrer aus der gesamten Region machten am Freitagabend bei einer Demonstration am Eichstätter Marktplatz ihrem Ärger Luft. Seit vielen Jahren, so erzählen einige der Teilnehmerinnen, kompensierten sie mit hohem persönlichen Einsatz den eklatanten Lehrermangel.

Dass sie nun vom Kultusministerium noch zu "drastischen Maßnahmen" wie Mehrarbeit oder Wegfall des vorzeitigen Ruhestands gezwungen werden sollen, bringt für sie das Fass zum Überlaufen. "Das ist meine allererste Demo heute", erzählt eine Teilnehmerin, bevor sie aufgebracht zur Trillerpfeife greift und immer wieder in den Schlachtruf gegen ihren obersten Dienstherren einstimmt: "Herr Minister, so nicht! "

Die Eichstätter Kreisverbände der Lehrergewerkschaften BLLV und des KEG hatten die Gunst der Stunde genutzt und die Demo vor einem Wahlkampfauftritt des Kultusministers Michael Piazolo (Freie Wähler) angesetzt. Der stellte sich dann auch am Abend kurz den Demonstranten am Marktplatz, bevor es zur FW-Veranstaltung in den Gasthof Krone ging.

Auch die BLLV-Landesvorsitzende Simone Fleischmann war nach Eichstätt gekommen, ebenso die jeweiligen Kreisvorsitzenden der beiden Verbände aus Ingolstadt und Neuburg. Die Lehrerverbände seien durchaus gelegentlich Kontrahenten, aber "in dieser Sache sind wir uns wirklich einig", betonten die Eichstätter Veranstalter Stefan Rank (BLLV) und Andreas Fichtl (KEG.

Es gehe eben nicht nur um eine Arbeitsstunde mehr, wie im Vorfeld medial kolportiert worden sei. Es gehe einerseits um Anerkennung und Wertschätzung für die Grund- und Mittelschullehrerinnen - meist sind es Frauen. Das müsse sich auch im Gehalt widerspiegeln. Um den eklatanten Lehrermangel zu beheben, müsste der Beruf attraktiver gemacht werden und der Grund- und Mittelschullehrer ähnlich dem Gymnasiallehrer gewürdigt werden. Außerdem müsste es mehr Schulpsychologen und Sozialpädagogen geben, denn die Herausforderungen an Grund- und Mittelschulen seien heute deutlich andere als noch vor 20 Jahren. Und die Lehrerverbände weisen schon seit vielen Jahren auf den Lehrermangel hin.

Rund 600 Lehrerinnen und Lehrer aus der Region waren am Freitagabend nach Eichstätt gekommen, um gegen die angekündigten Maßnahmen zur Überbrückung des Lehrermangels zu demonstrieren. Kultusminister Michael Piazolo hatte bei der Kundgebung einen schweren Stand und wurde bei seiner kurzen Ansprache immer wieder ausgepfiffen. Einen Handschlag mit dem BLLV-Kreisvorsitzenden Stefan Rank kam aber doch zustande.

Dass in Bayern Lehrermangel herrscht, bestreitet auch der Kultusminister nicht - das ist ja der Anlass für die Maßnahmen wie der Zwang zur Mehrarbeit, mit denen er die Lehrkräfte nun derart verärgert hat. Sie sollen, wie er erklärt, dazu dienen, die Unterrichtsversorgung sicherzustellen. Piazolo erklärte, dass er selbst durchaus für ein höheres Gehalt (A13) für Grundschullehrer sei, das sei in der Koalition aber derzeit nicht umzusetzen. Seine Versicherungen, dass Grund- und Mittelschullehrer durchaus sehr wertgeschätzt würden, gingen in höhnischem Gelächter und Trillerpfeifen unter, auch seinen Versprechungen, dass die erzwungene Mehrarbeit später auf einem Arbeitszeitkonto ausgeglichen werde, schenkten die Demonstranten in Eichstätt kein Vertrauen. Woher das Misstrauen kommt, ist schnell erklärt: "Das haben wir 1999 schon einmal erlebt. Da gingen wir in Vorleistung, dann wurde die Arbeitszeit erhöht, und wir warten heute noch auf den Ausgleich", so Stefan Rank.

Von Eva Chloupek