Ärztepräsident fordert Neustart der Impfkampagne gegen Corona
Gefragt sind kreative Konzepte

08.09.2021 | Stand 08.09.2021, 12:55 Uhr
Impfspritzen −Foto: Pixabay

Die Corona-Infektionszahlen steigen und die Impfkampagne stockt - Ärztepräsident Klaus Reinhardt fordert deshalb einen Neustart. Viele Ungeimpfte seien keine überzeugten Impfverweigerer, sagte der Präsident der Bundesärztekammer der Deutschen Presse-Agentur. "Um diese Unentschlossenen zu erreichen, muss die Impfkampagne in Deutschland komplett neu aufgestellt werden. " Die Aufforderung "Ärmel hoch" habe anfangs genützt. "Jetzt aber brauchen wir viel zielgenauere Kommunikationsmaßnahmen und niedrigschwellige Impfangebote. " Gefragt seien kreative Konzepte.

"Die Impfquote ist in ganz Deutschland zu niedrig, insbesondere aber in den östlichen Bundesländern", erklärte Reinhardt. Das sei mit Blick auf den Herbst und Winter bedenklich. 

Bundesweite Aktionswoche ab Montag
Die Bundesregierung will mit einer bundesweiten Aktionswoche vom kommenden Montag an Schwung in die Impfungen bringen. Gemeinsam mit den Ländern ruft sie dazu auf, an möglichst vielen Orten einfach wahrzunehmende Angebote zu machen - etwa in Sportvereinen, bei der freiwilligen Feuerwehr, in Apotheken oder Mehrgenerationenhäusern - mit dem Motto: "Hier wird geimpft". 

Der Präsident des Deutschen Kinderhilfswerks, Thomas Krüger, forderte von allen Erwachsenen, sich aus Rücksicht auf die nicht impfbaren Kinder die schützende Spitze geben zu lassen. "Es ist vollkommen rücksichtslos, sich nicht impfen zu lassen", sagte er der Neuen Osnabrücker Zeitung. Den Kindern sei in den vergangenen Monaten durch die Schließung von Schulen und Kitas sehr viel abverlangt worden, um die Älteren zu schützen. Jetzt müsse die Rücksichtnahme in die andere Richtung gehen. 

Virologe warnt vor Überlastung der Intensivstationen

Bisher sind in Deutschland 61,5 Prozent der Bevölkerung vollständig geimpft, 65,9 Prozent haben mindestens eine Impfung (RKI-Daten vom Dienstag). Um die vierte Welle der Pandemie noch abzuflachen, wird eine Impfquote von 80 bis 90 Prozent als nötig erachtet. 

Der Direktor der Virologie am Universitätsklinikum Essen warnte vor einer Überlastung der Intensivstationen. "Wir machen uns langsam das Gesundheitssystem kaputt", sagte Ulf Dittmer der "Rheinischen Post". In seiner Klinik liege die Zahl der Kranken mit schweren Symptomen bei 23. Davon seien 20 ungeimpft, der Jüngste sei 20 Jahre alt. Dittmer forderte deshalb eine Diskussion über die Impfpflicht. "Darüber müssen wir reden", sagte er. Schon jetzt gebe es in Nordrhein-Westfalen keinen freien Platz mehr für die Behandlung mit einer Herz-Lungen-Maschine. (ty)