Friedlicher Protest bei Suppe und Schnitzel

Aufruf des Wolnzacher Postwirts zu ungewöhnlicher Demo findet Anklang - Gäste wollen "Zeichen setzen"

29.11.2020 | Stand 29.11.2020, 22:21 Uhr
Demo −Foto: Rebl

Aufruf des Wolnzacher Postwirts zu ungewöhnlicher Demo findet Anklang - Gäste wollen "Zeichen setzen"

Von Katrin Rebl

Mittagessen auf dem Wolnzacher Rathausplatz - normalerweise wegen der benachbarten Gastronomie nicht unbedingt etwas Besonderes. In diesen Wochen, in denen die Lokale im "Lockdown light" erneut geschlossen sind, aber eben doch. Auf die schwierige Situation der Wirte aufmerksam machen, das war das Ansinnen derer, die am Sonntag - noch dazu bei eisigen Temperaturen - ihre mitgebrachten Tische und Stühle vor dem Rathaus aufbauten und dann Speisen bei den örtlichen Wirten holten oder liefern ließen. Sie folgten dem Aufruf des Wolnzacher Postwirts Ben Stuhlmiller, der diese ungewöhnliche Demonstration gegen die coronabedingte Schließung der Gastronomie initiiert hatte.

Als kunterbunt möbliertes Lokal im Freien präsentierte sich der Rathausplatz am Sonntag zwischen 11 und 14 Uhr: Biertischgarnituren, Terassenmöbel, Stehtische und Klappstühle haben die Gäste dabei, dazu wärmende Decken, Kissen und heißen Tee. Viele bringen sogar das gute Geschirr von zuhause mit - plus Blümchen in der Vase oder adventlicher Tischdekoration. Wenn schon, denn schon. "Schließlich ist erster Advent", so Sven und Anke Buley-Wilkerling und Kathrin Schreck aus Geisenfeld, die ihren Tisch besonders stilvoll gedeckt und sich bereits um 9 Uhr ein schönes Plätzchen für ihre festliche Tafel gesichert haben. Warum sie gekommen sind? "Weil das eine tolle Idee ist. " Sie kritisieren, dass gerade die Gastronomie, die gute Hygienekonzepte gehabt habe, erneut schließen musste. "Da stehen Existenzen auf dem Spiel. "

"Wir wollen die Wirte unterstützen"- das ist auch von den Gästen an anderen Tischen zu hören. "Wir finden die Aktion super. Wenn man sich ungerecht behandelt fühlt, muss man sich auch wehren können", sagt eine Wolnzacher Familie bei Pizza, Salat und Schnitzel - das alkoholfreie Bier dazu hat sie von zuhause mitgebracht. Um ihre Solidarität mit den Wirten zu zeigen, nehmen die hungrigen Gäste auch die Kälte in Kauf. Bis die Sonne auf den Rathausplatz kommt, dauert es ein bisschen. "Wir hätten natürlich auch gemütlich daheim im Warmen essen können", so ein Ehepaar aus Geisenfeld. "Aber es war uns wichtig, ein Zeichen zu setzen. " Geschlossene Restaurants auf der einen Seite, volle Shopping-Malls auf der anderen - für zwei junge Männer aus Wolnzach passt das nicht zusammen. Die Brüder sind gekommen, "weil wir die Aktion ziemlich gut finden", aber auch aus ganz pragmatischen Gründen: "Wir haben Hunger und außerdem keine Lust zu kochen. " Sie vermissen es in diesen Wochen, ins Restaurant zum Essen gehen zu können.

Rund 15 Tische sind am frühen Mittag aufgebaut und mit Gästen besetzt. Man habe zwar für etwas mehr Leute hergerichtet, so Ben Stuhlmiller. Aber der als Reserve gedachte Marienplatz wird letztlich nicht gebraucht. Zwischen 50 und 100 Teilnehmer waren für die Demo angemeldet, in dem Bereich bewegt sich dann auch die Gästezahl. Nicht nur deshalb ist Ben Stuhlmiller "sehr zufrieden", sondern auch, weil alles rundum friedlich bleibt. Das war ihm wichtig, deshalb verbat er sich extreme Gesinnungen oder Aktionen schon im Vorfeld strikt. Ihm gehe es nicht um einen Protest gegen die Regierung, die Maskenpflicht, das Infektionsschutzgesetz oder gar um die Frage der Existenz von Covid-19, so Stuhlmiller. "Wir wollen rein Aufmerksamkeit erregen", sagt er. Zum einen dafür, dass man von den finanziellen Soforthilfen noch keinen Cent gesehen habe und die Zahlungen für manche Wirte wahrscheinlich zu spät kommen. Und er wolle zeigen, dass in der Gastronomie bezüglich Hygiene alles getan werde, um Sicherheit zu gewährleisten.

So galten auch bei der Demo die bisher in den Lokalen gültigen Vorgaben: Erfassen der Gästedaten, Handdesinfektion, auf den Laufwegen Mundschutz, Tische auf Abstand, dazu nur Mitglieder eines Haushalts pro Tisch. Daran hielten sich am Sonntag alle, wie die Polizei gegenüber bestätigt. "Es läuft gut", so Klement Kreitmeier, Dienststellenleiter der Polizei Geisenfeld, der zusammen mit einer Kollegin während der gesamten Aktion anwesend war. "Die Vorgaben wurden zu hundert Prozent erfüllt. "

Inwieweit seine Aktion ein Erfolg sein kann, ist für Ben Stuhlmiller schwer zu sagen. Für ihn gehe es mehr darum, etwas zu machen, "mal irgendwo anzufangen", wie er sagt. Er hofft außerdem, Nachahmer zu finden.