Eine unfassbare Tragödie

Die Polizei geht nach ersten Ermittlungen davon aus, dass die 38-jährige Mutter ihre beiden Töchter mit einem Küchenmesser erstochen hat und sich dann das Leben nahm

23.02.2020 | Stand 23.02.2020, 16:37 Uhr
−Foto: Wolf

Die Polizei geht nach ersten Ermittlungen davon aus, dass die 38-jährige Mutter ihre beiden Töchter mit einem Küchenmesser erstochen hat und sich dann das Leben nahm

Eine Familientragödie überschattet die Hochphase des Faschings in der Region: Zwei kleine Mädchen sind wie berichtet am vergangenen Freitag mutmaßlich von ihrer eigenen Mutter getötet worden. Die Frau hat sich anschließend in offenbar selbstmörderischer Absicht in den Treppenhausschacht eines Bürogebäudes im Manchinger Airbus-Werk gestürzt. Sie starb wenig später im Ingolstädter Klinikum.

Die Nachricht von dem mutmaßlichen erweiterten Suizid hat sich am Samstagmorgen wie ein Lauffeuer in der Region verbreitet und weithin Bestürzung ausgelöst. Die offiziellen Mitteilungen der Polizei zu dem dramatischen Geschehen sind aus Rücksicht auf die betroffene Familie und ihr Umfeld naturgemäß zurückhaltend, zumal übers Wochenende auch noch nicht alle Details zum Tathergang geklärt werden konnten.

Fest steht nach bisherigen Erkenntnissen so viel: Die 38-jährige Frau lebte in Karlskron. Sie war bei Airbus in Manching beschäftigt, befand sich aber zuletzt in Elternzeit. Am Freitagnachmittag ist sie dennoch auf dem Werksgelände des Luftfahrtunternehmens aufgetaucht. Ein anderer Mitarbeiter der Firma sah dann nach Mitteilung der Polizei gegen 16.30 Uhr, wie sich die Frau im fünften Stock eines Bürogebäudes über ein Treppenhausgeländer in die Tiefe stürzte. Der Zeuge informierte sofort Rettungsdienst und Polizei. Die 38-Jährige wurde mit schwersten Verletzungen ins Klinikum gebracht, wo ihr die Ärzte aber nicht mehr helfen konnten. Sie starb noch vor Mitternacht.

Weil sich bei der Frau ein Mitarbeiterausweis und Fahrzeugpapiere gefunden hatten, war die Polizei sofort über ihre Identität informiert. Bei der Absuche der Umgebung fand sich auch schnell der fragliche Pkw auf einem internen Firmenparkplatz. Hier machten die Beamten dann eine weitere entsetzliche Entdeckung: Auf dem Rücksitz fanden sich die leblosen Körper eines dreijährigen und eines zehnmonatigen Mädchens - die Töchter der Frau, die offenbar mit einem Messer erstochen worden waren. Die mutmaßliche Tatwaffe, ein Küchenmesser mit 20 Zentimeter langer Klinge, wurde ebenfalls im Auto sichergestellt.

Die Polizei geht nach Auskunft von Hans-Peter Kammerer, Sprecher des Präsidiums Oberbayern Nord in Ingolstadt, nach ersten Ermittlungen davon aus, dass mit einiger Sicherheit die Mutter selbst ihre beiden Töchter getötet hat. Ob dies bereits vor ihrer Ankunft auf dem Werksgelände oder erst dort geschehen ist, ließ sich bis gestern hingegen noch nicht eindeutig sagen. Auswertungen von Videoaufzeichnungen der Werksicherheit und weitere Ermittlungen, so heißt es, hätten jedenfalls - was das Airbus-Areal angeht - keine Hinweise auf eine Beteiligung weiterer Personen gebracht. Die Frau hatte demnach mit ihrem Fahrzeug selbst per Mitarbeiterausweis die Zufahrt zum Werk passiert und den Wagen auf einem Parkplatz abgestellt.

Die Firma Airbus will aus Rücksicht auf die betroffene Familie und die höchstwahrscheinlich privaten Hintergründe des tragischen Geschehens keine öffentliche Stellungnahme abgeben. Man sei aber von dem Ereignis erschüttert und spreche den Hinterbliebenen das tiefe Mitgefühl aus, sagte ein Firmensprecher.

Die Polizei erhofft sich weitere Aufschlüsse, insbesondere zum Ort der Kindstötung, durch die für Montag angeordnete rechtsmedizinische Untersuchung der drei Todesopfer. Wegen der bei Suiziden stets geübten Zurückhaltung sei es aber wenig wahrscheinlich, dass noch weitere Mitteilungen zu dem Fall veröffentlicht würden, sagte Präsidiumssprecher Kammerer.

Macht das Geschehen ohnehin weithin fassungslos, so ist die Bestürzung in der Heimatgemeinde der betroffenen Familie verständlicherweise besonders groß. Karlskrons Bürgermeister Stefan Kumpf zeigte sich am Samstag erschüttert. Er kennt die Familie persönlich und wollte sich verständlicherweise nicht näher äußern. Grundsätzlich handelt es sich nach seinen Worten aber um "völlig unauffällige" Leute; mit einem solch tragischen Geschehen habe im Umfeld niemand rechnen können.

Für die Karlskroner ist es bereits der zweite schwere Schock durch eine Gewalttat innerhalb nur eines halben Jahres. Im September 2019 war in der Ortsmitte ein 18-Jähriger erstochen worden. Das Verbrechen an dem jungen Bulgaren ist bis heute nicht aufgeklärt.

Von Berd Heimerl