Ein echter Renner

Lastenfahrräder kommen immer mehr in Mode, doch sollte die Stadt ihren Kauf bezuschussen? Debatte im Stadtrat

13.05.2021 | Stand 13.05.2021, 7:52 Uhr
Rathaus
Neues Rathaus −Foto: Schmatloch

Lastenfahrräder kommen immer mehr in Mode, doch sollte die Stadt ihren Kauf bezuschussen? Debatte im Stadtrat

Von Christian Silvester

Sie gelten als schicke Gefährte für progressive, umweltbewusste, gut situierte Großstadtbürger: Lastenfahrräder. Die Eigentümer, oft junge Mütter und Väter, geben mit ihren Trendfahrzeugen auch einem urbanen Lebensstil Ausdruck. Allerdings muss man sich dieses Accessoire leisten können. Lastenfahrräder haben ihren Preis: Er beginnt bei gut 1500 Euro. Nicht wenige der dreirädrigen Vehikel mit Ladefläche, die man auf der Straße sieht, kosten auch über 5000 Euro. Dem Klimaschutz verpflichtete Politiker knüpfen an Lastenfahrräder die Hoffnung, dass die Käufer dafür ein Kraftfahrzeug außer Dienst stellen – oder wenigstens ihr Zweitauto.

Auch aus dieser Überlegung heraus entstand in Ingolstadt das Angebot, den Kauf von Lastenfahrrädern finanziell zu fördern, mit jeweils maximal 1000 Euro. Das Geld war schnell weg, 79 Räder wurden damit bezuschusst, davon seien 49 bei regionalen Händlern erworben worden, merkte Christian Lange (UWG) an: „Das ist kommunale Wirtschaftsförderung!“

Jetzt sollen weitere 100 000 Euro für Lastenfahrradsubventionen zur Verfügung gestellt werden. Doch dagegen regt sich im Stadtrat Widerstand: „Das ist keine Aufgabe der Kommune“, sagte der AfD-Fraktionsvorsitzende Lukas Rehm in der Sitzung am Dienstag. Handele es sich um eine technische Innovation, „dann setzt sie sich von alleine durch. Wer privat so etwas haben will, leistet sich das.“ Veronika Hagn (JU) beantragte, die 100 000 Euro in den Konsolidierungsrat zu verweisen; er wacht in diesen Zeiten sinkender Steuereinnahmen über die Sinnhaftigkeit beantragter Ausgaben und späht nach Einsparpotenzialen. Hagns JU-Kollege Markus Meyer führte dazu aus: Lastenfahrräder seien vor allem in der „gut situierten Mittelschicht“ ein Renner. Finanziell schlecht gestellten Bürgerinnen und Bürgern käme diese Förderung nicht zugute. Es gelte: „Wir sollten nichts subventionieren, was eh super läuft.“ Und Lastenfahrräder „gehen weg wie warme Semmeln“. Zu dieser Metapher passend, bot Meyer noch ein anschauliches, aus dem Stadtleben gegriffenes Argument: „Wir müssen auf dem Viktualienmarkt auch keine Weißwürste subventionieren.“

Hans Stachel (FW) bat, die Elektromobilität nicht aus den Augen zu verlieren: „Ein E-Bike spart auch Autos ein.“ Bürgermeisterin Petra Kleine (Grüne) berichtete, dass ein Fünftel der finanziell unterstützten Lastenfahrradkäufer „nachweisbar einen Pkw abgemeldet“ habe. Sie befürchtet, dass ein Nein zu den Fördermitteln – oder allein schon deren Prüfung im Konsolidierungsrat – ein falsches Signal in der Klimaschutzdebatte sende. Das Ziel der Klimaneutralität sei „sehr ehrgeizig“. Oder in den Worten Christian Höbuschs (Grüne): „Der Klimawandel wartet nicht auf unseren Konsolidierungsrat!“

Patricia Klein (CSU) erwiderte, dass es hier um keine Grundsatzfrage oder die Infragestellung des Klimaschutzes gehe, „sondern um Lastenfahrräder“. Man bewege sich in einer Nische. „Ich bitte, das Thema nicht unnötig zu emotionalisieren.“
21 der 47 anwesenden Stadtratsmitglieder votierten dafür, die 100 000 Euro für Lastenfahrradzuschüsse in den Konsolidierungsrat zu verweisen: die Minderheit. 26 Stadträtinnen und Stadträte sowie der OB stimmten für den Antrag der Verwaltung. Die Subventionierung der Großstadtvehikel wird damit fortgesetzt.