Die Gefahr aus dem Reich der Mitte fest im Blick

Corona-Epidemie: Im EGZ und bei Audi sind Vorsichtsmaßnahmen getroffen worden - Keine Verdachtsfälle

26.02.2020 | Stand 26.02.2020, 8:30 Uhr
China −Foto: Schmatloch

Corona-Epidemie: Im EGZ und bei Audi sind Vorsichtsmaßnahmen getroffen worden - Keine Verdachtsfälle

In Sachen Coronavirus und Ausbreitung der Lungenkrankheit Covid-19 hat die Welt das Ende noch nicht gesehen. Während die Fallzahlen auch in Europa steigen und sich der medizinische Sektor auch in Ingolstadt auf denkbare ernste Herausforderungen vorbereitet, hat die Stadt als selbst ernanntes bayerisches China-Zentrum längst auch ganz spezifische Folgen der Epidemie im Auge zu behalten. Audi als Weltunternehmen mit eigener Fertigung in China und das Entwickler- und Gründerzentrum (EGZ) mit derzeit rund 20 kleineren Unternehmen aus dem Ursprungsland der Seuche sind da besonders im Fokus.

Die weltweite Aufstellung und Vernetzung von Unternehmen birgt das Risiko, dass der noch wenig erforschte Erreger trotz Kontrollen im Reiseverkehr nicht nur über den Tourismus, sondern über berufliche Kontakte international verbreitet wird. Die ersten Infektionsfälle in Bayern bei einem Autozulieferer im Landkreis Starnberg vor einigen Wochen haben in diese Richtung gewiesen.

Auch in der Ingolstädter Partnerstadt Foshan in der südchinesischen Provinz Guandong ist das Thema im wahrsten Sinne des Wortes virulent. In der Provinz wurden nach Informationen von Hannes Schleeh, EGZ-Geschäftsführer und Koordinator des hiesigen China-Zentrums, der die Lage im Fernen Osten genau beobachtet, bis gestern nahezu 1350 Corona-Fälle erfasst. Wie viele in der Partnerstadt genau, lässt sich aus der Statistik der Weltgesundheitsorganisation nicht herauslesen.

Angesichts einer Einwohnerzahl von gut 7 Millionen in Foshan und gut 108 Millionen in der gesamten Provinz sind das auf den ersten Blick fast noch marginale Größenordnungen - auch und gerade im Vergleich zu den Fallzahlen aus der Stadt Wuhan und der Provinz Hubei, wo die Krankheit erstmals aufgetreten war und sich auch am stärksten verbreitet hat. Dennoch können eine womöglich wesentlich höhere Dunkelziffer und die starken wirtschaftlichen Verknüpfungen der chinesischen Wirtschaft mit Märkten und Unternehmen in aller Welt auch hier jederzeit das Tor zu einer Einschleppung des Erregers in andere Länder öffnen.

Hannes Schleeh ist dieser Umstand seit Aufkommen der beunruhigenden Nachrichten im Januar bewusst. Er hat im Rahmen seiner Möglichkeiten längst reagiert, beklagt aber, dass potenziell betroffene Einrichtungen wie das China-Zentrum bislang auf Eigeninitiative angewiesen sind und keine Orientierungshilfe haben: "Es gibt keinen Notfallplan. "

Der EGZ-Chef hat in den vergangenen Wochen veranlasst, dass Chinesen, die im EGZ arbeiten und kürzlich das chinesische Neujahrsfest in ihrer Heimat verbracht haben, nach ihrer Rückkehr eine freiwillige zweiwöchige Quarantäne daheim auf sich genommen haben. Es seien dabei auch keine Verdachtsfälle aufgetreten, beruhigt Schleeh die Öffentlichkeit. Allem Anschein nach sei Covid-19 im China-Zentrum und damit im EGZ kein Thema.

Damit das so bleibt, hat Schleeh im Gebäude an der Marie-Curie-Straße im Gewerbegebiet Nordost zuletzt vorsorglich mehrere Spender mit Desinfektionsmittel für die Handhygiene anbringen lassen. Gleich beim Ein- und Ausgang kann (besser: sollte) sich jeder Beschäftigte oder Besucher - ganz so wie in den Kliniken - beim Kommen und Gehen die Hände desinfizieren. "Das war gar nicht so einfach zu bekommen", sagt der EGZ-Chef, weil solche Artikel und entsprechende Handwerkerleistungen derzeit sehr gefragt sind - "ich hab' da richtig Druck gemacht".

Die (meistens kleinen) chinesischen Firmen des Zentrums kommen laut Schleeh übrigens aus allen Teilen der Volksrepublik, keinesfalls schwerpunktmäßig aus den von der Seuche besonders betroffenen Gebieten. Die insgesamt rund 50 Mitarbeiter wohnen auch praktisch alle in Ingolstadt und der Umgebung. Es ist keineswegs so, dass hier ein ständiger personeller Austausch mit China stattfindet.

Bei Audi ist das Corona-Problem nach den Worten der fürs China-Geschäft zuständigen Unternehmenssprecherin Andrea Seltmann gleich von Beginn an konsequent angepackt worden. Der Automobilhersteller hatte in seinen beiden chinesischen Werken in Foshan und in Changchun (ganz im Norden des Landes) angesichts der latenten Bedrohung durch die neue Virusgefahr vorsorglich die Neujahrsferien bis zum 17. Februar verlängert. Erst in der vergangenen Woche ist dort also die Produktion wieder angelaufen. Sollte es um das chinesische Neujahrsfest herum bei Mitarbeitern zu Infektionen gekommen sein, so müsste die Inkubationszeit bis zum Ausbruch der Krankheit inzwischen bei allen verstrichen sein.

Es seien bislang weder aus den Werken noch aus der für Marketing und Vertrieb zuständigen Tochtergesellschaft Audi China (gut 800 Beschäftigte) Covid-19-Fälle gemeldet worden, so die Firmensprecherin. Was persönliche berufliche Kontakte von Audi-Managern und Technikern aus den Audi-Standorten in Deutschland und anderen Teilen der Welt mit China angeht, so hat das Unternehmen laut Andrea Seltmann längst eine Weisung gegeben, bis auf weiteres nur die allernötigsten Reisen anzutreten. Nach der Rückkehr aus China seien alle Dienstreisenden angehalten, für mindestens zwei Wochen von zu Hause aus zu arbeiten, also eine mögliche Inkubationszeit abzuwarten.

Von Bernd Heimerl