Die Angst vor der Super-Mutation

Britisch, südafrikanisch oder brasilianisch: Das hat es mit den Corona-Mutationen auf sich

31.03.2021 | Stand 31.03.2021, 12:40 Uhr
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Britisch, südafrikanisch oder brasilianisch: Das hat es mit den Corona-Mutationen auf sich

Von Karin Seibold

Die Zahl der Menschen, die sich auch in Bayern mit einer der Corona-Mutationen anstecken, steigt stetig. Vor allem die britische Variante hat hier mittlerweile überhand genommen. Kanzleramtschef Helge Braun hat kürzlich davor gewarnt, eine sogenannte Super-Mutante entwickeln könnte. Wir haben beim bayerischen Gesundheitsministerium nachgefragt, welche Rolle die Mutationen im Freistaat mittlerweile spielen - und der Regensburger Infektiologe Bernd Salzberger und sein Trostberger Kollege Thomas Glück haben erklärt, was die unterschiedlichen Corona-Varianten voneinander unterscheidet.

Die Mutationen, die sich bisher aus dem "ursprünglichen" für den Menschen gefährlichen Corona-Virus entwickelt haben, bringen laut Salzberger andere Eigenschaften mit, weil sie an anderer Stelle an den Zellrezeptoren binden.

Die britische Variante
Laut Gesundheitsministerium sind 72 Prozent der derzeit im Labor untersuchten Coronavirus-Proben in Bayern schon die britische Variante B. 1.1.7. Die britische Variante ist laut Salzberger "sehr viel infektiöser" und "auch häufiger tödlich" als das herkömmliche Virus. "Die britische Variante hat innerhalb relativ kurzer Zeit hierzulande überhand genommen, das ging so über die letzten etwa vier bis fünf Wochen, in den vergangenen Tagen haben wir fast nur noch die britische Variante bei Neuinfektionen gesehen", erklärt auch Glück. Und er sagt: "Die britische Variante lässt sich noch sehr gut mit den Seren von Geimpften - mit allen Impfstoffen - beziehungsweise Rekonvaleszenten von einer Wildtyp-Infektion neutralisieren, dies ist bei der südafrikanischen und wohl noch mehr bei der brasilianischen Variante abgeschwächt der Fall."

Die südafrikanische Variante
Auch die südafrikanische Variante ist infektiöser als das ursprüngliche Coronavirus. Zudem kann es eben sein, dass die derzeit verfügbaren Impfungen nicht so gut gegen diese Variante helfen, warnt der Infektiologe Salzberger. Das bedeute, dass die Impfung zwar schwere Krankheitsverläufe verhindere, nicht aber unbedingt die Infektion.

Die brasilianische Variante
Auch bei dieser Variante funktionieren Antikörper nicht so gut. Dennoch wird laut Salzberger der, der geimpft ist, nicht so schnell krank. Die südafrikanische und die brasilianische Variante werden bei Laboruntersuchungen nicht einzeln, sondern gemeinsam aufgeführt, teilt ein Sprecher des bayerischen Gesundheitsministeriums mit. Beide Varianten machen aktuell 0,4 Prozent der Infektionen in Bayern aus.

Weitere lokal begrenzte Varianten
Über die weithin bekannten Varianten hinaus gibt es noch eine Reihe von weiteren Varianten, die sich vorerst nur lokal ausgebreitet haben, teilt Glück mit. Er zählt da etwa "die New Yorker und die kalifornische Variante" auf, "deren Eigenschaften noch nicht so genau bekannt sind", wie er erklärt.

Eine mögliche Supermutation
Kanzleramtschef Helge Braun hat kürzlich die Gefahr einer möglichen impfresistenten Mutation ins Spiel gebracht. "Super-Mutation ist immer ein schöner Begriff", sagt dazu Bernd Salzberger. Die Mutationen können "natürlich weitergehen", erklärt er - und sagt: "Das tun die auch ständig". Ob und wie dann aber auch tatsächlich solch eine solche Supermutation entstehen könnte, kann auch Salzberger nicht voraussagen. "Ob solche auftreten oder nicht, darüber kann nur spekuliert werden", erklärt auch Glück. Und er sagt: "Die beste Methode dem entgegen zu wirken, ist die Virusverbreitung und damit die zirkulierende Virusmenge weltweit zu minimieren, das heißt möglichst viele Menschen möglichst rasch zu impfen - und zwar weltweit - und ansonsten die altbekannten Vorkehrungen für die üblichen Übertragungswege zu beachten."

"Leider hat sich bei vielen Menschen eine Verdrossenheit über die aktuelle Situation breit gemacht", stellt Glück fest, die vom "zum Teil nicht wirklich glücklichen Agieren der Politik noch gefördert" werde.

Und er fordert: "Wir brauchen dringend wieder mehr Vertrauen der Bürger in die Sinnhaftigkeit der Kontaktbeschränkungen, um der aktuell deutlich anziehenden Ausbreitung des Coronavirus entgegen zu wirken." Dies betreffe insbesondere auch die Beachtung der Maßnahmen im privaten Bereich, denn da finden derzeit nach seiner Beobachtung aktuell die meisten Übertragungen statt. "Und wir brauchen dringend und ohne Bürokratie mehr Impfungen", stellt Glück fest.