Dem Triumph folgt Ernüchterung

Stadtrat Achim Werner wirft in der SPD-Fraktion Ämter hin - Er wollte in den Sparkassen-Verwaltungsrat

23.04.2020 | Stand 23.04.2020, 23:46 Uhr
Werner −Foto: SCHMATLOCH

Stadtrat Achim Werner wirft in der SPD-Fraktion Ämter hin - Er wollte in den Sparkassen-Verwaltungsrat

(ty) "Heute ist der schönste Tag meiner Karriere." Geradezu euphorisch wirkte Stadtrat Achim Werner am Abend des 29. März - in dem Moment, als der historische Sieg der Sozialdemokraten feststand. Haushoch gewonnen hatte Christian Scharpf die OB-Stichwahl mit knapp 60 Prozent der Stimmen. Der Mann aus dem Münchner Rathaus, dessen Kandidatur Werner über Jahre hinweg mit Bedacht eingefädelt hatte. Doch schon kurz nach dem Sieg setzte beim SPD-Fraktionschef Ernüchterung ein. Jetzt wirft der 67-Jährige wichtige Fraktionsämter hin.

Achim Werner ist die große Enttäuschung anzumerken: "Schon am Tag nach unserem Triumph ging die Diskussion um Erneuerung los", sagt Werner. "Da wurde mir schon die ganze Freude genommen." Dabei hatte Scharpf von Beginn an einen Neuanfang propagiert. Schnell kristallisierte sich heraus, dass Werner nicht Fraktionsvorsitzender bleibt wie seit 2009, sondern Kreisvorsitzender Christian De Lapuente ihm folgt, der Neue im Stadtrat. Werner musste sich als Stellvertreter zufriedengeben.

Doch das war nur der Anfang. Vorigen Dienstag ging die SPD-Fraktion in Klausur, um ihre Vertreter für die Ausschüsse und Gremien zu benennen. Werner war gesetzt als Sprecher des Finanz- und Personalausschusses, denn auf seine 24-jährige Erfahrung und fachliche Kompetenz wollten die Genossen weiter setzen. Schließlich hat die CSU-Fraktion diesen Posten auch bereits mit Albert Wittmann besetzt, langjähriger Kämmerer der Stadt. Wittmann und Werner hatten sich im Finanzausschuss seit Jahren bis aufs Äußerste bekämpft - für viele im Stadtrat mit ein Grund für das vergiftete Klima.

Die SPD-Klausur jedenfalls verlief über drei Stunden hinweg in schönster Harmonie, die Verteilung der Posten schien aufs Beste geregelt - da entzündete sich am Ende ein heftiger Konflikt an der Frage, welchen Kandidaten die SPD-Fraktion für den Verwaltungsrat der Sparkasse Ingolstadt-Eichstätt empfehlen würde. Aktuell ist Jörg Schlagbauer Mitglied, Achim Werner saß früher schon einmal acht Jahre in dem Gremium und wollte jetzt unbedingt wieder zum Zuge kommen. Aber er unterlag bei der internen Wahl. Nun hat er zwar einen Sitz im Zweckverband Sparkasse sowie in der Verbandsversammlung, ebenso wie Jörg Schlagbauer. Doch Schlagbauer, so beschloss die Fraktion, wird für den vergleichsweise sehr gut dotierten Verwaltungsrat vorgeschlagen.

Damit war Werners Schmerzgrenze offenbar überschritten. Noch in der Sitzung kündigte er an, er stehe folglich auch nicht mehr als Sprecher des Finanzausschusses und stellvertretender Fraktionsvorsitzender zur Verfügung. Selbst alte Weggenossen wir Manfred Schuhmann konnten den 67-Jährigen nicht mehr umstimmen.

Werner betont zunächst, er habe mit seiner Entscheidung dem Wunsch der Fraktion nach Erneuerung entsprochen. "Ich habe also ganz verzichtet. Für mich ist das jetzt ein konsequenter, sauberer Schnitt." Doch nach einer so langen politische Laufbahn - Werner zog 1984 erstmals in den Ingolstädter Stadtrat ein, war 2002 OB-Kandidat und saß 15 Jahre im Bayerischen Landtag - kann er auch nicht verhehlen: "Es ist doch völlig klar, dass ich nicht erfreut darüber bin." Und dann fügt Werner noch hinzu: "In der Stunde des größten Triumphes der SPD kommt mir der Ruf nach Erneuerung nicht allzu logisch vor." Allerdings hat die SPD als Partei das schlechteste Ergebnis bei einer Kommunalwahl in Ingolstadt erzielt.

Doch fest steht: Ohne Achim Werner wäre Christian Scharpf vermutlich nie als OB-Kandidat ins Rennen gegangen. Seit 2012 stand der SPD-Fraktionschef in Kontakt mit Scharpf, der damals im Münchner Rathaus Büroleiter von OB Christian Ude war. 2014 wollte Scharpf noch nicht antreten - erst im Jahr 2018 sagte er den Ingolstädter Genossen zu. Und nun regiert nach 48 Jahren nicht mehr die CSU, sondern die SPD im Ingolstädter Rathaus. Dass er selbst diese neue Ära nur noch von der zweiten Reihe aus erleben darf, macht Werner zu schaffen: "Freilich bin ich ernüchtert. Ich wollte Christian Scharpf als Fraktionsvorsitzender unterstützen, denn es wird nicht einfach für uns."

Tatsache ist aber auch, dass Achim Werner in der SPD-Fraktion schon länger umstritten ist. Er sei kompetent, aber kein Teamplayer heißt es. Dass die Klausur mit so einem Eklat enden würde, sei ein schwieriges Thema, sagt der neue Fraktionschef Christian De Lapuente: "Wie man so um einen Posten kämpft, hat mich erstaunt. Aber immer dann, wenn Unzufriedenheit herrscht, kommt nur Schmarrn heraus und nicht das, was man sich wünscht. " De Lapuente hat sich wohl selber nicht gewünscht, dass er jetzt auch noch Sprecher im Finanzausschuss wird: "Das ist eine große Herausforderung für mich, aber ich jammere nicht."

Der Chef wird ihm schließlich zur Seite stehen: OB Scharpf hat bereits zuvor angekündigt, er wolle den Ausschuss selbst leiten. Dass es keinen OB Scharpf gebe ohne einen Achim Werner, bestreitet De Lapuente: "Der Erfolg hat viele Väter. Er ist vielen Menschen zu verdanken, die im Kommunalwahlkampf Gas gegeben haben. "

Der designierte OB bedauert, dass Werner nicht mehr Sprecher des Finanzausschusses ist. "Er ist zweifellos der Kompetenteste. " Und er findet es schade, dass es wegen des Sparkassen-Verwaltungsrats zu einer Kampfabstimmung kam.