Öffnung „an vielen Punkten“ soll mehr Windräder bringen
Aiwanger erwartet Lockerung der 10H-Regel

27.04.2022 | Stand 27.04.2022, 12:32 Uhr
−Foto: Jens Büttner/dpa

Bayerns Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger rechnet fest mit einer Lockerung der umstrittenen 10H-Abstandsregel für den Bau von Windrädern. Er gehe davon aus, dass die Regel „an vielen Punkten“ geöffnet werde, „von den Vorrang- und Vorbehaltsgebieten über Wälder bis hin zu Truppenübungsplätzen, Gewerbe- und Industriegebieten“, sagte der FW-Chef. So könne Strom vermehrt „vor Ort erzeugt und auch gerne wieder direkt verbraucht werden“.

Seit dem Ukraine-Krieg und den steigenden Energiekosten gebe es auch mehr Signale aus der Wirtschaft, die forderten, erneuerbare Energien als Standortfaktor zu fördern, sagte Aiwanger. Die 10H-Regel definiert den Mindestabstand eines Windrades zu nächsten Besiedelung – dieser muss der zehnfachen Höhe des Rades entsprechen. Seit ihrer Einführung ist der Ausbau der Windkraft in Bayern praktisch zum Erliegen gekommen.

Aiwanger zeigte sich zuversichtlich, dass auch die CSU-Fraktion im Landtag – anders als in der Vergangenheit – den Bedarf für Lockerungen erkannt habe. Heute wollen die Landtagsabgeordneten in ihrer Fraktionssitzung über das Thema beraten.

Für Grünen-Landtagsfraktionschef Ludwig Hartmann stecken die CSU und Ministerpräsident Markus Söder bei der Windkraft „in einer energiepolitischen Sackgasse“, in die sie sich selbst hineinmanövriert hätten. Wenn Söder jetzt keinen Ausweg finde, werde Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck „ihn im Interesse der bayerischen Industrie aus dieser Sackgasse herausziehen“.

Mit Blick auf die Nutzung der Wasserkraft warf Aiwanger der Bundesregierung eine Blockadehaltung vor: „Wir kritisieren ganz massiv, was der Bund derzeit vorhat: Die Wasserkraft in Bayern abzuschießen.“ So wolle der Bund kleine Wasserkraftanlagen mit einer Leistung von bis zu 500 Kilowatt aus der EEG-Förderung streichen. Mehr als 60 Prozent der kleinen Wasserkraftwerke befänden sich in Bayern. „Die können wir nicht entbehren“, sagte Aiwanger. Bayernweit wären mehr als 3000 Anlagen davon betroffen. Dies bedeute die Stromversorgung für einen Regierungsbezirk wie Niederbayern. Der Freistaat werde daher im Bundesrat entsprechende Korrekturen einbringen.

Zur Sicherstellung der Stromversorgung beschloss das Kabinett zudem eine Aufstockung der Personalkapazitäten in den bayerischen Genehmigungsbehörden. Das ermögliche auch schnellere Genehmigungen für Bauvorhaben im Verteilnetz. Wegen der Errichtung zusätzlicher großer Freiflächen-Photovoltaikanlagen sowie anderer dezentraler erneuerbarer Energien müssten die Verteilnetze im Land „grundlegend um- und ausgebaut werden“, hieß es.

Zur Sicherstellung von Bayerns Energieversorgung setzt Aiwanger für die Zukunft auch auf Energielieferungen aus Schottland und Norwegen. Mitte Juni will er in beide Länder reisen, um entsprechende Partnerschaften für die Produktion und Lieferung von grünem Wasserstoff zu vereinbaren. „Ich bin sicher, dass dies sehr gut passen wird“, sagte Aiwanger der Nachrichtenagentur dpa. Als Vorteile nannte er die kulturelle und geografische Nähe – insbesondere zu Schottland. Hinzu komme, dass beide Länder auch politisch gut zu Bayern passten und es etwa durch Städtepartnerschaften schon jetzt einen engen Austausch und eine Vertrautheit gebe. (dpa)