Abzocke per Fernwartung

17.02.2021 | Stand 17.02.2021, 7:30 Uhr
−Foto: Pixabay

Zwielichtige Zeitgenossen nutzen die Lage vermehrt für illegale Machenschaften, seit die Menschen sich wegen Corona öfter in ihren heimischen vier Wänden aufhalten.

(ty) Eine Masche erfreut sich dabei zunehmender Beliebtheit: Betrüger geben sich am Telefon als Mitarbeiter des bekannten Softwarekonzerns Microsoft aus und versuchen, sich per Internet Zugang auf die Computer ihrer Opfer zu verschaffen. Wer sich arglos darauf einlässt, läuft Gefahr, eine Menge Geld zu verlieren. Erst vor einer Woche musste ein 52-jähriger Ingolstädter knapp 10000 Euro abschreiben, weil er auf den Trick hereinfiel.

Die Zahl solcher Delikte steigt stetig. Der Ingolstädter hatte, wie in einem Teil unserer Auflage berichtet, einen Anruf erhalten, am anderen Ende befand sich ein angeblicher Microsoft-Mitarbeiter. Er machte den 52-Jährigen glauben, dass sein PC von Viren befallen sei, verbunden mit dem Angebot, ihm zu helfen. Der Mann ließ sich nach Polizeiangaben darauf ein und installierte ein Programm zur Fernwartung. Der Betrüger erhielt auf diesem Weg Zugriff auf den Rechner seines Opfers und überredete den Ingolstädter, insgesamt 16 Banküberweisungen über beinahe 10000 Euro vorzunehmen. Erst als der Anrufer obendrein noch einen Geschenkgutschein über 1000 Euro verlangte, schöpfte der Betrogene Verdacht und schaltete die Polizei ein. Das zuvor überwiesene Geld war aber weg.

Nur ein Fall von vielen. "Hallo, ich bin von Microsoft, haben Sie einen PC? " Mit dieser Frage wird auch eine 82-jährige Ingolstädterin zwei- bis dreimal pro Monat am Telefon konfrontiert. Als nächstes heißt es, ihr Computer sei gehackt worden und müsse bereinigt werden. Die Betrüger kamen bei der alten Dame aber nie an ihr Ziel. Im Bereich des in Ingolstadt angesiedelten Polizeipräsidiums Oberbayern-Nord gab es voriges Jahr um die 50 solcher Fälle oder Betrugsversuche, hieß es dort auf unsere Anfrage. "Als Tendenz kann festgestellt werden, dass sich im Jahr 2021 eine erkennbare Steigerung abzeichnet. " Ingolstadt sei jedoch kein Schwerpunkt. Die Dunkelziffer dürfte bei diesem Delikt indes "nicht unerheblich sein".

Bei Microsoft weiß man mehr dazu: "Es sind jährlich Hunderttausende solcher Anrufe, die Menschen auf der ganzen Welt erhalten", hieß es auf Nachfrage. Der Konzern Microsoft erhalte mitunter weit über 10000 Meldungen im Monat von Betroffenen. Das Unternehmen verweist auf ein internes Expertenteam, die "Cyber Crime Unit", zur Bekämpfung solcher Machenschaften. Eine Umfrage durch den Konzern vor mehr als zwei Jahren hatte ergeben, dass weltweit zwei Drittel aller Befragten in den vergangenen zwölf Monaten Erfahrungen mit solchen Betrugsmaschen gemacht haben. "In Deutschland sind mehr als die Hälfte aller Befragten betroffen. " Interessant sei, dass entgegen allgemeiner Erwartung nicht vorwiegend ältere Menschen, sondern vor allem "Millenials" die Zielgruppe sind, also die 18- bis 34-Jährigen. "50 Prozent der Personen, die aufgrund eines Telefonbetrugs weitere Aktionen durchführten, gehören zu dieser Altersgruppe. "

Bei Microsoft betont man, selbst "unter keinen Umständen" unaufgeforderte Telefonanrufe vorzunehmen, in denen das Unternehmen anbietet, schadhafte Geräte zu reparieren. Man verlange zudem niemals Vorauszahlungen und frage aktiv auch keinerlei Kreditkarteninformationen ab. Es würden außerdem keine Nutzer ungefragt über neue Sicherheitsupdates informiert. Die Ingolstädter Polizei rät dazu, nie persönliche Daten herauszugeben und Unbekannten keinen Zugriff per Fernwartung auf den heimischen Rechner zu geben. Wer bereits Opfer geworden sei, solle den PC sofort vom Netz nehmen, seine Bank informieren und alle Passwörter über einen "sauberen" Computer ändern. Und nicht zuletzt: "Erstatten Sie Anzeige bei der Polizei. "

Horst Richter