Ein Vorzeigeunternehmer mit kabarettistischem Talent

30.11.2016 | Stand 09.10.2019, 3:41 Uhr

Der Trigema-Chef Wolfgang Grupp begeisterte auf Einladung des Marketing-Clubs 160 Zuhörer mit seiner Unternehmer-Philosophie (ty) Hätte man es nicht besser gewusst, der Vortragsabend des Ingolstädter Marketing Clubs hätte auch als Kabarettabend durchgehen können. Denn mit Wolfgang Grupp hat der Marketing Club nicht nur Deutschlands bekanntesten, sondern sicher auch witzigsten mittelständischen

Der Trigema-Chef Wolfgang Grupp begeisterte auf Einladung des Marketing-Clubs 160 Zuhörer mit seiner Unternehmer-Philosophie

(ty) Hätte man es nicht besser gewusst, der Vortragsabend des Ingolstädter Marketing Clubs hätte auch als Kabarettabend durchgehen können. Denn mit Wolfgang Grupp hat der Marketing Club nicht nur Deutschlands bekanntesten, sondern sicher auch witzigsten mittelständischen Unternehmer eingeladen. Der legendäre Chef der Firma Trigema – des einzigen deutschen Texitherstellers, der seine Produkte komplett in Deutschland fertigt – sprach vor über 160 Gästen im Gebäude der AOK über erfolgreiches Unternehmertum in Deutschland. Und einen kompetenteren und mitreißenderen Redner hätte der Marketing Club kaum finden können. Moderiert von Michael Schmatloch, Chefredakteur von ingolstadt-today, nahm an der anschließenden Diskussion auch ein überaus prominenter Unternehmer aus der Region teil, Ignaz Graf zu Toerring-Jettenbach aus Pörnbach.

Zunächst aber wetterte Wolfgang Grupp eloquent über das verlorene Vertrauen in Politik und Wirtschaft, über Gier und Größenwahn und über die verloren gegangene Verantwortung der Unternehmer. „Es kann nicht sein, dass die Gier das Handeln bestimmt und die Mitarbeiter dann die Folgen tragen müssen“, sagte er nicht ohne einen Seitenblick auf die aktuelle Krise bei VW.

Er selbst hat seine Firma von einer GmbH wieder umfirmiert und ist persönlich und unbeschränkt vollhaftender Eigentümer des Textilunternehmens Trigema Inh. W. Grupp e.K. Weil er der Meinung ist, als Unternehmer müsse man auch finanziell für seine Entscheidungen im Unternehmen gerade stehen. „Wir müssen wieder zurückkommen zur Verantwortung und Haftung der Entscheidungsträger so Grupp, „aber die persönlich haftenden Unternehmer sind heute fast ausgestorben.“ Nicht zuletzt deshalb, weil Deutschland alles übernehme, was aus Amerika kommt, von der „Fresskultur“ bis zur Kleiderkultur.

Auf Amerika ist Grupp nicht wirklich gut zu sprechen. Und erzählte die nette Geschichte, wie durch eine spontane Laune von James Dean das Unterhemd zum Oberhemd wurde. Bloß weil er zu faul war, sich umzuziehen, sei so das T-Shirt geboren worden. Grupp habe zu der Zeit die Fabrik voll gehabt mit unverkäuflichen Unterhemden. Die habe er nach dieser Erfahrung eingefärbt. Und dann seien sie ihm für zehn Mark aus der Hand gerissen worden.

Dabei ist Grupp alles andere als ein Globalisierungsgegner. Sie sei eine Riesenchance meinte er. Nur müsse Deutschand eben erkennen, dass in dem Hochlohnland keine Massenprodukte hergestellt werden dürften, sondern innovative, hochwertige Produkte, „die die Welt will“.

Grupp wandte sich auch vehement gegen den übertriebenen Wachstumsgedanken. „Wenn ich heute 100 Euro verdiene und morgen aber nicht 120, dann bin ich ein Versager. Es kann nicht sein, das ich das in einer bedarfsgedeckten Wirtschaft auf diese Weise sehe.“ Er selbst hat die Produktion in seiner Firma letztmals 1999 erhöht. Heute sei es nicht das Problem, gute Maschinen oder Arbeiter zu bekommen, sondern Aufträge. „Wenn es aber das größte Problem ist, einen Auftrag zu bekommen, ist es doch irrsinnig, ständig die Kapazitäten zu erweitern.“ Wachstum bedeute für ihn innovatives Wachstum. Und wohin Wachstum um der puren Größe willen führe, hab man ja an VW gesehen.

Für Wolfgang Grupp sind Verantwortung, Leistung und die Ideale des ehrbaren Kaufmanns die Garanten für den Erfolg. Und die Produktion im eigenen Land. „Wenn wir Entwicklung und Forschung aus der Hand geben, dann brauchen wir uns nicht wundern, wenn wir das Europa, dass wir von unseren Vätern geerbt haben, nicht mehr an unsere Kinder weitergeben können.“

Die größten Versager, sagt Grupp, das waren seine Kunden. Und zählte die ganzen Kaufhauskönige und Versandhändler auf, die einst die deutsche Textilindustrie getragen hätten, dann aber einer nach dem andern Konkurs gingen. Vier mal im Lauf seiner Verantwortung für die Firma Trigema habe er die Kunden austauschen müssen.

Die anderen Textilhersteller seien ins Ausland abgewandert, er sei im schwäbischen Burladingen geblieben. „Und zeigen sie mir einen, der mit der Produktion im Ausland reicher geworden ist“, meinte er. Ärmer geworden indes seien viele.

Dabei sei der Erhalt der Arbeitsplätze in Deutschand für ihn keine soziale Entscheidung gewesen. „Ich bin nicht sozial, ich will Geld verdienen, ich bin Kapitalist, mir soll es gut gehen. Aber wenn es mir gut gehen, soll muss ich meine Mitarbeiter mit Samthandschuhen anfassen. Wenn Sie so wie ich mit meinen Mitarbeitern mit ihrer Frau umgehen, dann garantiere ich Ihnen eine wunderschöne goldene Hochzeit.“

„Ich bin Schwabe und wenn einer bei mir Geld ausgeben will, hat er die Chance“, meinte er, aber auch, das man auch mal mit etwas zufrieden sein müsse. Das gelte für den Unternehmer, aber auch für die Mitarbeiter. „Wer bei uns mit seinem Gehalt nicht zufrieden ist, der hat automatisch gekündigt. Deswegen fordert bei uns ja auch keiner ein höheres Gehalt“, so einer seiner amüsant formulierten Seitengedanken.

Grupp setzt auf gute Mitarbeiter aus der Heimat, viele von ihnen sind weit über 30 Jahre bei ihm und seien vom Lehrling in Führungspositionen aufgestiegen. „Wenn zu mir einer aus Hamburg kommt und sich auf eine Stelle als leitender Angestellter bewirbt, dann kann das nur eine Flasche sein. Denn wenn nicht, dann hätten sie ihn ja in Hamburg genommen.“

Seinem humorvollen Vortrag hätte man stundenlang zuhören können. Und Grupp ließ sich auch eine gute Stunde Zeit, seine Firma und seine unternehmerischen Prinzipien ausgiebig zu erläutern. Diese Prinzipien sind die der Großväter, die das Wirtschaftswunder in Deutschland geschafft haben. Und ein paar alte Gewohnheiten hat er noch drangehängt. Wie die, dass er jedes Fräulein in seinem Betrieb auch Fräulein nennt, wenn es gemäß der alten Definition noch eines ist. „Sonst weiß man ja nicht, dass da noch eine Chance besteht.“