Mit Video: Die Verteidigungsministerin und eine sehr bittere Erkenntnis

Annegret Kramp-Karrenbauer besuchte in Ingolstadt die Pionierschule. Wir sprachen mit ihr über Afghanistan.

13.08.2021 | Stand 13.08.2021, 21:27 Uhr
Bundesverteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU) am Freitag in Ingolstadt. −Foto: Schwarz

Annegret Kramp-Karrenbauer besuchte in Ingolstadt die Pionierschule. Wir sprachen mit ihr über Afghanistan.

(ty) Frau Kramp-Karrenbauer, deutsche Kräfte und einige internationale Verbündete waren so lange in Afghanistan. War nicht absehbar, dass die Lage dort nach einem Abzug der Verbündeten so schnell so prekär wird?

Annegret Kramp-Karrenbauer: Wir haben als Bundeswehr in Afghanistan unsere Aufträge erfüllt. Wir haben die afghanischen Streitkräfte unterstützt, wir haben sie mit aufgebaut. Dass sich die Lage so schnell und so dramatisch verschlechtert, war eines unterschiedlichen Szenarien, über die vorher diskutiert wurden. Die Gründe dafür liegen sicherlich vor allem auch in den innerafghanischen Verhältnissen. Wir müssen aber auch der Realität ins Auge schauen und sagen: Nicht alles, was in Afghanistan geschieht, kann von hier aus, kann von der Bundeswehr gesteuert werden.

Sie würden also nicht sagen: Das war im Nachhinein der sinnloseste Einsatz, den die Bundeswehr je durchgeführt hat?

Kramp-Karrenbauer: Nein. Die Aufträge, die die Bundeswehr vom Parlament konkret bekommen hat, wurden alle erfüllt. Darauf können die Männer und Frauen auch stolz sein. Es ist in 20 Jahren der internationale Terrorismus, der von afghanischem Boden ausgegangen ist und auch zu diesen schrecklichen Terroranschlägen vom 11. September 2001 geführt hat, unterbunden worden ist. Eine Generation von Afghaninnen und Afghanen ist unter anderen Umständen als vorher aufgewachsen. Was wir nicht geschafft haben, und das gehört zur Wahrheit dazu, ist, die politischen Zielsetzungen umzusetzen und aus Afghanistan einen anderen Staat zu machen: Das Land in seiner politischen Struktur positiv und nachhaltig zu verändern. Das ist uns nicht gelungen. Das ist eine sehr bittere Erkenntnis. Und so sind die Bilder, die wir im Fernsehen sehen, sehr bittere Bilder für die Soldatinnen und Soldaten, die über 20 Jahre in Afghanistan gekämpft haben.

Wird sich nach diesen Erfahrungen der Fokus der Bundeswehr verändern - weg von Auslandseinsätzen, hin zur klassischen Landesverteidigung?

Kramp-Karrenbauer: Unsere Aufgabe ist, dass wir beides können. Landes- und Bündnisverteidigung ist seit 2014 wieder stärker in den Fokus gerückt. Im Moment sind wir dabei, die Eckpunkte für die Bundeswehr der Zukunft festzulegen. Da werden wir diesen Prozess vorantreiben. Trotzdem wird es nicht bedeuten, dass wir uns aus internationalen Einsätzen zurückziehen. Wir sehen gerade im maritimen Bereich, wie sehr da weiterhin auch in Zukunft gefordert sein werden. Insofern muss die Bundeswehr der Zukunft so aufgestellt sein, dass sie beide Bereiche, Landesverteidigung und internationale Einsätze, beherrschen kann.

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