Positiv getestet und was danach geschah: Ein Bericht von Josef Neumeyer

13.11.2020 | Stand 13.11.2020, 8:49 Uhr
corona1 −Foto: SCHMATLOCH

"Überforderung ist keine Ausrede"

(ty) "An der Obergrenze des Machbaren" war das Interview über die Corona-Lage am Landratsamt Eichstätt in der Wochenendausgabe unserer Zeitung. Nach den Erfahrungen, die Josef Neumeyer zuletzt mit dem Landratsamt gemacht hat, kann er diese Einschätzung nicht nachvollziehen. Er vertritt die Auffassung, dass es die Pflicht der Verantwortlichen am Landratsamt sei, der Öffentlichkeit klar zu sagen, wenn man seinen Pflichten nicht mehr ordnungsgemäß nachkommen könne, und stellt die Frage, wer denn eigentlich das Landratsamt kontrolliert. "Überforderung ist keine Ausrede für Organisationsversagen", sagt er.

Neumeyer spricht von "viel zu langen Prozessen", von "Willkürlichkeit" und damit einhergehend einer mangelnden Verhältnismäßigkeit bei den Entscheidungen. Er hält es für bedenklich, wenn das Landratsamt einfach nur sagt, es sei überfordert. "Wenn man sich als Handwerksbetrieb nicht an die Vorschriften hält, bekommt man unter anderem vom Landratsamt zu hören, dass man sich besser organisieren muss. " Der Chef des Metzgerei-Gasthofs in Kipfenberg war von dem Interview mit dem Pressesprecher des Landratsamtes so irritiert, dass er den Schritt in die Öffentlichkeit geht, um zu erzählen, wie es ihm, seiner Familie und den Mitarbeitern zuletzt ergangen ist. Nach leichten Erkältungssymptomen zwischen dem 22. und 24. Oktober wollte sich Neumeyers Frau freiwillig testen lassen. Sie bekam einen Termin am Donnerstag, 29. Oktober. Am Samstag, 31. Oktober, folgte das Ergebnis: positiv. Das Gesundheitsamt meldete sich, teilte das Testergebnis mit und forderte daraufhin die Kontakte - sowohl privat als auch aus dem Gasthaus - an; aber nur von den letzten beiden Tagen. Das machte Neumeyer zum ersten Mal stutzig. Die Erkältungssymptome seiner Frau lagen zu diesem Zeitpunkt bereits zehn Tage zurück. Warum wollte das Gesundheitsamt also nur die Listen der beiden letzten Tage sehen?

Egal, Neumeyer gab die Daten weiter. Ob das sinnvoll war, stellt Neumeyer heute noch mehr in Frage als damals. Denn auf den weitergegebenen Kontaktlisten befinden sich Personen, die laut Neumeyer bis heute noch nicht kontaktiert wurden. Darunter sind selbst nahe Familienangehörige. Das Gesundheitsamt hat am Sonntag, 1. November, offenbar versucht, die Mitarbeiter des Metzgerei-Gasthofs zu erreichen. "Und zwar genau einmal", stellt Neumeyer fest, der mit seinen Angestellten auch in Quarantäne in regelmäßigem Austausch steht. Die einen seien gefragt worden, ob Hygienestandards eingehalten wurden, die anderen lediglich, wie lange der Kontakt mit der positiv getesteten Person gedauert hat. Die einen wurden gefragt, ob sie Maske getragen haben, andere dagegen nicht, zitiert Neumeyer aus Protokollen, die er detailliert angefertigt hat. Er fragt: "Müssten nicht allen Mitarbeitern die gleichen Fragen gestellt werden, um objektiv beurteilen zu können, ob eine Quarantäne im Einzelfall notwendig ist? "

Zwei von den Mitarbeitern, die an jenem Sonntag nicht erreicht worden sind, wurden bis heute vom Gesundheitsamt noch nicht kontaktiert. Am Donnerstag, 5. November, also sechs Tage nach Anordnung der Quarantäne, wurden Neumeyers Familie und mehrere Mitarbeiter auf das Coronavirus getestet. Das Ergebnis wurde am Samstag mitgeteilt: Neumeyer selbst ist auch positiv, die Mitarbeiter alle negativ. Die AHA-Regeln im Betrieb haben offenbar funktioniert. Für Neumeyer, der nur leichte Erkältungssymptome hatte, dokumentiert genau jener Samstag wieder perfekt das Organisationschaos am Landratsamt. In der Zeit von 10.30 bis 11 Uhr erhielt die Familie vier Anrufe von unterschiedlichen Mitarbeitern am Gesundheitsamt. Die ersten beiden wollten das Corona-Testergebnis mitteilen, die dritte machte einen Quarantäne-Kontrollanruf und die vierte Anruferin legte wieder auf, als ihr Neumeyer von den drei vorherigen Telefonaten erzählte. "Kommt die Überforderung von mangelnder Organisation? "

Die Antwort auf diese Frage hat das Landratsamt aus Sicht von Neumeyer selbst gegeben. Neumeyer betont, keine Stimmung gegen die Mitarbeiter des Gesundheitsamtes machen zu wollen und sich auch nicht über seine persönliche Quarantäne beschweren zu wollen. Diese Entscheidung sei gerechtfertigt gewesen. Er glaubt allerdings, die Willkür bei der Quarantäne seiner Mitarbeiter komme von der Überforderung der Mitarbeiter des Gesundheitsamtes und die Überforderung sei die Folge mangelnder Organisation. "Nach den Erfahrungen, die wir gemacht haben, bezweifle ich stark, dass es eine zeitgemäße elektronische Datenerfassung, -verarbeitung und -ablage gibt", schließt Neumeyer. Trotz der Unannehmlichkeiten blickt er positiv in die Zukunft. Die Metzgerei in Kipfenberg soll am Dienstag, 17. November, wieder öffnen.

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