Pilotprojekt für flexible Einsätze in der getakteten Fahrzeugproduktion

Bei Audi gehen die Uhren anders

29.03.2022 | Stand 29.03.2022, 10:02 Uhr
Eileen Sterner übergibt an ihren Kollegen Thomas Rauh. −Foto: Audi AG

Schichtarbeit ist bekanntlich starr. Sie folgt einem eng getakteten Zeitplan, der normalerweise keinerlei Flexibilität zulässt. Mitarbeier, die aufgrund persönlich veränderter Lebensumstände in Teilzeit gehen, mussten deshalb bisher zwangsläufig auf andere Arbeitsplätze wechseln. Doch im Zuge der Transformation bei Audi ist gerade ein Pilotprojekt mit Pionierpotenzial für flexible Einsätze in der getakteten Fahrzeugproduktion gestartet. 

Ein innovatives Arbeitsmodell in der Lackiererei am Standort Ingolstadt erlaubt es auch Schichtarbeitern, in Teilzeit zu arbeiten. Audianer aus allen Hierarchie- und Altersstufen haben es gemeinsam mit dem Betriebsrat und dem „Institut für sozialwissenschaftliche Forschung“ (ISF) München im Rahmen des „Betrieblichen Praxislaboratoriums – Flexibler Einsatz in der Schicht“ entwickelt, das vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales gefördert wurde.

Die zeitlichen Lücken, die durch die Abwesenheit von Teilzeitkräften entstehen, füllen qualifizierte Springer. Diese kommen aus nichttaktgebundenen Bereichen der Lackiererei, wie beispielsweise Auszubildende, Mitarbeiter mit Einschränkungen oder Angestellte, die normalerweise im Büro arbeiten. Kann etwa eine Schichtarbeiterin, die Mutter geworden ist und wieder aus der Elternzeit zurückkehrt, ihre Arbeit nicht zum üblichen Schichtbeginn antreten, weil sie ihr Kind erst noch zur Kita bringen muss, springt der qualifizierte Kollege aus dem „Springerpool“ für die junge Mutter ein. So macht der Springer für die junge Mutter einen späteren – und damit flexiblen – Arbeitsbeginn möglich.

Beschäftigte auf diese Weise die Zukunft ihrer Arbeit mitgestalten zu lassen, ist nach aktuellem Kenntnisstand von Experten in Deutschland einzigartig. Entsprechend positiv bewertet Sabine Maaßen, Vorständin Personal und Organisation bei Audi, die neue Flexibilisierung. „Die Initiative aus unserer Lackiererei zeigt, dass die besten Ideen aus dem Unternehmen selbst kommen. Und es zeigt auch, dass bei uns der Mensch im Mittelpunkt steht – mit seinen individuellen Bedürfnissen und Kompetenzen. So ist es auch unser Anspruch, eine moderne Zusammenarbeitskultur für alle Mitarbeiter voranzutreiben.“

Achim Heinfling, Werkleiter Audi Standort Ingolstadt, pflichtet ihr bei: „In einer hoch effizienten, getakteten Fahrzeugproduktion sind flexible Arbeitszeiten viel schwieriger umzusetzen als in einem Job, der am Schreibtisch stattfindet. Umso mehr freut es mich, dass es in diesem einzigartigen Pilotprojekt mit viel Kreativität und praktischem Teamgeist gelungen ist. Wir prüfen, inwieweit wir wesentliche Erkenntnisse daraus auch für andere Fertigungsbereiche nutzen können.“ 

Peter Mosch, Audi Gesamtbetriebsratsvorsitzender, betont: „Es ging bei der Arbeit im Praxislaboratorium darum, die Erfahrung und das Wissen aller Betriebsparteien – also direkt Betroffener, des Betriebsrats und des Managements – einzubringen, um eine von allen akzeptierte und umsetzbare Lösung zu erarbeiten. Das geht nur mittels kollegialer Zusammenarbeit auf Augenhöhe über formelle Hierarchien hinweg. Die Erfahrungen, die wir hier gemacht haben, zeigen, dass Methoden wie das Praxislaboratorium vom ISF auch für andere Bereiche bei Audi sowie für andere Unternehmen sehr wertvoll sind. Voraussetzung dafür ist eine moderne, mitbestimmte und beteiligungsorientierte Kultur der Zusammenarbeit und Qualifizierung.“

Noch ist das neuartige Arbeitszeitmodell zur flexiblen Schichtarbeit ein Pilotprojekt, von dem aktuell 16 Mitarbeiter profitieren. Im „Springerpool“ unterstützen derzeit 30 Kollegen. Audi plant, Arbeitszeitmodelle wie das aus der Lackiererei auch auf weitere Bereiche in der Produktion auszuweiten. Denn die Flexibilisierung der Arbeit ist voll im Gange – sowohl im Büro als auch in der Fertigung. Innovative Projekte wie dieses verbessern nicht nur die Vereinbarkeit von Beruf und Familie für alle Beteiligten, sondern schaffen zugleich auch mehr Sichtbarkeit und Anerkennung für Beschäftigte und Führungskräfte in Teilzeit. (ty)

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