Zu schön, um wahr zu sein?

Millionenschwerer Pokergewinn? Kein stichhaltiger Beweis für die Geschichte eines Pfaffenhofeners

22.12.2021 | Stand 22.12.2021, 23:31 Uhr

Foto: Haid, dpa/Symbolbild

Pfaffenhofen – Die Nachricht hat hohe Wellen geschlagen: Ein Pfaffenhofener berichtet, er habe bei einem Pokerturnier in Frankfurt den ersten Preis mit 2,5 Millionen Euro mit nach Hause genommen. Als Beleg liefert er auf Nachfrage ein Selfie vor einer Tür mit „Casino“-Leuchtlettern. Auch ein Handyfoto, das die inzwischen erfolgte Überweisung des Preisgelds belegen soll, kann der Pfaffenhofener vorweisen. Die Zweifel lassen sich aber nicht aus der Welt räumen. Der erste Online-Bericht „Plötzlich Millionär“ vom Sonntag auf www.donaukurier.de und www.ingolstadt-today.de ist daher nicht mehr abrufbar.

Der Mann hatte sich vergangene Woche bei unserer Redaktion gemeldet, in der Wochenendausgabe war eine kleine Ankündigung zu seiner mutmaßlichen Teilnahme am besagten Pokerturnier erschienen. Seit er am Sonntag dann verkündete, er habe gewonnen, läuft die Suche nach einem Beweis dafür – bislang vergeblich.

Denn einwandfreie Belege sind die genannten Fotos nicht: Das Casino-Bild könnte vor einer ganz anderen Spielhalle entstanden sein. Das Foto des Überweisungsbelegs zeigt lediglich einen Textausschnitt am Computerbildschirm. Als angeblicher Verwendungszweck ist unter anderem der Wortteil „Weihnachtsbate“ zu lesen – laut dem Pfaffenhofener sei das Pokerturnier schließlich unter dem Namen „Weihnachtsbattle“ über die Bühne gegangen.

Das Unternehmen Pokerstars, das als angeblicher Turnierveranstalter Klarheit schaffen könnte, ist für eine Stellungnahme seit Tagen nicht zu erreichen. Auf verschiedene Anfragen seit dem Wochenende hat unsere Redaktion bislang keine Antwort bekommen.

Da laut dem Pfaffenhofener ein Fernsehteam mit im Casino gewesen sein soll, liefen auch Anfragen bei Fernsehsendern, die unter anderem über Pokerturniere berichten. Dort allerdings ist ein solcher Termin nicht gelistet, von einem Pokerstars-Turnier in Frankfurt ist nichts bekannt – im Gegenteil: Laut der Marketingabteilung eines Senders, die Kontakt zu Pokerstars pflegt, habe dieser Anbieter für heuer sämtliche Live-Turniere in Deutschland abgesagt, erklärte ein Sprecher. Auch von einem Turnier mit 2,5 Millionen Euro für den Gewinner habe man nichts gehört – hätte man aber bei dieser Gewinnklasse eigentlich.

Das erzählt auch eine Online-Journalistin, die sich professionell mit Pokerturnieren befasst: Von einem solchen möglichen Gewinn hätte sie gehört, das Turnier sei ihr aber vollkommen unbekannt. „Es ist definitiv ein Märchen“, sagte sie. Bei einer Summe von 2,5 Millionen Euro müsste das Gesamtpreisgeld bei um die 50 Millionen Euro liegen, so die Journalistin: „Das wäre ungefähr ein halbes Jahr in den Schlagzeilen gewesen.“

In einem ersten Gespräch am Wochenende hatte der Mann noch detailliert von Lamettaregen um 0.45 Uhr, von seinem Siegerblatt mit drei Neunen und von der Übergabe des symbolischen Schecks für ein offizielles Foto erzählt. Auch von seiner zerbrochenen Beziehung, weshalb er überhaupt erst mit dem Onlinepokern begonnen habe, berichtete der Pfaffenhofener. Bei einem letzten Telefongespräch am Mittwochmittag betonte der Mann, dass er inzwischen angefeindet werde und daher keine Stellungnahme mehr abgeben werde. Ein eigentlich vereinbartes persönliches Treffen mit stichfesten Beweisen kam mit dem Mann nicht mehr zustande.

Hat das Turnier stattgefunden und gab es den Millionengewinn wirklich? Oder war beides erfunden? Der Redaktion liegen handfeste Beweise weder für die eine noch für die andere Variante vor.

PK

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