Pläne für den neuen Ingolstädter Hauptbahnhof passierten gestern den begeisterten Stadtentwicklungsausschuss

Großstädtischer „Meilenstein“

13.10.2021 | Stand 13.10.2021, 9:00 Uhr
Hauptbahnhof −Foto: Plan

Von Michael Schmatloch

Woran erkennt man, dass eine Stadt eine Großstadt ist? Als Ingolstadt einst die Marke von 100 000 Einwohnern knackte und so offiziell in den Olymp bayerischer Großstädte einzog, da war es ein Bordell, das zu allererst dem neuen Status der Stadt Rechnung trug. Das „Haus Felicitas“ in der Eriagstraße, wo bremsige Fernfahrer und verwegene Schanzer damals der Fleischeslust frönten und den Kontakt zu den willigen „Flitscherln“ suchten und fanden, ist längst dem Mediamarkt gewichen.

Nun soll ein anderes, weniger anzügliches Bauwerk, die Aufgabe übernehmen, Ingolstadt als Großstadt auszuweisen. Und zwar von Ferne schon: Der Hauptbahnhof. Bislang eher eine heruntergekommene Baracke mit Gleisanbindung in der Bronx der Stadt, soll der Bahnhof künftig Brennpunkt der Schanzer Eitelkeit werden und jedem Ankömmling und Vorbeireisenden zeigen: Ingolstadt kann auch Hochhäuser bauen, die sogar höher sind als das Münster. Denn jenes geplante Hochhaus dürfte im wahrsten Sinn des Wortes das herausragendste Merkmal des neuen Hauptbahnhofes werden.

Anstelle des bestehenden Bahnhofsgebäudes soll ein Neubau errichtet werden, der aus einem zweigeschossigem Sockelbau sowie einem darauf aufgesetzten Hochhausturm mit 15 weiteren Geschossen besteht. Unten in den Sockelgeschossen finden Reisezentrum, Verwaltungsräume der Deutschen Bahn und der Bundespolizei sowie diverse Einzelhandels-, Gastronomie- und Dienstleistungsangebote Platz. Im Hochhaus sind Büroräume unter anderem für das technische Rathaus geplant.

Gesten nun passierten die Pläne und zentnerweise Gutachten den Stadtentwicklungsausschuss. Und konnten sich vor Lobeshymnen kaum retten. „Ein Aushängeschild der Stadt“, befand Oberbürgermeister Scharpf, ein „Meilenstein“, mit dem Ingolstadt in neue Dimensionen vorstoße. „Endlich kriegen wir einen echt großstädtischen Bahnhof“, stimmte Manfred Schuhmann von der SPD ein. Na und Hans Achhammer von der CSU ließ sich immerhin zu einem euphorischen „Die Gestaltung passt“ hinreißen. Weil die Fassade müsse – was sie seiner Ansicht nach tut – „hergeben, was im Gebäude drin ist“. Das ist ja weiß Gott nicht immer so. Denn sonst müsste das Neue Rathaus ein Gefängnis beherbergen.

Nur wenige Wermutstropfen mischten sich in die Euphorie der gestrigen Sitzung, die die Planungen einstimmig passierten. Und das ist zum einen die Tatsache, dass das Vordach des neuen Bahnhofsgebäudes nicht mit dem der Bushaltestelle verbunden ist. Man muss, sollte man mit dem Bus in die Stadt fahren wollen, sieben Meter durch den strömenden Regen gehen, wenn er denn gerade strömt. Doch dieses Dilemma lasse sich, wie Stadtbaurätin Renate Preßlein-Lehle erläuterte, aufgrund des immensen Höhenunterschiedes der beiden Dächer nicht lösen.

Ein weiterer Diskussionspunkt war das zu erwartende Verkehrsaufkommen. Denn heute schon fahren um die 2650 Fahrzeuge auf der Straße zum Bahnhof und etwa 33 000 Autos täglich auf der Münchener Straße. „Der Verkehr macht uns Sorge“, meinte Hans Achhammer, der auch anmahnte, dass der Tunnel des Hauptbahnhofes unbedingt als Fahrradverbindung zu den östlichen Stadtteilen ertüchtig werden müsse.

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