Pfaffenhofener Taxiunternehmer wegen Betrugs vor Gericht

"Es mutet unseriös an"

20.09.2021 | Stand 20.09.2021, 18:03 Uhr
Das Landgericht in Ingolstadt −Foto: Stefan Eberl

Von Albert Herchenbach

Der Fall hatte vor zwei Jahren Schlagzeilen gemacht: Ein Taxiunternehmer aus dem Landkreis Pfaffenhofen hatte Fahrgästen für Krankenfahrten Rechnungen im fünfstelligen Bereich gestellt, die die Kassen nicht in voller Höhe übernehmen wollten. Die Staatsanwaltschaft klagte ihn wegen Betrugs an - aber die Verhandlung vor dem Pfaffenhofener Schöffengericht platzte.

"Es mutet unseriös an", erklärte Amtsrichterin Katharina Laudien, aber um die Anklage aufrecht zu erhalten, dafür "sieht es mau aus". Der Prozess wurde auf unbestimmte Zeit ausgesetzt, die Zeugen, die auf Krücken und im Rollstuhl auf ihre Vernehmung warteten, wurden wieder nach Hause geschickt.

Letztlich dreht es sich für Patienten um die Kernfrage: Wer zahlt für eine vom Arzt verordnete Leistung, wenn die Krankenkassen die Kosten nur zum Teil übernehmen wollen? Wer ist dann der Dumme? Der Patient? Oder der Leistungserbringer, der auf seinen Kosten sitzen bleibt? Im konkreten Fall ist das ein selbstständiger Taxiunternehmer aus dem Landkreis. Ihm unterstellt die Staatsanwaltschaft, Krankenfahrten zu weit überhöhten Preisen durchgeführt zu haben. Da geht es um Beträge von 8000, 12 000 und 34 000 Euro. Die kommen leicht zusammen, wenn etwa ein Patient regelmäßig, oft mehrmals die Woche, zur Behandlung gefahren werden muss, etwa in eine Spezialeinrichtung nach Murnau. Die Rechnung dafür hatte der Taxiunternehmer Georg T. (Name geändert) gesammelt den jeweiligen Kassen gestellt, die in den angeklagten Fällen nur einen Teil der Summe übernahmen. Den Restbetrag versuchte er deshalb von seinen Fahrgästen einzutreiben - erfolglos, weil die sich auf die ärztliche Verordnung beriefen. Auch eine gütliche Einigung, erklärt der Angeklagte, sei nicht zustande gekommen. Um eine Verjährung abzuwenden, hat er zum Teil zwei Jahre später Mahnbescheide verschickt. 

In einem der angeklagten Fälle hatte Georg T. einer Krankenkasse eine Rechnung in Höhe von 14 500 Euro eingereicht; die allerdings kürzte den Betrag um 6700 Euro. Bei seinem Fahrgast lief Georg T. wegen der ausstehen 7800 Euro vor die Wand. Um das Problem dem Gericht deutlich zu machen, hat er sich einen Verteidiger gesucht, der sich in der Thematik auskennt und auch schon vor dem Ingolstädter Landgericht und dem Münchener Sozialgericht gestritten hat.

Fakt ist: In Bayern, so der Verteidiger, gibt es keine Verordnung, die regelt, wie viel ein Taxiunternehmer für eine Krankenfahrt abrechnen darf. Es gibt keine Obergrenze. Es gibt auch keine Pflicht, dass ein Taxiunternehmer mit den Kassen Vereinbarungen trifft - bei gut 100 Assekuranzen ohnehin schwierig. Die Kassen können ganz individuell ihre Höchstgrenzen für die Kostenübernahme festsetzen. 

Entscheidend ist, welche Verordnung vorliegt - wahlweise für eine Taxi- oder Mietwagenfahrt. Bei Taxifahrten ist die Sachlage einfach: Da läuft der Taxameter, und bei Fahrtende steht der Preis auf der Uhr. Wie viel pro Kilometer abgerechnet werden darf, setzt beim Taxi das Landratsamt fest. Bei Mietwagenfahrten läuft auch eine Uhr, der Wegzähler. Das Kilometergeld kann der Fuhrunternehmer selbst bestimmen. Das liege schon deshalb höher, erklärt der Angeklagte, weil die Fahrten Restriktionen unterworfen sind. So darf er etwa auf der Rückfahrt keine anderen Fahrgäste mitnehmen. Außerdem unterliegen Mietwagenfahrten dem normalen Mehrwertsteuersatz von 19 Prozent, Taxifahrten schlagen aber nur mit sieben Prozent zu Buche. Und deshalb sei es auch nicht akzeptabel, dass das Landratsamt, das die Taxi-Konzessionen vergibt, ihm aufgetragen hatte, eine Krankenfahrt mit dem Mietwagen nach dem Taxitarif abzurechnen. Das hatte ein Fahrgast gefordert, der sich hilfesuchend an die Behörde gewandt hatte. 

Nach zwei Stunden Verhandlung zieht sich die Richterin mit ihren beiden Schöffen zur Beratung zurück. Hatte sie zu Verhandlungsbeginn noch den rechtlichen Hinweis gegeben, dass im Fall einer Verurteilung auch "gewerbsmäßiger Betrug" infrage kommen könnte (was sich deutlich strafverschärfend auswirkt), will sie jetzt neu verhandeln und Kassenvertreter als Zeugen laden. 

Georg T. hat daraus gelernt: In einem Rundscheiben hat er seinen Fahrgästen mitgeteilt, dass sie die Kosten, die ihre Kasse nicht erstattet, selbst übernehmen müssen. 

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