„Wir schlagen einen Bogen von der Pest zu Covid“

Das Stadttheater Ingolstadt plant seine Wiederöffnung - mit drei Freilichtbühnen und einem Patronuspfad

15.05.2021 | Stand 15.05.2021, 7:27 Uhr
Knut Weber −Foto: Hauser

Das Stadttheater Ingolstadt plant seine Wiederöffnung - mit drei Freilichtbühnen und einem Patronuspfad

Von Anja Witzke

Wann geht es wieder los mit Live-Kultur und Theater? "Wir hoffen, dass wir am Montag oder Dienstag die Genehmigung der Stadt bekommen, dass wir am 28. Mai unsere Sommerbühne vor dem Jedermann eröffnen dürfen", sagt Beate Langner vom Künstlerischen Betriebsbüro. Denn dort ist bis Ende Juli immer von Donnerstag bis Sonntag ein ambitioniertes Programm geplant - vor vermutlich 50 Zuschauern. Den Anfang soll Peter Reisser mit seinem Wiener-Lieder-Abend "Die Wöd steht auf kan Fall mehr lang! " machen. Geplant sind Lesungen und Musikprogramme vom gesamten Ensemble. Und an den Wochenenden spezielle Formate für Familien.

Am 5. Juni wird dann die neue Freilichtbühne im Reduit Tilly mit "It's not easy" eröffnet werden. So heißt der Titel eines Songs der britischen Band The Tiger Lillies, die zum Thema Covid zwei Alben veröffentlicht haben und dem Stadttheater Ingolstadt die Genehmigung erteilt haben, diese zu theatralisieren. "Der Song zieht sich als musikalisches Motiv durch den ganzen Abend", erklärt Knut Weber, der sich das Projekt ausgedacht hat. "Die Songs sind sehr unterschiedlich, zeigen eine große emotionale Spannweite, sind wütend, traurig, melancholisch. Wir haben als dramaturgischen Faden Edgar Allan Poes Erzählung ,König Pest' dazu genommen und andere Erzählungen hineingewoben. " Der Abend handelt von zwei betrunkenen Seeleuten, die die Zeche prellen und vor der Wirtin in den abgesperrten Pestbezirk Londons fliehen. Dort verirren sie sich und landen im Weinkeller eines Bestattungsunternehmers, wo sie auf sechs angetrunkene Pestkranke treffen. "In diesem skurrilen Ambiente finden diese Songs statt. Da vermischen sich Gegenwart und Vergangenheit. Und wir schlagen einen Bogen von der Pest zu Covid, weil sich die Verhaltensweisen der Menschen auf verblüffende Art und Weise ähneln", sagt Knut Weber. "Die Decke der Zivilisation ist dann doch sehr dünn. Wir haben die Figur der Zeitreisenden eingeführt, gespielt von Victoria Voss, die durch die Geschichte führt. "

Am Ende wird man im ganzen Raum des Reduit Tilly Figuren von fünf Ausstatterinnen sehen, die ursprünglich mal für die Zugfahrt durch das Altmühltal geschaffen wurden. Diese Figuren stehen in Zusammenhang mit dem Text "Unruhig bleiben" von Donna Haraway, die eine Welt in Auflösung beschreibt und Wege aufzeigt, wie man aus dieser Krise herauskommt.

Beginn ist um 20.30 Uhr, Einlass ist eine Stunde vorher, Getränke dürfen mitgebracht werden. Neben dem Ticket, das man vorab besorgen muss (keine Abendkasse), benötigt jeder Zuschauer einen aktuellen, negativen Test oder einen Nachweis, dass man bereits zweimal gegen Covid-19 geimpft ist. Geplant ist, dass das Testzentrum im Stadttheater an Vorstellungstagen länger als 18 Uhr geöffnet bleibt, damit sich das Publikum auch dort noch testen lassen kann.

"Es gibt einfach sehr viele Ding zu beachten", sagt Beate Langner. Das Sicherheitskonzept betrifft nicht nur die Einlass- und Toilettensituation, sondern auch wer wo zusammensitzen darf, ob man am Platz Maske tragen muss und ob es Bewirtung gibt. "Wir wissen ja noch nicht, vor wie vielen Zuschauern wir spielen dürfen. Geplant sind momentan im Reduit Tilly und im Turm Baur jeweils 250." Am 19. Juni soll dann im Turm Baur "Der kleine Horrorladen" über die Bühne gehen. Regisseur Philipp Moschitz hat den herrlich schrägen Saisonhit von 2019 für die Freilichtbühne uminszeniert.

Im Juni soll auch Mareike Mikats Stückentwicklung "Patronus" Premiere feiern. "Wir haben versucht ein pandemisches Format zu entwickeln, um das Publikum und uns zu schützen", erklärt die Oberspielleiterin. ",Patronus' ist der Versuch einer Gegenwartsbegehung und beschäftigt sich mit dem Diskurs der Krisenbewältigung. " Die Regisseurin schickt mit Sarah Schulze-Tenberge, Philip Lemke und Martin Valdeig drei Protagonisten mit verschiedenen Gedankenströmen auf den Weg, die ein bisschen die gesellschaftliche Spaltung wiedergeben, die man in diesen Zeiten erlebt. Die drei Schauspieler schlüpfen in die Rollen von Haria, die sich erleuchtet fühlt, seit sie eine tiefe Krise überwunden hat, von Jude, dem Humanisten und Menschenfreund, und Joker, der aus Frustration auf einem Radikalisierungstrip ist. Die Zuschauer begleiten die Figuren auf ihren unterschiedlichen "Patronuspfaden" durch die Stadt und treffen sich schließlich zum Finale wieder auf dem Theaterplatz. Etwa 90 Minuten dauert das "assoziative" Stück, bei dem man gut zu Fuß sein sollte. Karten für die geplanten Vorstellungen gibt es im Lauf der nächsten Wochen.