Wenn Markus Meyer den Oberbürgermeister „abmeyert"

Von dem Wunsch nach einer Streitkultur im Stadtrat und dem, dass endlich was passiert bei der Haushaltskonsolidierung

25.06.2021 | Stand 25.06.2021, 10:17 Uhr
Markus Meyer −Foto: Screenshot

Von dem Wunsch nach einer Streitkultur im Stadtrat und dem, dass endlich was passiert bei der Haushaltskonsolidierung

Von Michael Schmatloch

Wenn es um Geld geht, hört die Freundschaft auf. An diesen Spruch wird wohl noch so mancher Stadtrat denken, wenn es demnächst ans Eingemachte geht, an die Vorschläge und Ideen aus dem Konsolidierungsrat, wie denn nun die Einnahmesituation der Stadt verbessert und auch die Ausgaben in den Griff zu bekommen sind. Dass die Stadt sich angesichts drohender Verschuldungen im dreistelligen Millionenbereich allmählich Gedanken machen muss, ist jedem klar und mehr als überfällig. Über das „Wie“ indes wird wohl ein veritabler Streit ausbrechen.

Um einen gemeinsamen Weg aus der finanziellen Krise zu finden, braucht es Mut und Entschlossenheit. Genau die hat JU-Stadtrat Markus Meyer in den letzten Wochen schmerzlich vermisst. Und das tat er in der jüngsten Stadtratssitzung auch wortreich kund, als er Oberbürgermeister Christian Scharpf aus heiterem Himmel mal eben so richtig rund machte. Oder eben – wie der Name nahelegt – „abmeyerte“.

Es fehle an einer seriösen Streitkultur, daran, dass man dem anderen auch mal lautere Absichten zubillige und sich, wie es Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier formulierte, nicht immer mit Samthandschuhen anfasst.

All das vermisst Markus Meyer im Schanzer Stadtrat, den Mut zu unpopulären Entscheidungen, der im Ruf nach Steuererhöhungen untergehe. Und besonders vermisst er die Gelassenheit im Umgang mit Kritik gerade beim Oberbürgermeister. Der solle die Kritik an seiner Amtsführung nicht als Angriff auf seine Person wahrnehmen, sondern als das, was sie ist, ein Appell. Statt immer nur zu recherchieren, wie die haushaltspolitischen Entscheidungen von 20 Jahren ausgesehen haben, wäre Scharpf laut Meyer besser bedient, die dringlichen Aufgaben anzugehen.

Explizit ging Meyer auf Facebook-Kommentare aus dem sogenannten Stab des OB ein, in denen – auf Markus Meyer und seine politischen Mitstreiter bezogen – von Fouls und rhetorischer Aufrüstung die Rede ist, davon, dass mit ihrer Hilfe Populisten und Demokratieverächtern der Weg bereitet werde. Und dass es eine ganze Generation nur noch ankotze. „Das grenzt schon fast an Hetzte“, meinte Meyer bezogen auf den Kommentar eines engen OB-Mitarbeiters, der sicher auch nicht die hellste Kerze auf dem Kuchen ist.

„Es wäre ihre Aufgabe, die Sparvorschläge aus der Verwaltung „solide einzureichen“. Es brauche von Seiten des OB halt Entscheidungen, aber „bei der Haushaltskonsolidierung sind wir wenig weiter“ als vor einem halben Jahr. „Wir haben schon zu viel Zeit verloren, bitte packen Sie das jetzt an!“

„Ich bin durchaus angefressen“, meinte OB Scharpf auf die Kritik von Markus Meyer. Und schließlich sei er im Gegensatz zu Meyers Einschätzung „die Gelassenheit in Person“. Es sei aber auch klar, dass er das alles nicht auf sich sitzen lasse, meinte die Gelassenheit in Person, was nebenbei bemerkt eine recht singuläre Meinung zu sein scheint. Denn viele Stadträte wollen bei Scharpf eine signifikante Dünnhäutigkeit ausgemacht haben. Eine Einschätzung, der man sich nicht so ohne weiteres entziehen kann.

Aber egal, ob nun die gefühlte Gelassenheit in Person oder eben doch beleidigte Leberwurst, wie man in Bayern sagt. Meyers Ausführungen wie auch schon die gemeinsam mit FDP, FW du CSU formulierte Presseerklärung, die sich vehement gegen die Bürger belastenden Steuererhöhungen aussprach, findet Scharpf „unmöglich und einfach daneben.“

„Ich dachte, ich bin im falschen Film“, meinte Scharpf und gab das Ergebnis seiner Recherchen preis, denen zufolge bei der letzten, damals von der CSU verantworteten städtischen Konsolidierung, 80 Prozent Steuererhöhungen waren. Bis hin zu Hundesteuer. „Stellen doch mal Anträge, die Einsparungen beinhalten. Ich habe noch keinen einzigen brauchbaren Vorschlag gehört. Und reden‘s ned nur“, gab der OB Kontra.

Es bleibt spannend, was bis Ende Juli aus der angemahnten Streitkultur wird. Denn dann sollen laut OB die Sparvorschläge aus dem Konsolidierungsrat dem Stadtrat präsentiert werden. Und weil sich an der Einstellung zu den offenbar geplanten Steuererhöhungen bei den Parteien, die ihre Kritik daran schon kundgetan haben, kaum etwas ändern wird, ist Streit vorprogrammiert. Es sei denn, der von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier definierte „Wunsch, zu überzeugen und sich überzeugen zu lassen“ als Merkmal einer gesunden Streitkultur hat sich bis dahin auch bis Ingolstadt durchgesprochen. Davon indes ist nicht auszugehen.