Trinkwasser kann eitrige Entzündungen auslösen

Gesundheitsamt Neuburg erlässt sofortiges Abkochgebot für rund 26 000 Bürger

21.07.2021 | Stand 21.07.2021, 18:38 Uhr
Wasser −Foto: Lupo / pixelio.de

Gesundheitsamt Neuburg erlässt sofortiges Abkochgebot für rund 26 000 Bürger

Von Luisa Riß

Bei Netzproben der Wasserabteilung sind an mehreren Stellen im Trinkwassernetz der Stadtwerke Neuburg Bakterien festgestellt worden, die möglicherweise Krankheiten auslösen können. Das haben die Stadt und die Stadtwerke am Mittwochvormittag bekanntgegeben. Daher hat das Gesundheitsamt Neuburg-Schrobenhausen ein sofortiges Abkochgebot für rund 26 000 Bürger angeordnet.

Betroffen ist die Wasserversorgung aus dem Versorgungsgebiet Sehensander Forst. Dies umfasst die Kernstadt sowie die Gemeinde Oberhausen. Ausgenommen sind Teile von Heinrichsheim, gesamt Fleischnershausen, Zell, Bruck, Maxweiler, Marienheim und Rödenhof, die von der Arnbachgruppe versorgt werden. Ebenfalls nicht betroffen ist das Versorgungsgebiet der Stadtwerke in Bittenbrunn mit den Ortsteilen Bittenbrunn, Laisacker und Gietlhausen sowie Bergen, das von der Heimberggruppe versorgt wird.

In Joshofen sind die Anwohner betroffen, die ihr Wasser von den Stadtwerken beziehen, in Ballersdorf (Gemeinde Rohrenfels) ist es nur ein Straßenzug.

Wie Gesundheitsamtsleiter Johannes Donhauser am Mittwochmittag erklärte, ist in dem Brunnen der Keim Pseudomonas aeruginosa festgestellt worden. Dieser steht im Verdacht bei Immungeschwächten oder chronisch Kranken, Säuglingen und Senioren sowie bei einer gestörten Haut- oder Schleimhautbarriere eitrige Entzündungen auszulösen. Durchfallerkrankungen sind davon ausdrücklich ausgenommen. Die betroffenen Bürger sind dazu angehalten, jegliches Wasser für den menschlichen Gebrauch für fünf bis sieben Tage abzukochen. Donhauser empfiehlt zehn Minuten sprudelndes Kochen und anschließendes Abkühlen. Vom Duschen, Waschen oder Zähneputzen mit dem verunreinigten Wasser wird dringend abgeraten. "Es gibt keine Ausnahmen und auch keine Alternativen zum Abkochen", stellt Donhauser klar.

Am Donnerstagmittag wird mit der Chlorung des Wassers, also der Desinfektion des Versorgungssystems, begonnen. "Mit dem Abkochen kann die Zeit überbrückt werden, bis die Chlorzusetzung auch an den ungünstigsten Endstellen angekommen ist", erklärt Donhauser. Bis die Mindestkonzentration überall erreicht sei, werde es engmaschige Kontrollen geben, damit auch die vorgegebenen Werte eingehalten werden. Wie lange die Chlorung letztlich dauert, sei auch vom Abnahmeverhalten, der Fließgeschwindigkeit und der Durchsetzung abhängig. Fakt ist jedenfalls: Eine Aufhebung des Gebots wird es erst geben, wenn die Desinfektionsleistung erreicht ist.

Wie die Bakterien genau in das Wasser gelangt sind, ist bislang noch unklar. An der Ursachenforschung arbeiten Stadtwerke und Gesundheitsamt aber intensiv. "In der letzten Woche sind die Keime an einer Stelle festgestellt worden", erinnert sich Donhauser. "Anfangs ist man da nicht aufgeregt, weil dies gelegentlich im Zuge von Baumaßnahmen vorkommt." Am Montag haben schließlich anlassbezogene Beprobungen an zehn Stellen verteilt am Brunnen Sehensander Forst stattgefunden. Neun Ergebnisse fielen am Mittwochmorgen positiv aus und haben Konzentrationen zwischen eins und sechs der keimbildenden Einheit pro Milliliter ergeben. Auch der Hochbehälter mit den beiden Kammern wurde untersucht, dort wurde allerdings nichts gefunden. Der anfängliche Verdacht, dass beispielsweise an einer Baustelle durch ein unsauber gesetztes Standrohr Verunreinigungen ins Wassersystem geraten sind, zerschlug sich, weil sich die Bakterien derartig im gesamten Netz verteilt haben.

Der Gesundheitsamtsleiter spricht von einem "menschlichen Fehler", der bei Maßnahmen oder Installationen direkt am System, als dieses kurzzeitig offen war, passiert sein könnte. "Dass es aus dem Tiefbrunnen selbst kommt, ist nahezu unvorstellbar. Es muss eher oberirdisch durch menschliche Hand passiert sein." Zuletzt hat es einen derartigen Vorfall im September 2017 gegeben, als Fäkalbakterien im Neuburger Trinkwasser entdeckt wurden. Auch damals wurde ein Abkochgebot für rund eine Woche ausgesprochen.

Das Gesundheitsamt weist mit Nachdruck darauf hin, dass auch lebensmittelverarbeitende Unternehmen, wie Bäckereien, Metzgereien, Brauereien und Gaststätten, strikt an das Abkochgebot gebunden sind. Laut Stadtwerke-Chef Richard Kuttenreich sind seine Mitarbeiter derzeit damit beschäftigt, sämtliche betroffene Einrichtungen zu informieren. Dazu gehören unter anderem Pflegeheime, das Krankenhaus aber auch Firmen, die beispielsweise Lebensmittel produzieren, oder Arztpraxen. Eine gute Nachricht gibt es - auch angesichts der derzeitig sommerlichen Temperaturen - wohl trotzdem: Das Brandlbad hat weiterhin geöffnet, in den Becken ist die Chlorung um eine Stufe erhöht worden, lediglich die gesamten Duschen auf dem Gelände sind außer Betrieb.

Die Stadtwerke sind telefonisch unter (08431) 5090 für alle Fragen zur öffentlichen Betroffenheit zu erreichen. An diesem Donnerstag, ist die Hotline durchgehend von 8 bis 17 Uhr besetzt, am Freitag von 8 bis 12 Uhr und ab Montag von 8 bis 12 Uhr sowie von 14 bis 16 Uhr.