Unterwegs im Raum Neuburg und Eichstätt
Traumberuf Schäfer: Selbst im Winter ist Lukas Baumann auf der Weide

05.12.2021 | Stand 05.12.2021, 9:32 Uhr

Kaum zeigen sich die ersten Sonnenstrahlen, ist Lukas Baumann bei seinen Schafen auf der Weide, wie hier bei Joshofen. Foto: Richter

Von Horst Richter

Einen Laptop besitzt er nicht, nicht mal einen Fernseher. „Unter Protest“, so erzählt Lukas Baumann, hat er sich wenigstens zu einem Mobiltelefon überreden lassen, weil seine Mutter und seine Schwester es wollten. Dort, wo der 24-Jährige sich den ganzen Tag über aufhält, braucht er den elektronischen Krimskrams gar nicht – nur das Handy ist mitunter doch ganz praktisch. Der junge Mann ist Wanderschäfer, ein Beruf, den heute kaum noch einer ausüben möchte. Für ihn ist es ein Traum. „Draußen zu sein mit den Tieren und in der Natur, diese Ruhe, das ist das Schönste“, versichert er.

Lukas Baumann ist in Tauberfeld und Buxheim (Kreis Eichstätt) aufgewachsen, später zog seine Familie ins mittelfränkische Solnhofen. Er lernte erst Metzger und dann Schäfer, wie der Vater. Lukas mag die frische Luft, selbst im kalten Dezember. Da hält er es wie seine 250 Schafe: „Sie fühlen sich zwischen null und zehn Grad am wohlsten“, sagt er. In diesen Tagen befinden sich seine Tiere auf einer Wiese westlich von Joshofen bei Neuburg. Die Landschaft gibt wohl noch bis Mitte Januar Futter her, sollte keine geschlossene Schneedecke liegen.

In der wärmeren Jahreszeit war der junge Wanderschäfer oft an den Donaudämmen bei Ingolstadt-Gerolfing und Neuburg zu sehen, seine Schafe sollten das Gras am Deich kurz halten. In Ingolstadt war dieses Projekt vor drei Jahren über die Stadt, die Donau-Wasserkraft AG und das Wasserwirtschaftsamt gestartet worden. „Aber die wollen das nicht mehr, heuer war das letzte Mal“, erzählt der 24-Jährige. „Das soll jetzt maschinell gemacht werden.“

Das bringt durchaus Probleme mit sich, denn die Landschaftspflege mit seiner Herde ist neben dem Lammfleischverkauf die Haupteinnahmequelle für Lukas Baumann. Er sucht jetzt andere Aufträge. „Vielleicht finde ich jemanden mit einem großen Solarpark, der meine Dienste brauchen kann. Aber das ist nicht so einfach.“ Für die Wolle ist kaum etwas zu bekommen, die Corona-Pandemie hat die ohnehin schlechten Preise weiter gedrückt. „Da ist gerade mal der Scherer bezahlt.“ Kommen keine Ersatzaufträge herein, muss der junge Schäfer sich von einem guten Teil seiner Herde trennen. Er mag gar nicht daran denken.

Seit September steht Baumann jetzt beim Schernfelder Großschäfer Alfred Eichhorn in Lohn und Brot. Daneben kümmert er sich weiter um seine eigenen Tiere, am Gut Rohrenfeld östlich von Neuburg hat er einen Stall gepachtet. Dort steht ein Wohnwagen, seine Unterkunft, wenn er nicht in Solnhofen ist. Abends, nach einem langen Tag, macht er sich hier etwas zu essen, hört noch etwas Radio und fällt dann meistens früh ins Bett. Nachts steht er mehrfach auf, ab Dezember beginnen die nun hochträchtigen Muttertiere zu lammen. Rund 100 Geburten stehen bis Weihnachten an. „Das klappt zwar meistens problemlos, aber ich schau trotzdem immer wieder nach“, sagt der Schäfer.

Das Wohl seiner Herde liegt ihm sehr am Herzen. „Wenn ich draußen auf der Weide stehe, meinen die Leute oft, ich hab’ nichts zu tun. Aber es ist immer was los, jeder Tag ist anders“, erzählt Lukas Baumann. Die Tiere müssen weitergetrieben oder der mobile Zaun versetzt werden. Oft ist er am Schloss Grünau bei Neuburg zu sehen, und er mag es, mit Spaziergängern zu ratschen. Die Mutterschafe sind diese Woche von Joshofen aufs Gut gekommen, da sind sie geschützter.

Baumanns Blick ist stets hellwach. Sind auch alle Schafe gesund? „Das siehst du sofort, wenn eines krank ist. Es schaut dann traurig aus und lässt Kopf und Ohren hängen.“ Daneben hat er einige Geißen und vier Hütehunde, sie heißen „Anna“, „Hexi“, „Kira“ und „Trixi“. Das Thema Wolf will er nicht zu hoch hängen. „Das ist auch nur eine Kreatur. Solange er mich in Ruhe lässt, ist er mir egal.“

Eine Partnerschaft einzugehen, ist in dem zeitraubenden Beruf schwer. Aber Lukas kann damit leben, weil er die Schäferei liebt. Auch damit, dass es keinen Urlaub gibt. „Ich brauche das nicht“, sagt er. Nur einmal, er mag zwölf gewesen sein, war er mit den Eltern in den Ferien im Bayerischen Wald. „Ich war froh, als die Woche rum und ich wieder daheim war. Unsere Heimat ist so schön!“