Tödliche Schüsse in der Ettinger Straße: Prozess gestartet

23.02.2021 | Stand 23.02.2021, 11:22 Uhr
Am 19. Juni 2020 fielen hier, in der Ettinger Straße in Ingolstadt, tödliche Schüsse - ein 50-Jähriger ist dabei ums Leben gekommen. −Foto: Bernd Limmer

Angeklagter spricht von „durchgebrannten Sicherungen“

(ty) Mit kleiner Verzögerung hat vor dem Ingolstädter Landgericht am Dienstagmorgen im zweiten Anlauf der Mordprozess gegen einen 38-jährigen Türken begonnen, der am 19. Juni vorigen Jahres in einem Internetlokal an der Ettinger Straße in Ingolstadt einen 50-jährigen Landsmann erschossen haben soll.

Die Tat soll aus gekränkter Ehre aufgrund einer vorausgegangenen handgreiflichen Auseinandersetzung mit dem Opfer geschehen sein. Die Staatsanwaltschaft sieht deshalb niedere Beweggründe als Tatmotiv und eine heimtückische Vorgehensweise gegenüber dem arglosen Opfer. Der Angeklagte hat mit einer zwiespältigen Einlassung auf die Verlesung der Anklageschrift reagiert. Er selbst nannte die Vorwürfe falsch; sie seien „nicht zu beweisen“, während er selbst noch Beweise für seine Sicht der Dinge beibringen werde. In einer von Pflichtverteidiger Jörg Gragert verlesenen Erklärung hieß es, die Schüsse auf den anderen Mann seien nicht geplant gewesen. Es sei vielmehr eine spontane Reaktion gewesen, weil er den vormaligen Kontrahenten zufällig in dem Lokal erkannt habe und ihm dann „die Sicherungen durchgebrannt“ seien.

Einen Rückblick der Ereignisse sehen Sie auch hier im Video:

Der Erklärung zufolge soll das spätere Opfer den Angeklagten bei der früheren Auseinandersetzung mit einem Messer bedroht und seine Mutter wie auch seine Ehefrau schwer beleidigt haben. Am Tatabend will der heute 38-Jährige das fragliche Lokal an der Ettinger Straße nur wegen eines Toilettengangs betreten und dann den Kontrahenten spontan entdeckt haben. Die Pistole, mit der er den Mann nach bisherigen Erkenntnissen der Ermittler wohl unzweifelhaft erschossen hat („Ich erinnere mich nur an den letzten Schuss“) will der Mann nur bei sich geführt haben, weil er sich seit der vorigen Auseinandersetzung vor seinem Landsmann gefürchtet habe. Laut Anklage sind vier Schüsse aus einer Pistole vom Typ Ceska auf das Opfer abgegeben worden, wobei eine Kugel zunächst in die rechte Schulter eingedrungen und dann die Halsschlagader zerfetzt haben soll, so dass der Mann binnen weniger Minuten verblutete.

Wie Landgerichtsvizepräsident Konrad Kliegl als Vorsitzender der 1. Strafkammer erklärte, soll laut gerichtsmedizinischem Gutachten keiner der Schüsse frontal von vorne abgegeben worden sein. Das Schwurgericht hat sich eingangs der Beweisaufnahme vor allem mit dem Tatort beschäftigt und mehrere Fotos aus dem Internetcafe angeschaut. Den bisherigen Erkenntnissen nach hatte das Opfer als Gast an einem Tisch gesessen. Ein Zeuge soll dem Schützen in den Arm gegriffen haben, um ihn zu stoppen.

Der Todesschütze sitzt seit Juni vergangenen Jahres in Untersuchungshaft. Er hatte sich noch am Tatort widerstandslos festnehmen lassen. bereits einmal verschoben werden. Für das Gerichtsverfahren sind neun Verhandlungstage angesetzt. Nächster Verhandlungstag ist der 2. März, ein Urteil wird Ende März erwartet.