Kapitän und Identifikationsfigur
Tobias Schröck über seinen bitteren FCI-Abschied und ein mögliches Karriereende

16.10.2024 | Stand 18.10.2024, 11:13 Uhr |

Emotionaler Abschied im Mai: Nach dem Ende des Spiels gegen den VfB Lübeck, einer an ihn gerichteten Choreografie und insgesamt 135 Partien im Trikot des FC Ingolstadt übermannen Tobias Schröck die Gefühle (mit Sohn Lio). Foto: Bösl

Nach sieben Jahren erhält Tobias Schröck im Sommer 2024 keinen weiteren Vertrag beim FC Ingolstadt. Einen neuen Verein hat der 31-Jährige bislang noch nicht gefunden. Die langjährige Schanzer Identifikationsfigur verrät unserer Zeitung, wann er ein vorzeitiges Karriereende in Betracht zieht und warum er seit Mai nicht mehr im Audi-Sportpark war.

  

Wenn Tobias Schröck über seinen Abschied vom FC Ingolstadt spricht, scheint es, als ob zwei Herzen in seiner Brust schlagen. Auf der einen Seite das pochende, voller Stolz über das für die Schanzer Geleistete (135 Partien, sechs Tore, vier Vorlagen); auf der anderen Seite das schwere, von Schmerz erfüllte. Für den Mühldorfer steht fest: „Ich wäre gerne dageblieben. Es war ein harter Schritt für mich, ich hätte meine Karriere hier gerne beendet.“ Doch der FCI hat andere Pläne und lässt den Vertrag des 31-Jährigen im Juni auslaufen. Weil sich die Suche nach einem neuen Klub so kompliziert gestaltet, schließt der Ex-Kapitän der Schanzer eine folgenschwere Entscheidung in diesem Winter nicht mehr aus.

Schöne Zeiten und schwerer Abschied



Als Schröck im Sommer 2017 von den Würzburger Kickers an die Donau wechselt, denkt er selbst nicht daran, dass er das FCI-Trikot so lange überstreifen würde. „Ich bin sehr glücklich, sieben Jahre für Ingolstadt aufgelaufen zu sein“, merkt er an – und man merkt es ihm an. Neben dem Aufstieg in die 2. Bundesliga 2021 stuft er seine Ernennung zum Kapitän für die Saison 2022/23 als Highlight ein: „Das war eine große Bestätigung für mich.“

In Erinnerung bleibt ihm auch „die Bindung, die ich vor allem zu den Fans auf der Südtribüne aufgebaut habe. Für mich war wichtig, dass die Leute es so aufgenommen haben, dass ich immer alles für den FC Ingolstadt gegeben habe.“ Bei seinem emotionalen und tränenreichen Abschied gegen den VfB Lübeck wird er mit einer Choreografie und Sprechchören gefeiert. Schröck entert den Fanblock und schlüpft in die Rolle des Vorsängers. „Meine Erwartungen sind absolut übertroffen worden. Das war schon heftig“, blickt er zurück.

Familienleben und Fithalten



Kontakt zur aktuellen Mannschaft habe er nur „sehr wenig“. Verhältnismäßig rege ist noch der Austausch mit Pascal Testroet und Maximilian Dittgen. Schröck weiß das realistisch einzuschätzen: „Als Profimannschaft lebst du so ein bisschen wie in einer Blase. Wenn man nicht mehr die gleichen Abläufe hat, kann der tägliche Austausch auch gar nicht mehr so da sein.“ Dass die Verbindung etwas abgerissen ist, liegt aber auch an ihm selbst.

Schröck erklärt: „Ich wollte auch für mich den Cut machen und mich damit abfinden, dass ich nicht mehr bei den Schanzern bin.“ Bei einem Spiel der FCI-Profis ist er seither nicht gewesen. „Das ist emotional schwierig für mich“, bekundet Schröck. Der Abschied fällt ihm schon schwer genug – noch heute. Für Ablenkung sorgt seine Familie um Ehefrau Selina und die Söhne Lio (3 Jahre) und Noa (vier Monate), mit der Schröck in Etting wohnt. „Wir fühlen uns hier verwurzelt und haben Freunde gefunden“, sagt er. Nach über einer Dekade als Profi („Man stellt vieles hinten an, weil man weiß, dass ein Training oder ein Spiel ansteht. Es ist jetzt fast wie ein anderes Leben“) genießt der Innenverteidiger die Zeit mit seinen Liebsten – aber: Schröck zieht es auch zurück auf den Fußballplatz. Und dafür hält er sich fit. Wenn er Lio in den Kindergarten gebracht hat, steht Fitnesstraining auf dem Programm, nachmittags noch eine Laufeinheit. „Mannschaftstraining ersetzt das nicht“, weiß Schröck, „und das fehlt mir. Auch der Umgang mit den Jungs in der Kabine.“ Seit einigen Tagen trainiert Schröck mit der Zweiten Mannschaft der Schanzer. Ein Aufwärtstrend, aber keine Dauerlösung.

Karriereende als Damoklesschwert



Einen neuen Verein zu finden, ist für Schröck „sicherlich auch wegen meiner Verletzungshistorie schwierig“. Lose Anfragen, aber auch Angebote gibt es trotzdem – und dennoch „war noch nicht das Richtige dabei. Der Verein, der passt. Wo wir sagen: Da sehen wir uns als Familie.“ Eine bestimmte Liga haben die Schröcks dabei nicht im Blick. Der zweifache Papa Tobias muss den Spagat zwischen Fußballer und Familienmensch finden. Dass er nicht mehr ewig spielen wird, weiß er: „Es geht darum, nach meinem nächsten Vertrag nicht in der Luft zu hängen.“

Deshalb hatte er gehofft, im Sommer bei einer U 21 eines Bundesligisten unterkommen und nebenher einen Trainerschein machen zu können. „Fußball ist meine größte Leidenschaft und Qualität. Ich will nicht mit 31 oder 32 Jahren aufhören, ich fühle mich körperlich super“, sagt Schröck und ist überzeugt, gerade den jungen Spielern noch einiges mitgeben zu können. Bis Winter wollen Selina und er noch abwarten. Tut sich bis dahin kein neuer Klub auf, steht auch ein Karriereende im Raum „Gezwungenermaßen“, wie Schröck zugibt. „Priorität hat ganz klar das Weiterspielen. Es wäre ein harter Schritt aufzuhören.“