Tatvorwurf: 80-Jährige Ingolstädterin aus Habgier ermordet

Gewaltsamer Tod einer Rentnerin aus Haunwöhr – Angeklagter Bauhelfer will es nicht gewesen sein

11.08.2020 | Stand 11.08.2020, 20:25 Uhr
Tatvorwurf: 80-Jährige Ingolstädterin aus Habgier ermordet
Der 27 Jahre alte Angeklagte im Ingolstädter Mordprozess. −Foto: Hammer

Gewaltsamer Tod einer Rentnerin aus Haunwöhr – Angeklagter Bauhelfer will es nicht gewesen sein

(ty) Mord aus Habgier – das wirft die Staatsanwaltschaft dem 27-jährigen Mann vor, der sich seit Dienstagmorgen vor der 1. Strafkammer des Ingolstädter Landgerichts verantworten muss. Der aus Brasilien stammende Bauhelfer soll am 11. November vorigen Jahres eine 80-jährige Witwe aus dem Ortsteil Haunwöhr in deren Haus brutal getötet haben, um sich in Besitz von Wertsachen der Frau zu bringen.

Der Angeklagte, der seit dem 16. November vorigen Jahres in Untersuchungshaft sitzt, hat über seinen Verteidiger Stefan Roeder erklären lassen, dass er die Frau nicht getötet habe. Weitere Angaben sollen dem Rechtsanwalt zufolge erst einmal nicht gemacht werden. Der junge Mann – mittelgroß, schlank, mit nackenlangem dunklem Haar und Stirnband, Typ Sunnyboy – verfolgte die Zeugenaussagen am ersten Verhandlungstag ruhig und geradezu gelassen.Die Gewalttat im Ingolstädter Südwesten war erst zwei Tage später entdeckt worden, nachdem sich eine Verwandte der Rentnerin und eine Haushaltshilfe Sorgen um den Verbleib der älteren Dame gemacht und Alarm geschlagen hatten. Rettungskräfte des BRK und Polizisten hatten die Frau, nachdem die Feuerwehr die verschlossene Eingangstür gewaltsam geöffnet (und dafür wegen der robusten Konstruktion eine gute Stunde benötigt hatte), mit schweren, durch stumpfe Gewalt hervorgerufenen Verletzungen tot im Keller des Einfamilienhauses aufgefunden. Die Hände des Opfers waren mit Klebeband auf dem Rücken gefesselt gewesen. Einbruchsspuren hatten sich im und am Haus nicht entdecken lassen.

Wie jetzt durch die Anklageschrift der Staatsanwaltschaft bekannt geworden ist, war das Opfer auch gewürgt worden - offenbar so stark, dass ein Halswirbel gebrochen war. Der mutmaßliche Täter soll der Rentnerin zudem eine Plastiktüte über den Kopf gezogen und mit Klebeband am Hals befestigt haben, so dass sie offenbar letztlich erstickt ist. Die Staatsanwaltschaft geht davon aus, dass der Angeklagte zur Tatzeit voll einsichts- und steuerungsfähig war.Die grausame Tat soll der junge Mann nach den Ermittlungen von Polizei und Strafverfolgungsbehörde geplant haben, um sich in Besitz von Wertgegenständen aus dem Haus des Opfers zu bringen. Die Ermittler gehen davon aus, dass er sich am Tattag spät abends Zutritt zum Haus der Witwe verschafft hat – wie genau, das bleibt vorerst offen. Der Anklageschrift zufolge soll er später zwei Schmuckschatullen mit Inhalt entwendet und zum Abtransport zwei Hartschalenkoffer des Opfers benutzt haben. Ob die Frau den Täter arglos eingelassen haben oder bei seinem Diebstahl überrascht haben könnte, bleibt fraglich. Die Haushaltshelferin, die auch den Notruf abgesetzt hatte, schilderte die Rentnerin vor Gericht als eher misstrauischen und vorsichtigen Menschen. „Auf keinen Fall“ so ihre Aussage, hätte die 80-Jährige, die nach einem Krankenhausaufenthalt körperlich etwas angeschlagen, geistig aber „topfit“ gewesen sein soll, einfach so einen Fremden in ihr Haus gelassen.Durch das Schweigen des 27-Jährigen auf der Anklagebank - er wird Ende des Monats 28 - deutet derzeit alles auf einen Indizienprozess hin. Die Spurensicherung der Ingolstädter Kripo hatte sich am Tatort jedes Detail angeschaut und akribisch dokumentiert. „Diese Bilder werden uns noch intensiv beschäftigen“, meldete Landgerichtsvizepräsident Konrad Kliegl als Vorsitzender des Schwurgerichts am Dienstag bereits eine ebenso peinlich genaue Beweisaufnahme an. Unter anderem dürfte es dabei auch um einen blutigen Schuhabdruck gehen, der im Keller entdeckt worden war. Die Wohnräume der Rentnerin hatten auf die Ermittler einen recht aufgeräumten Eindruck gemacht – gar nicht so, als ob sie durchsucht oder gar durchwühlt worden wären.Die Ermittlungsarbeit der Polizei hatte im November offensichtlich recht schnell auf die Fährte des jetzigen Angeklagten geführt, der seinerzeit bei seiner Schwester in einer Gemeinde im südlichen Landkreis Eichstätt gewohnt hatte. Dort war er auch festgenommen worden. Der fließend Deutsch sprechende junge Mann lebt nach DK-Informationen bereits seit 2003 in der Bundesrepublik. Sein Lebenslauf wird erst zu einem späteren Zeitpunkt im Prozess zur Sprache kommen.Der Sohn der getöteten Frau tritt als Nebenkläger auf. Vom Gericht, das vorläufig neun Verhandlungstage angesetzt hat, sind vier Sachverständige für die Beweisaufnahme aufgeboten worden. Die Verhandlung soll am Dienstag nächster Woche fortgesetzt werden.