Ermittlungen eingestellt
Stich mit Pinn-Nadel in den Oberarm: AfD-Chef Chrupalla fordert Akteneinsicht

20.12.2023 | Stand 22.12.2023, 9:50 Uhr

Mit dem Rettungswagen war AfD-Chef Tino Chrupalla bei einer Veranstaltung in Ingolstadt ins Klinikum gebracht worden. Fotos: Vogl/Pehl

Ein Anschlag, wie AfD-Chef Tino Chrupalla vermutete, war es wohl nicht. Die Staatsanwaltschaft Ingolstadt hat die Ermittlungen eingestellt. Der AfD-Mann kann dies nicht nachvollziehen.



Der etwa fünf Millimeter tiefe Nadelstich im rechten Oberarm von AfD-Chef Tino Chrupalla stammte nicht von einer Spritze, sondern allem Anschein nach von einer Pinn-Nadel. Auf welche Weise der Stich entstand, bleibt unklar. „Konkrete Anhaltspunkte für eine Injektion oder Intoxikation gibt es nicht; ebenso wenig konnte eine Tathandlung, aus der auf einen ,Anschlag‘ geschlossen werden konnte, festgestellt werden“, teilte die Staatsanwaltschaft Ingolstadt am Mittwoch mit. Das Ermittlungsverfahren wegen des Vorfalles bei einer Wahlkampfveranstaltung in Ingolstadt wurde eingestellt.

Fall Chrupalla: Keine Hinweise auf eine Straftat



Es hätten keine Hinweise auf eine Straftat ermittelt werden können, so Oberstaatsanwältin Veronika Grieser. Ausgeschlossen sei die Beibringung der Verletzung durch einen Unbekannten auf dem Theaterplatz nicht. Konkrete Hinweise dafür gebe es aber nicht.

Der AfD-Chef hatte am 4. Oktober, vier Tage vor der Landtagswahl in Bayern, bei einer von einer Gegendemonstration begleiteten Kundgebung der AfD auf dem Theaterplatz kurz nach seiner Ankunft über Kopfschmerzen, Schwindel, Übelkeit und Schmerzen im Arm geklagt. Zuvor war er von vier Personenschützern des Bundeskriminalamts im Empfang genommen worden und hatte anschließend mit mehreren Personen Kontakt, gab Autogramme und nahm ein Foto mit zwei Passanten auf.

Chrupalla sprach von „Anschlag“



Gegen 16.30 Uhr war er mit dem Rettungswagen ins Ingolstädter Klinikum gebracht worden, wo er über Nacht auf der Intensivstation überwacht wurde. Was genau in Ingolstadt passiert ist, gab Anlass zu allerlei Spekulationen. Chrupalla selbst sprach von einem „Anschlag“. Auf einer Pressekonferenz in Berlin einige Tage später legte er einen Auszug aus einem Bericht zu einer Gewebeprobe vor. Und sagte, er habe sein Blut auf verschiedene Substanzen testen lassen – auch auf das Nervengift Nowitschok.

Die Staatsanwaltschaft Ingolstadt hatte ein Ermittlungsverfahren wegen Verdachts der Körperverletzung zum Nachteil Chrupallas eingeleitet. Von Seiten mehrerer TV-Sender sowie von Zeugen und über ein eingerichtetes Online-Portal waren 10 Video- und 42 Bilddateien zur Verfügung gestellt worden, die alle ausgewertet wurden. Sämtliche anhand der Videoaufzeichnungen und Zeugenaussagen identifizierten Kontaktpersonen, der Büroleiter Chrupallas, die vier Personenschützer sowie weitere Personen wurden als Zeugen vernommen.

Zwei Zeugen kurzzeitig im Fokus der Polizei

Als mögliche letzte Kontaktpersonen waren zwei Zeugen in den Fokus der Polizeikräfte vor Ort gerückt. Die beiden gaben an, mit dem Smartphone ein Foto mit Chrupalla gemacht zu haben. Dabei habe der AfD-Chef vorgeschlagen, dass sie den Arm um ihn legen sollten. Beide stellten der Polizei Foto- und Videoaufzeichnungen zur Verfügung. Auffälligkeiten wurden nicht festgestellt.

Auch Chrupalla selbst habe bei der Vernehmung am Abend des 4. Oktobers keine Verdachtsmomente gegen bestimmte Personen oder Handlungen, die auf eine Straftat hindeuten, benennen können. Auch die Vernehmung der weiteren Zeugen ergaben keine Hinweise auf einen Übergriff, der als Ursache des Nadelstichs in Frage käme. Ein durch die Staatsanwaltschaft zu medizinischen Fragestellungen eingeholtes Gutachten des Instituts für Rechtsmedizin der LMU München fand nach Auswertung der den Ermittlungsbehörden vorliegenden ärztlichen Unterlagen keinen Hinweis auf die Injektion einer Flüssigkeit.

Weder spreche das chemisch-toxikologische Untersuchungsergebnis dafür, noch entspreche die beschriebene Symptomatik dem Bild einer tatsächlichen Intoxikation. Am ehesten komme als Ursache der Verletzung eine Pinn-Nadel in Frage, deren breiter Kopf ein tieferes Eindringen verhindere. Hierfür sprächen auch faserartige Partikel im Stichkanal. Zwei in der Nähe des Fahrzeugs Chrupallas und der Bühne aufgefundene Pinn-Nadeln wurden spurentechnisch und chemisch-toxikologisch untersucht. Relevante Hinweise ergaben sich nicht.

Chrupalla fordert Akteneinsicht

„Es ist einerseits positiv, dass im Rahmen der Ermittlungen nunmehr die Stichverletzung durch eine Nadel oder einen ähnlichen Gegenstand als gesichert gilt“, kommentierte der AfD-Chef gegenüber der dpa. Die Einstellung des Ermittlungsverfahrens sei ihm aber unerklärlich, da aus seiner Sicht „bis zum heutigen Tag noch angeforderte Informationen weiterer Behörden“ ausstünden.

„Mit anwaltlicher Hilfe warten wir nun die angekündigte Gewährung der Akteneinsicht ab“, erklärte Chrupalla. Dabei gehe es ihm darum, alle Möglichkeiten der Aufklärung auszuschöpfen und gegebenenfalls eine Beschwerde gegen die Einstellung vorzubereiten.