50 Jahre Audi 80
Stefan Trauf leitet seit vergangenem Jahr Audi Tradition – ein Interview

25.08.2022 | Stand 22.09.2023, 6:24 Uhr

Ein Faible für Historisches gehört dazu: Stefan Trauf leitet die Auto Union GmbH, gemeinhin bekannt als Audi Tradition. Foto: Warter, Audi

Herr Trauf, was fahren Sie für ein Auto? Einen Horch, nehme ich an?
Stefan Trauf: Nein (lacht). Derzeit fahre ich ein S5 Cabrio. Davor bin ich lange Zeit einen Audi e-tron gefahren. Auch, um für mich selbst auszuprobieren, wie das mit der Elektromobilität funktioniert. Einen Horch-Dienstwagen haben wir grundsätzlich nicht im Angebot.

Aber Sie steigen schon einmal ein in so ein altes Gefährt?

Trauf: Ja, zuletzt zum Beispiel bei der Oldtimer-Rallye Sachsen Classic Mitte August in unserer „alten“ Audi-Heimat in Zwickau – da durfte ich einen Horch fahren, den Horch 853 A. Ich hatte Respekt davor. Das sind schon sehr mächtige Automobile.

Als Audi-Vorstand muss man sicher nicht genau wissen, wie welcher Kabelbaum verlegt wird. Muss man als Leiter von Audi-Tradition ein Faible mitbringen für alte Autos, oder ist das eigentlich nicht nötig, weil es um reine Management-Aufgaben geht?
Trauf: Ich glaube nicht, dass es ohne dieses Faible funktionieren würde. Du musst in diesem Job ein Gespür für Historie und eine Begeisterung für die Marke mitbringen. Für mich persönlich ist Geschichte schon immer ein großes Thema, das war schon in der Schule so.

Und die Begeisterung für die Marke muss logischerweise auch da sein, sagten Sie.
Trauf: Freilich. Es geht ja um unsere Geschichte, um die Audi-Tradition. Diese Tradition reicht fast 150 Jahre zurück und geht bis in die Jetztzeit. Wir nehmen aktuell übrigens bereits die ersten E-Fahrzeuge in die Sammlung mit auf. Wir erleben gerade Veränderungen in der Automobil-Industrie, die von historischer Bedeutung sein werden. Es ist sehr spannend, da dabei sein zu dürfen.

Gerade bei Audi mit dem alles beherrschenden Lieblingswort „Transformation“.
Trauf: Gerade bei Audi, da haben Sie recht. Da gab es auch in der Vergangenheit schon viel Transformation; wir haben sicher eine bewegtere Geschichte als so manch anderer Automobilhersteller. Es ging immer wieder auf und ab. Unsere Wurzeln reichen ja bis ins 19. Jahrhundert zurück – mit der Traditionsmarke NSU, die schon vom Namen her eng mit dem Audi-Standort Neckarsulm verbunden ist. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts hatte August Horch in Sachsen seine Firma gegründet – 2009 haben wir das 100-Jährige gefeiert. 1932 dann die Fusion von vier Marken zu den Vier Ringen: Audi, DKW, Horch und Wanderer schließen sich zur Auto Union AG mit Sitz in Chemnitz zusammen. Nach dem Zweiten Weltkrieg wird die in der Sowjetischen Besatzungszone gelegene Auto Union enteignet, die Anlagen werden demontiert. Führende Mitarbeiter gehen in den Westen und fassen in Bayern Fuß; 1949 wird hier in Ingolstadt die Auto Union GmbH gegründet. Seit 1965 gehören wir zum Volkswagen-Konzern, im gleichen Jahr bringt die Auto Union ein neues Modell auf den Markt, erstmals nach dem Krieg mit einem Viertaktmotor, und belebt den Marken-Name Audi wieder. Schließlich erfolgte der Aufstieg ins Premium-Segment. Und jetzt wird mit dem Eintritt in die Elektromobilität wieder ein völlig neues Kapitel aufgeschlagen. Da müssen wir als Audi Tradition natürlich mit dabei sein. Denn so wie man sich jetzt den Ur-Quattro anschaut, wird man sich in 30, 40 Jahren die ersten e-tron anschauen.

Den ersten Audi-Formel-1-Boliden hat sich Audi Tradition auch schon gesichert?
Trauf: (lacht) Falls es so weit kommt, wollen wir natürlich mit im Boot sein. Aber ob und wie und wann es so weit kommt, müssen und dürfen andere Damen und Herren entscheiden.

Auch wenn sich das jetzt so entspannt anhört – es geht bei Audi Tradition nicht nur um Rallye fahren und Autos sammeln.
Trauf: Nein, natürlich nicht. Wir sind insgesamt der Traditionspflege von Audi verpflichtet. Viele kennen uns natürlich durch unsere historische Fahrzeugsammlung, die der Öffentlichkeit im Audi-Museum mobile zugänglich gemacht wird und von der wir manche Modelle immer wieder zu Marketingzwecken bei Oldtimer-Rallyes ausfahren oder auf Veranstaltungen zeigen – wie zuletzt beim Festival of Speed in Goodwood, bei den Classic Days in Düsseldorf, bei der Olympia-Rallye ’72 Revival 2022 oder auch bei der Monterey Car Week in Amerika. Viele kennen uns aber auch durch unser Ersatzteilwesen, mit dem wir die Fans unserer Young- und Oldtimer versorgen. Zu unserem Aufgabenspektrum gehört darüber hinaus die Pflege des Audi-Unternehmensarchivs, das wir vor ein paar Jahren digitalisiert haben. Und schließlich ist es unsere Aufgabe, Markenrechte zu schützen. Sprich: Wir vergeben Lizenzen, wenn zum Beispiel ein Spielzeughersteller ein altes Audi-Modell anbieten will, oder kümmern uns darum, wenn etwa in einer Fernsehproduktion ein Horch mitspielen soll. Das wird beispielsweise bei der nächsten Staffel von „Babylon Berlin“ der Fall sein.

Gerade begehen wir das Jubiläum 50 Jahre Audi 80. Nun haben Sie den besten Überblick über die Geschichte von Audi. Welche Phase kommt denn bei den Fans am besten an?
Trauf: Der erste Audi 80, der 1973 „Auto des Jahres“ war, jede Menge innovativer Technik mitbrachte und zum ersten Millionenseller für Audi wurde, ist sicherlich ein tolles Auto und ja auch extrem wichtig in der Unternehmensgeschichte. Jetzt, wo man endlich wieder raus und auf Events den direkten Kontakt pflegen kann, merkt man aber auch immer wieder: Zu der Zeit in den späten siebziger und den achtziger Jahren ist eine sehr hohe emotionale Bindung da. Die Zeit, als der Quattro entwickelt und auf die Straße gebracht wurde, als Motorsportgeschichte geschrieben wurde, steht bei vielen Audi-Fans hoch im Kurs. Wenn man Autos aus dieser Zeit präsentiert, sorgt das immer für leuchtende Augen, Begeisterung und Gedränge.

DK

Das Interview führte Markus Schwarz

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