„Schöne“ leere Rahmen

Die Standard-Plakatrahmen bleiben bei Kulturveranstaltern umstritten

10.06.2021 | Stand 10.06.2021, 7:43 Uhr
Rahmen −Foto: Silvester

Die Standard-Plakatrahmen bleiben bei Kulturveranstaltern umstritten

Von Christian Silvester

Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International wird heuer 60 Jahre alt. "Happy Birthday!" So prangt es auf Dutzenden Plakaten vielerorts in der Stadt. Auf der Östlichen Ringstraße etwa grüßt Amnesty Richtung Nordbahnhof von jedem Laternenmasten. Doch zahlreiche der einheitlichen Plakatrahmen im Format DIN A1 (ca. 85 mal 60 Zentimeter), die in 2,50 Meter Höhe montiert sind (bis zur Unterkante gemessen) werben derzeit dafür, gemietet zu werden. Eine Berliner Telefonnummer und die Adresse www.laternenwerbung. de führen zu der Werbeagentur Mediateam, die im Auftrag der Stadt Ingolstadt seit 2013 die rund 600 Plakatträger managt. 400 davon sind für Kulturveranstaltungen reserviert (400 weitere können nach Auskunft des Presseamts bei Bedarf installiert werden), 200 "für Hinweise und Dauerwerbung". Doch in der tristen Zeit fast ohne Konzerte und andere Kunstdarbietungen fällt es schwer, alle Rahmen zu füllen. Jetzt, da das Kulturleben wieder erwachen darf, hoffen viele, dass sich dies auch in der Laternenwerbung widerspiegelt, obgleich die unter privaten Kulturveranstaltern nach wie vor umstritten ist.

Zu hoch angebracht, zu klein und teuer - so lautet seit Jahren die Kritik an den standardisierten Rahmen. Die Firma Mediateam Stadtservice erhielt 2013 eine Dienstleistungskonzession für 15 Jahre, berichtete der damalige Baureferent Wolfgang Scherer in dem von der Stadt herausgegebenen Magazin "Ingolstadt informiert". Die Stadt übe Einfluss auf die Gebührenerhebung aus. Acht Jahre später sagt Stadtsprecher Michael Klarner: "Es besteht eine langfristige vertragliche Verpflichtung. " Was im Vertrag zwischen der Stadt und Mediateam stehe, müsse vertraulich bleiben.

David Krebs gehört zu den Konzertveranstaltern, die mit der straßenbegleitenden Werbung wenig anfangen können. "Die Plakate, die beim Booking der Bands mitgeliefert werden, sind nicht darauf ausgelegt, aus 100 Metern Entfernung vom Auto aus bemerkt zu werden. Sie sind meist künstlerisch und kleinteilig gestaltet", berichtet der Geschäftsführer der Eventhalle am Westpark. Konzertplakate, die 2,50 Meter über der Straße ins Auge springen sollen, müssten mit Neon und dicker Schrift gestaltet sein. Das bedeute: "Wir müssten eigens welche drucken." Und das sei zusammen mit den Gebühren für die Rahmen "schweineteuer", erzählt Krebs. Rechne man solche Sonderdrucke mit, koste das Plakatieren doppelt so viel verglichen mit der Zeit, da man noch frei plakatieren durfte.

Die Stadt argumentierte bei der Einführung der standardisierten Rahmen 2013, dass sie etwas gegen das oft chaotische Plakatieren habe unternehmen müssen. Am Boden aufgestellte Plakate hätten an Ein- und Ausfahrten sowie Einmündungen die Sicht beeinträchtigt, "mit erheblichen negativen Auswirkungen auf die Verkehrssicherheit", wie Baureferent Wolfgang Scherer damals erklärte. Außerdem löse Regen Plakate ab, es habe Verschmutzungen gegeben, umgefallene oder mutwillig umgestürzte Plakate boten ein ungepflegtes Bild, so Scherer. Doch mit dem Rahmensystem für Laternen sei alles einheitlich, schöner und für Verkehrsteilnehmer sicherer.

Darüber hinaus gibt es in der Stadt einige Litfaßsäulen und so genannte Großplakattafeln. Mit ihnen bewerben vornehmlich das Kulturamt und städtische Gesellschaften ihre Veranstaltungen. Dort werden zum Beispiel großflächig Stars der Ingolstädter Kabaretttage, Sonderausstellungen in Museen oder Produktionen des Stadttheaters präsentiert. Firmen jenseits der Kunst- und Kulturbranche werben gerne an den Bushaltestellen der INVG.

Wo auch immer Kultur angepriesen wird - Kunst- und Musikbegeisterte hoffen, dass sich die Werbeflächen schnell wieder füllen. In der Eventhalle am Westpark beginnt der Weg aus der Stille eher adagio: langsam. Dort rockt es wieder ab dem 24. Juni. Dann gibt die schwedische Band Thundermother ein Corona-Konzert. Hygieneauflagen werden wohl bis in den Herbst bestehen, sagt Krebs. Jetzt freut er sich auf die vom Eventhalle-Team veranstalteten 14 Picknicknächte im Freibad. Am 22. Juli startet die Konzertreihe mit Willy Astor.