Ausgleich in letzter Minute
Sabrina Wittmann feiert emotionale Premiere als FCI-Cheftrainerin

06.05.2024 | Stand 07.05.2024, 14:51 Uhr

Jubeln wie Sieger: FCI-Trainerin Sabrina Wittmann, Co-Trainer Maniyel Nergiz und FCI-Stürmer Pascal Testroet (links) freuen sich überschwänglich nach dem späten Ausgleich zum 1:1. Foto: Karmann, dpa

Mit viel Glück, aber auch dem erkennbaren Willen ihres Teams hat FCI-Interims-Cheftrainerin Sabrina Wittmann bei ihrer Premiere im Männer-Profifußball den ersten Punkt geholt.



Nach dem 1:1 (0:0) des FC Ingolstadt gegen Waldhof Mannheim, das Joker Sebastian Grönning mit einem abgefälschten Schuss kurz vor Ende der Nachspielzeit erzielte, ging Wittmann im kollektiven Jubel mit ihren Spielern regelrecht unter. Pascal Testroet herzte die 32-Jährige nach dem Schlusspfiff als Erster, dann drückten sie alle anderen Spieler, Trainer und Betreuer und tanzten ausgelassen vor der Spielerbank.

FCI-Sportdirektor Ivica Grlic: „Sie ist ein emotionaler Coach“

Es dauerte noch eine ganze Weile, bis Wittmann zur Ruhe kam, auch wenn sie FCI-Geschäftsführer Dietmar Beiersdorfer nach dem Interviewmarathon im Kabinentrakt zwischendurch mal kurz väterlich in den Arm nahm. FCI-Sportdirektor Ivica Grlic, der neben ihr auf der Spielerbank gesessen hatte, freute sich über den glücklichen Ausgang und war von Wittmanns Auftritt beeindruckt. „Sie ist ein emotionaler Coach, der klare Anweisungen gibt und sehr souverän ist. Ich freue mich für sie, dass sie noch einen Punkt geholt hat. Das ist nicht einfach, wenn man auf einen Gegner trifft, für den es um sehr viel ging.“

Wie die Schanzer sich gegen Waldhof Mannheim schlugen, können Sie in unserem Blog nachlesen.

Wittmann selbst, die zuvor im Audi-Sportpark erst einmal als Trainerin – der U17-Junioren – an der Seitenlinie gestanden hatte, war nach ihrer Premiere doch etwas geschafft. „Der Adrenalinschuss ist noch mal ein anderer“, räumte sie ein, dass die 4000 Zuschauer und die Lautstärke im Stadion sie auch körperlich forderten. „Aber für’s erste Mal war es ganz gut“, meinte die Schelldorferin, die ihre ersten 96 Minuten als Profi-Cheftrainerin ganz sachlich analysierte. „Wir haben super angefangen, das Spiel mit und gegen den Ball dominiert. Nach 25 Minuten und der ersten Chance des Gegners haben wir den Faden verloren“, meinte Wittmann. „Das 0:1 tat uns weh, aber wir sind danach nicht eingebrochen. Die Rote Karte hat uns in die Karten gespielt, und mit unseren Box-Spielern sind wir noch zu der einen oder anderen Chance gekommen“, sagte sie im typischen Fachjargon.

Wieder ein Jokertor von Sebastian Grönning

Wieder einmal war es dabei Mittelstürmer Grönning, der die Wende einleitete. Erst köpfte der Däne an die Latte (72.), dann scheiterte er an Waldhof-Keeper Omer Hanin, ehe er im dritten Versucht in der 96. Minute doch noch traf – das fünfte Saisontor des 27-Jährigen. „Wir haben nicht unsere beste Leistung gezeigt. In den ersten 60 Minuten war Mannheim die bessere Mannschaft, sie hatten die besseren Chancen. Aber am Ende haben wir gedrückt, und wenn ich besser gewesen wäre, hätten wir noch ein zweites Tor erzielen können“, sagte Grönning in seiner offenen Art und haderte ein wenig mit seiner Jokerrolle. „Ich habe gezeigt, was ich bringen kann und was nicht. Es muss wohl einen Grund dafür geben, warum die Trainer mich nicht von Anfang an bringen“, meinte Grönning, für den der FCI für die neue Saison noch eine Weiterbeschäftigungsoption besitzt – bisher ist der Stürmer vom spanischen Drittligisten CD Castellón nur ausgeliehen.

Kapitän Lukas Fröde beurteilte den gesamten Auftritt seines Teams positiv, sprach aber auch Problempunkte an. „Von der Emotionalität und Einstellung her waren wir super auf dem Platz. Wir haben am Anfang richtig Gas gegeben, haben aber kein Tor gemacht, und dann hat sich die Dynamik im Spiel gedreht. Vielleicht haben wir das zu spät auf dem Platz erkannt und hätten uns mal etwas zurücknehmen und organisierter verteidigen müssen, um wieder in den Rhythmus zu kommen. Aber durch das späte Tor gehen wir einigermaßen zufrieden nach Hause“, meinte Fröde, der auch herausstellte: „Wir haben mutig hinten rausgespielt und haben bewusst Risiko genommen. Für die Kürze der Zeit haben wir das gut gemacht. Da hatten wir in den vergangenen Wochen Probleme.“

Der 29-Jährige brach auch eine Lanze für seine neue Trainerin und die Entscheidung für sie. „Der Fußball steckt ja öfters mal in einer Schublade, und es ist schön, wenn wir zeigen können, dass es nicht so ist. Mittlerweile dürfen Frauen in Deutschland ja seit ein paar Jahren wählen, einen Beruf ergreifen, den sie wollen und ein eigenes Konto haben. Warum sollen sie dann nicht mal eine Fußballmannschaft trainieren?“, fragte Fröde ironisch: „Wenn wir da ein Zeichen setzen, ist es umso schöner.“

Die Chemie zwischen Mannschaft und Trainerin scheint zumindest zu stimmen. Das bestätigt auch Wittmanns Aussage zu ihren ersten Tagen im Amt. „Am meisten überrascht hat mich, wie mich die Jungs aufgenommen haben. Ich wusste, dass es eine tolle Mannschaft ist, weil ich sie auch schon erlebt habe. Die Neugierde, die Aufnahmefähigkeit und die Fragen, die sie gestellt haben, haben mich total beeindruckt“, meinte die Trainerin. Nun hat sie bis zum Heimspiel gegen den bereits feststehenden Absteiger VfB Lübeck (Samstag, 14 Uhr) Zeit, ihre Ideen näher an den Mann zu bringen.

DK