Revolutionärer Plan für die Ingolstädter Altstadt

09.10.2020 | Stand 10.10.2020, 16:32 Uhr
Peter Bachschuster (links) und Sepp Mißlbeck. −Foto: Schwarz

(ty) Vorstoß von Bachschuster und Mißlbeck.

Sie haben es schon wieder getan! Ingolstadts Ex-Bürgermeister Sepp Mißlbeck und der Architekt Peter Bachschuster präsentieren erneut ein architektonisches Leuchtturmprojekt, das vermutlich viel Diskussionsstoff mit sich trägt. Diesmal preschen sie allerdings nicht mit einem Einzelstück nach vorne, sondern gleich mit einem die gesamte Altstadt umspannenden Gesamt-Entwurf.Die Ablehnung und auch Häme, die das Duo mit seinem reichlich spät in die Diskussion gebrachten Entwurf für die Kammerspiele als breiten Arm, der über die Donau ausgreift, einstecken musste, haben die beiden komplett aus den Kleidern geklopft. "Da haben wir kein Problem mehr damit", stellt Sepp Mißlbeck klar: "Erstens waren es primär formelle Abläufe, die wir nicht eingehalten haben, die moniert wurden; und zweitens haben wir aus der Bevölkerung auch viel positive Resonanz für unseren Entwurf bekommen. Das tut schon gut."Also haben die beiden wieder ihre Köpfe zusammengesteckt - Ur-Ingolstädter Herz, getränkt mit Jahrzehnten Politik-Erfahrung der eine, kosmopolitisches Hirn, geschult an wissenschaftlicher Herangehensweise, der andere. Herausgekommen dabei sind die "Visionen Ingolstadt 2020". Eine Überschrift, die für Peter Bachschuster einen postiven Klang hat: "Ich weiß, seit Helmut Schmidt den Satz geprägt hat ,Wer Visionen hat, soll zum Arzt gehen!' ist dieser Begriff in Deutschland auch negativ besetzt. Aber für mich ist das nicht der Fall. Ja, ich sehe mich als Visionär. Mir fällt kein besserer Begriff ein." Für Ingolstadt bringt es Sepp Mißlbeck auf den Punkt: "Man muss sich einfach trauen, groß zu denken."Groß gedacht ist der Bachschuster/Misslbeck-Vorschlag in der Tat - dabei fußt das gesamte Konzept einem - relativ - kleinen Dreh: Grundidee ist die alte Gretchenfrage: Wie kommen die großen Busse raus aus der Nord-Süd-Achse der Altstadt? Bachschusters Antwort: Auf der Südseite der Adenauer-Brücke entsteht ein Umsteigebahnhof, genannt "Mobility Hub", mit exaltierter Dachkonstruktion, sanft inspiriert vom Busbahnhof an der Münchner Freiheit des Aachener Architekturbüros OX2. Vom Brückenkopf aus nun fahren Mini-Busse in und durch die Altstadt. Die großen Busse fahren zwar auch noch über die Brücke, umfahren aber dann die Altstadt über den "Altstadtring" in südwestlicher oder nordöstlicher Richtung. Damit folgt er einer schon lange von den Freien Wählern ins Spiel gebrachten Idee, die im Januar diesen Jahres nochmal von Mißlbecks Unanhängigen Demokraten (UDI) aufgewärmt wurde.Das herausragend Neue am aktuellen Entwurf: An der Nordseite der Donaubrücke wäre nun eine größere Operation vonnöten. Dafür stellt der Bachschuster/Mißlbeck-Entwurf folgendes Drehbuch vor: Richtung Schloss führt eine neu zu errichtende Rampe den Verkehr von der Brücke direkt auf die Schlosslände. Richtung Scheiner-Gymnasium biegt der Verkehr nach der Brücke nach links in die Staße "Am Münzbergtor" ab. Der gegenwärtige Status der Einbahnstraße wird somit aufgehoben. Diese Umgestaltung und Umwidmung des Brückenkopfes ist gleichsam die Lokomotive, die die anderen Punkte des Bachschuster/Mißlbeck-Plans wie Waggons hinter sich zieht. Diese Punkte beinhalten unter anderem Ideen zur Neugestaltung der Donaustraße und der Harderstraße oder zu eine "Tunnel light", bei dem die Schlosslände mit einer "Grünbrücke" überspannt wird. Bachschuster erläutert: "Meiner Meinung und meiner Erfahrung aus vielen Projekten nach macht es keinen Sinn, in der Ingolstädter Altstadt einen Flickenteppich von Einzelmaßnahmen aneinanderzureihen. Es braucht ein strukturiertes Gesamtkonzept, in das sich einzelne Projekte wie Donau- oder Harderstraße einordnen.Dreh- und Angelpunkt meines Konzepts ist die Umgestaltung der Adenauer-Brücke. So brächte man die großen Busse aus der Altstadt. Davon ausgehend könnte man die weiteren Umgestaltungen verwirklichen." Vor allem zwei Details dieser Gesamtplanung lassen aufhorchen: Erstens entstünde mit dem überdachten Busbahnhof auf der südlichen Seite der Adenauer-Brücke ein neues Entree für die Altstadt, eine kleine architektonische Ouvertüre sozusagen. Und zweitens böte die Rampe von der Adenauerbrücke zur Schlosslände auch gestalterischen Freiraum für die Innenstadt: Der Bereich der Schutterstraße am Theatervorplatz, also entlang des Wochenmarktes zwischen Tränktorstraße und Schlosslände könnte für den Verkehr gesperrt werden. Ein großzügier Platz täte sich auf zwischen dem Stadttheater und den neuen Kammerspielen, wenn sie denn an der anvisierten Stelle errichtet werden.Einen ersten Fan seines Gesamt-Entwurfs hat Peter Bachschuster schon - in seinem bewährten Kombattanten Sepp Mißlbeck. Der Ex-Bürgermeister als "Pragmatiker mit politischem Rückgrat" (wie er sich selbst beschreibt) sieht sichdazu berufen, die Werbetrommel für das Konzept im Rathaus, im Stadtrat und bei der Bevölkerung zu rühren. "Die architektonischen Ideen kommen vom Peter", erklärt er: "Meine Aufgabe sehe ich darin, diese - wie ich finde - großartige Idee anzuschieben und andere mitzureißen."Am Donnerstag Abend waren beide damit schon bei Oberbürgermeister Christian Scharpf vorstellig, gestern ging das Konzept an ausgewählte Stadtratsfraktionen. Nun dürfte die Diskussion darüber beginnen. Sepp Mißlbeck: "Ich weiß schon: Die einen werden sagen: Der spinnt doch! Aber die anderen werden sagen: Respekt! Ich denke, es wird in Ingolstadt dringend Zeit für eine mutige, weit ausgreifende Idee. War scho recht, wenn do was gang!"