Politik rangiert in Sachen Corona nicht selten am Rande des Unvermögens
Politische Willkürlichkeiten

30.12.2021 | Stand 30.12.2021, 9:28 Uhr
2G −Foto: Robert Michael/dpa-Zentralbild/ZB

Von Michael Schmatloch

Nicht nur die bayerische Corona-Politik rangiert mit ihren Vorgaben und Verboten nicht selten am Rande absoluten Unvermögens und scheint in der Pandemie mehr als überfordert. Nicht selten müssen deswegen auch Gerichte politische Willkürlichkeiten revidieren. Wie der Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs, der gestern entschieden hat, dass Bekleidungsgeschäfte zur Deckung des täglichen Bedarfs gehören und damit nicht der 2G-Regel im Einzelhandel unterliegen.

Es war ja auch mehr als unverständlich, warum Schuhgeschäfte laut Regierungsbeschluss der Deckung des täglichen Bedarfs dienen, Bekleidungsgeschäfte hingegen nicht, Blumen und Bücher ja, Elektroartikel nicht.

Auswüchse begleiten die verordneten Corona-Maßnahmen von Anfang an. Man denke nur an die Verordnung wie in Ingolstadt, der zufolge man sich zwar eine warme Leberkäs-Semmel kaufen, sie aber nicht essen durfte, da Kaffee to go zwar erlaubt war, sein Konsum im öffentlichen Raum jedoch nicht. In Ingolstadt schaffte es ein deswegen verhängtes Bußgeld sogar bis vor die Schranken des Gerichtes. Gefehlt hat damals eigentlich nur noch die Verordnung, dass man zwar auf der Straße essen darf, aber nur mit Maske.

Frei von nicht nachvollziehbarer Willkür und politischem Unvermögen sind viele der Entscheidungen nicht, die mitunter vielleicht sogar mehr Menschen zu den Corona-Demos treiben als die geplante Impfpflicht. Und ob der Einsatz von Schlagstöcken und Wasserwerfern der drohenden Spaltung der Gesellschaft entgegenwirkt, erscheint zumindest zweifelhaft. Das unbeholfene Vorgehen gegen Andersdenkende zeigt vielmehr in erschreckendem Maß, wie eine Demokratie mit Minderheit umzugehen pflegt, und treibt sie im schlimmsten Fall in die Arme von Rechtsradikalen und Querdenkern. „Wer Wind sät, wird Sturm ernten" weiß schon das Alte Testament.

Nun können die um ihre Existenz kämpfenden Einzelhändler mit dem gestrigen Urteil zumindest einen kleinen Erfolg verbuchen. Und man kann wohl darauf warten, dass auch andere bislang mit 2G belegte Branchen den Weg in den „rettenden“ täglichen Bedarf schaffen.

Die IHK jedenfalls scheint fest damit zu rechnen, dass auch andere Branchen für ihr Recht auf Gleichbehandlung kämpfen werden. „Der Beschluss öffnet nun auch Tür und Tor für Geschäfte in anderen Sortimenten wie Sportwaren oder Möbel, sich zu Händlern von Waren des täglichen Bedarfs zu zählen. Händlern von Schuhen, Büchern, Schnittblumen, Gartengeräten sowie Spielwaren wurde dies ohnehin bereits zugestanden“, sagt BIHK-Hauptgeschäftsführer Manfred Gößl. Das Urteil zeige, dass die auf Sortimentsabgrenzungen basierenden Corona-Regeln im Einzelhandel dem Grundsatz der Gleichbehandlung widersprechen und weder fair noch praxistauglich sind.

„Die 2G-Regel hatte im Weihnachtsgeschäft bei den betroffenen Händlern zu viel Verdruss, Kosten und Umsatzeinbußen geführt“, betont Gößl. Es sei nach all diesen Querelen nur ein sehr schwacher Trost für die Unternehmen, dass sie weiterhin Anspruch auf Überbrückungshilfen haben, sollten sie im Dezember einen Umsatzverlust von mindestens 30 Prozent gegenüber dem Dezember 2019 erlitten haben. Es werde nun auch Fälle geben, in denen Einzelhändler auf den im Nachhinein unnötigen Kosten für die 2G-Kontrollen sitzen bleiben werden.