OB Christian Scharpf zieht zufrieden etwas früher die Bilanz seiner ersten dreieindrittel Monate im Amt

02.08.2020 | Stand 02.08.2020, 6:39 Uhr
Scharpf −Foto: SCHMATLOCH

(ty) Der Stichtag für die üblichen 100 Tage, die jemand im neuen Amt bis zu einer ersten Zwischenbilanz als Zeitraum eingeräumt bekommt, ist erst am 8. August.

Doch Ingolstadts neuer SPD-Oberbürgermeister Christian Scharpf hat sein Resümee am Freitag nach 92 Tagen gezogen, und es fällt erwartungsgemäß sehr positiv aus: "Eigentlich schon alles umgesetzt oder auf dem Weg", was er sich für den Zeitraum vorgenommen hatte.

Scharpf sprach vor der Presse unter anderem über . . .

. . die allerersten Tage im Amt: Er habe sich"wahnsinnig schnell eingefunden", findet der OB und kann inzwischen von "einem Traumjob" sprechen. Frei nach einem Werbespruch könnte man sagen: Entdecke die Gestaltungsmöglichkeiten. "Man kann hier richtig was bewegen! Jeden Tag! " Das gefalle ihm sehr. Letztlich sei ihm der OB-Sessel vertraut vorgekommen, da er die Rathausarbeit aus München gut kenne.

. . . über die aktuelle Lage bei Audi: Der Ingolstädter Autobauer hat am Freitag einen Verlust von einer Dreiviertelmilliarde für das erste Halbjahr verkündet. Angesprochen darauf, hat das den Ingolstädter Rathauschef aufhorchen und nicht ungerührt gelassen - schließlich wird sich die Bilanz irgendwann im Gewerbesteueraufkommen niederschlagen. Doch Scharpf sagt auch: "Mir wird um diese Firma nicht Angst! " Der Kontakt zu Audi sei sehr eng, sein Antrittbesuch bei Markus Duesmann positiv gelaufen. Zufällig am Freitag besuchte Scharpf die Technische Entwicklung und konnte Innovationen sehen. Ohne zu viel zu verraten: "Die sind Vorreiter in einigen Technologien. Die haben verstanden", glaubt er.

. . . über die Zusammenarbeit im Stadtrat: "Das schlechte Klima hat sich erledigt", ist der OB überzeugt. Wobei er nicht die Auseinandersetzung in der Sache meint. "Wir waren nicht zimperlich miteinander. " Aber man müsse eben die "Sachebene von der persönlichen Ebene trennen". Es werde um die Kammerspiele oder den städtischen Stellenplan intensiv gestritten. "Aber danach können wir uns noch in die Augen schauen und ein Bier miteinander trinken. " Auch die bisherige Blockbildung gehöre aus seiner Sicht der Vergangenheit an. Es werde mit wechselnden Mehrheiten abgestimmt. "Was mir wichtig war, habe ich durchgebracht", bilanziert Scharpf. "Wenn ich keine Mehrheit kriege, dann geht die Welt auch nicht unter. "

. . . Fehler: In der Kommunikation würde Scharpf im Nachhinein dann doch etwas anders machen, sodass ihm die Schlagzeile "Umweltreferat wird abgeschafft" erspart geblieben wäre. "Das habe ich selbst zu verantworten", gesteht er ein. In der Sache bleibt er aber dabei, dass die Ansiedelung der Umweltthemen bei Bürgermeisterin Petra Kleine der richtige Weg sei. Mit den beiden Kolleginnen im Rathaus stimmt er sich bei einem festen wöchentlichen Treffen ab. "Wir sehen uns im Rathaus oder bei Sitzungen auch so regelmäßig. " Die Zusammenarbeit laufe sehr gut.

. . . das Forcieren der Wirtschaftsförderung: "Ein wichtiger Pflock eingerammt" wurde mit dem neuen Wirtschaftsreferenten Georg Rosenfeld, der vergangene Woche schon gewählt wurde und über der Arbeit sitzt. Dieser Referentenposten stand in Scharpfs 100-Tage-Programm.

. . . weitere Entscheidungen des Stadtrates: Auch die Kammerspiele hätten jetzt mit der Vorentwurfsgenehmigung "einen wichtigen Schritt genommen". Zudem der städtische Stellenplan mit nun weiteren 161,5 Posten, mit denen überlastete Mitarbeiter entlastet oder einfach Pflichtaufgaben (Kindergärten) abgedeckt werden. "Der Plan ist zu meiner großen Freude so durchgegangen. " Die Diskussion war intensiv und zeigte einen durchaus emotionalen Rathauschef.

. . . regionale Zusammenarbeit: "Das Konkurrenzdenken ist zurückgetreten", sagt Scharpf über das erste Treffen "auf Augenhöhe" mit den drei Landräten aus dem Umland. "Die Zusammenarbeit ist hervorragend", man habe sogar eine eigene WhatsApp-Gruppe eingerichtet. Vierteljährlich treffen sich die vier Herren, dazu wird es Sondergipfel zu den Kliniken (13. November) oder der Schulentwicklung (6. Oktober) geben.

. . . das Klinikum: Im Wahlkampf warb Scharpf für die gleiche Bezahlung der Mitarbeiter aus der Servicegesellschaft im Vergleich zur Stammbelegschaft. Wie berichtet, soll die Stadt nun die Mehrsumme übernehmen. "Der Stadtrat hat das letzte Wort. " Aber Scharpf geht davon aus, dass die Ungleichbehandlung bei gleicher Arbeit beseitigt wird. Neuigkeiten aus dem Krankenhaus gibt es zur Sanierung, ein Multimillionenprojekt über Jahrzehnte. Ein kompletter Neubau werde definitiv vom Staat/Bezirk nicht bezuschusst. Das gibt es nun schriftlich. Ein Teilneubau wie für das Bettenhaus sei aber möglich. Das werde diskutiert.

. . . den Kontakt mit dem Bürger: Eine Bürgersprechstunde wollte Scharpf laut Programm auflegen. Das sei corona-bedingt ausgefallen. Ab Herbst soll es die monatliche Runde aber geben. Anders als zunächst geplant nun nicht mit 50, sondern mit 25 Ingolstädtern, die ihre Sorgen und Anliegen im Sitzungssaal vortragen können. Außerdem wird der OB immer einen Samstag im Monat in der Fußgängerzone stehen und dort mit seinen Bürgermeister-Kolleginnen direkt ansprechbar sein. "Das geht uns wirklich ab. Da habe ich im Wahlkampf schon sehr gute Erfahrungen gemacht", sagt er. Im Herbst soll es zudem eine Online-Bürgerversammlung geben mit der Möglichkeit, über die Stadtpolitik mitzudiskutieren.

. . . das Theaterumfeld: Beim Blick aus dem Fenster des Gasthauses Anker sieht der OB geistig in die Zukunft. "Das sehe ich was, was mir so nicht gefällt. " Die Situation mit Viktualienmarkt, eben dem Theaterplatz und der Donau müsse man dringend anpacken und jetzt die Gespräche aufnehmen. Ebenso zur Harderstraße, wo ab 2023 die Sparten (Wasser, Gas, usw. ) einen Umbau ohnehin erforderlich machen. Die "Attraktivitätssteigerung" mit dem Aufbau des alten Kavalier Spreti als Nordtor zu verbinden, habe viel Charme. "Die Idee hatte ein Mitarbeiter. Da will ich mich nicht mit fremden Federn schmücken. "

. . . die Innenstadt: Sie war neben Corona wohl das ganz große Thema der vergangenen Tage und ist es für die kommenden Monate. "Die Kaufhof-Schließung beschäftigt uns natürlich sehr", sagt Scharpf. Er betont aber noch einmal: "Wir fangen da nicht bei null an. Die Häuser der Innenstadt sind wirklich herausgeputzt. " Es brauche aber bald "die gemeinschaftliche Übereinkunft, für was Ingolstadt steht oder stehen soll". Daran will er arbeiten. Die nächsten 100 Tage - und dann weiter.