Nachbarlandkreise kritisieren Ingolstädter Kitaprämie

Ingolstadt führt eine "Erzieherinnenprämie" ein und erntet dafür nicht nur Zuspruch

04.02.2021 | Stand 04.02.2021, 7:19 Uhr
Auch in der Notbetreuung wird gegessen, wie hier im Kinderhaus der Bürgerhilfe ? natürlich mit etwas mehr Abstand. −Foto: Eberl

Ingolstadt führt eine "Erzieherinnenprämie" ein und erntet dafür nicht nur Zuspruch

Von Marco Schneider und Christine Zinner

Mit einer Prämie will Ingolstadt mehr Erzieherinnen und Erzieher anlocken. Das hat der Personalausschuss des Stadtrats nun einstimmig beschlossen. Nach Kritik aus dem Umland, wo man eine Abwanderung des begehrten Personals in die Großstadt befürchtete, hatte Ingolstadt die ursprünglichen Pläne geändert: Die Prämie gibt es nur für Fachkräfte, die vorher nicht in Ingolstadt oder einem der benachbarten Landkreise tätig waren. Doch immer noch heißt es aus anderen Rathäusern in der Region, ein Vorgehen wie in Ingolstadt sei "unkollegial" oder "hochgradig unsolidarisch".

Der Arbeitszuschlag umfasst 3600 Euro für Erzieherinnen und 1800 für Kinderpflegerinnen. Er wird nach Ablauf der sechsmonatigen Probezeit gezahlt. "Das ist der letzte Strohhalm, den wir haben", sagte CSU-Ausschusssprecher Hans Süßbauer über die Prämie. Mit "großen Bauchschmerzen" stimmte Eva Bulling-Schröter (Die Linke) dem Vorhaben zu, vornehmlich, weil man anderen Kommunen die Fachkräfte wegkaufe. "Aber letztlich habe wir keine andere Möglichkeit", sagte sie. "Das ist in der Mangelwirtschaft so", sagte der Ingolstädter Kulturreferent Gabriel Engert: "Jeder, den ich anstelle, fehlt wo anders." Eine höhere Arbeitsmarktzulage für Kinderpflegerinnen, wie sie Bulling-Schröter vorschlug, könne aufgrund gesetzlicher Regelungen allerdings nicht gewährt werden. Neben der Willkommens- soll es auch eine Vermittlungsprämie geben: 1000 Euro für jede Vollzeit-Erzieherin oder Erzieher, 500 Euro pro vermittelter Kinderpflegekraft.

Im November war die Prämie zum ersten Mal in Ingolstadt diskutiert worden: Die Landräte der drei umliegenden Landkreise äußerten umgehend ihren Unmut im Kampf um die Fachkräfte. Die Kritik blieb nicht ungehört: Die Stadt besserte nach und schloss die Region 10 ausdrücklich aus. Diese Planungsregion umfasst neben der kreisfreien Stadt Ingolstadt die Landkreise Eichstätt, Neuburg-Schrobenhausen und Pfaffenhofen. Die Prämie wird also nur jenen gewährt, die das vergangene halbe Jahr weder in Ingolstadt noch den drei umliegenden Landkreisen in einer Kindertagesstätte gearbeitet haben. In Ingolstadt fehlen aktuell 39 Erzieher und 27 Kinderpfleger allein in den von der Stadt getragenen Einrichtungen. Bei den freien Trägern sind es auch "mindestens 20 Erzieher und 12 Kinderpfleger", wie die Leiterin des Amts für Kinderbetreuung und vorschulische Bildung, Adelinde Schmid, sagte. Die Praxis, solche Prämien zu zahlen, ist kein Alleinstellungsmerkmal. So ist sie beispielsweise in der Landeshauptstadt München schon seit längerem üblich.

Thomas Herker (SPD), Bürgermeister der Stadt Pfaffenhofen und Mitglied im Vorstand des Bayerischen Städtetags, sieht solche Methoden kritisch, auch "ganz unabhängig von der Stadt Ingolstadt", sagte er. Solche "finanziellen Überbietungswettbewerbe" sollte es zwischen Kommunen nicht geben. Die finanziell starken wären sonst gegenüber den finanziell schwachen Kommunen im Vorteil. Herker sagte, das sei "hochgradig unsolidarisch". Die Änderung, wonach vorher in der Region 10 tätige Erzieherinnen die Prämie nicht erhalten, begrüßt er. Allerdings habe man bei den Besetzungen von entsprechenden Stellen keine Problem gehabt. Bis vor gut einem Jahr sei man mit Initiativbewerbungen über die Runde gekommen. Er habe keine Sorgen, eine offenen Stelle zu besetzen.

Uwe Brandl (CSU), Abensbergs Bürgermeister und Präsident des Bayerischen Gemeindetages, sagte zu den Prämien, so etwas sei zu erwarten gewesen. Immerhin seien Erzieherinnen auf dem Arbeitsmarkt relativ dünn gesät. Aber auch er bezeichnete die Vorgehensweise als "nicht besonders kollegial".