Nach Nordsee- und C&A-Aus: Mut statt Bedenken gefordert

03.03.2021 | Stand 04.03.2021, 7:11 Uhr
Die Leerstände in der Innenstadt bereiten Sorge. −Foto: Eberl

Innenstadtfreunde-Präsident Munz fordert Initialzündung in Sachen Innenstadt - Scharpf: "Keine Denkverbote"

(ty) "Wenn wir weiter nur zuschauen, werden wir eine ausgebombte Innenstadt sehen." Für Oliver Munz, Präsident der Innenstadtfreunde, ist es höchste Zeit, "die Ärmel hochzukrempeln" und die Innenstadt umzugestalten. Dafür brauche es Mut statt Bedenkenträger - auch durch Maßnahmen wie den Bau der Kammerspiele (an der dafür vorgesehenen Örtlichkeit).

Für Munz, der bei der Bürgerbeteiligung aktiv mitarbeitet und sogar einen Arbeitskreis leitet, wäre das eine Art "Initialzündung". Die Stadt müsse aktiv eingreifen. Hier erhofft sich der Präsident der Innenstadtfreunde "ein klares Signal von der Stadtspitze". Der Oberbürgermeister habe einen guten Anfang gemacht. Noch läuft in der Innenstadt nach Meinung der 2016 gegründeten Innenstadtfreunde vieles falsch. Der neuerliche Schlag - die Schließung des C&A in der Ludwigstraße zum Jahresbeginn 2022 - hat Munz nicht überrascht. Von den drei Filialen, die C&A derzeit im Westpark, in der Eriagstraße und in der Innenstadt betreibt, habe die in der Altstadt, gemessen an Miete und Umsatz, bei einer Wirtschaftlichkeitsprüfung am schlechtesten abgeschnitten, meint er. Das lasse eines der Grundprobleme der sterbenden Innenstadt erkennen: "Frequenz und Miete passen nicht zusammen. "

Viele Geschäfte nutzten die Chance, wenn ein Mietvertrag auslaufe, diesen nicht zu verlängern. Ein Problem sei dabei auch die Eigentümerstruktur. Die Besitzer der Gebäude hätten oft keinen Druck, günstig zu vermieten. Das Sterben der Innenstädte könne man nicht aufhalten. Corona und der dadurch noch mehr zunehmende Onlinehandel hätten dazu einen Beitrag geleistet. Dennoch gelte es, schnell zu handeln. Munz: "Ein totes Pferd kann man nicht wiederbeleben. Aber die, die noch leben, sollte man gut umsorgen. " Dass die Geschäfte, die sich über Order Local online präsentieren können, seit 1. März, also "mitten in der Pandemie", monatliche Gebühren und eine 13-prozentige Umsatzbeteiligung zahlen müssen, sei ein falsches Signal. IN-City hatte sich für die Umsetzung des Order-Local-Angebots eine professionelle Agentur ins Boot geholt. Zumindest einen Teil des Geldes, das der Stadtmarketingverein dafür zahlen muss, holt er sich nun bei den Händlern zurück. Folge: Die Zahl der teilnehmenden Online-Repräsentanten ist laut Munz von über 100 auf 25 geschrumpft.

Auch, dass die Stadt möglicherweise ihr fünftes Rathaus außerhalb der Innenstadt bauen möchte, trage nicht gerade zur Belebung der Innenstadt bei. "Eine Stadt ohne Handel funktioniert nicht", sagt Munz und erneuert die schon lange gestellte Forderung der Innenstadtfreunde nach einem Innenstadtmanager, der allerdings auch mit den entsprechenden Hoheiten ausgestattet sein müsse. Dieser könnte etwa mit Eigentümern großer Leerstände wie dem des Kaufhof-Gebäudes und des Nachbargebäude, in dem C&A früher war, verhandeln. Munz könnte sich vorstellen, dass die IFG solche Gebäude anmiete und an kleinflächigen Einzelhandel vermiete. Auch ein Fitnessstudio könnte hier Platz finden - und das fünfte Rathaus. Auch der Stadtspitze ist der Ernst der Lage durchaus bewusst. "Das Thema Innenstadt ist ja bereits ganz oben auf der Agenda", erklärte Oberbürgermeister Christian Scharpf am Mittwoch gegenüber unserer Zeitung: "Der Prozess, hier Veränderungen anzustoßen, läuft schon, und wir werden das Thema sicher bald auch wieder in den Stadtrat einbringen. Dass jetzt auch noch der C&A die Innenstadt verlassen will, unterstreicht nur die Dramatik der Lage. Wenn wir hier Veränderungen wollen, darf es keine Denkverbote geben. "

Dass sich nach Galeria Karstadt-Kaufhof auch C&A aus der Innenstadt verabschiedet, ist laut Munz "noch nicht das Ende der Fahnenstange". Offiziell bestätigt hat die Zentrale von C&A in Düsseldorf die Schließung übrigens noch nicht. Auf mehrmalige telefonische und schriftliche Anfrage unserer Zeitung kam aus der Pressestelle bislang keinerlei Reaktion. Wie berichtet, hatte uns eine Mitarbeiterin der Filiale über das bevorstehende Aus informiert. Bereits Ende 2019 wurde bekannt, dass C&A im Zuge eines radikalen Umbaus bis Ende 2020 13 der rund 450 Filialen in Deutschland schließen werde. Die in Ingolstadt war nicht darunter. Im Februar musste das Unternehmen eine juristische Niederlage hinnehmen. Das Landgericht München hatte C&A in einer Einzelfallentscheidung verurteilt, die im Zuge des Lockdowns bei der ersten Coronawelle in einer Filiale der Münchener Innenstadt einbehaltene Miete für April 2020 samt Zinsen nachzuzahlen. Streitwert: rund eine Million Euro.

Ruth Stückle, Markus Schwarz