Mit Video: Die neue Ausstellung auf der Landesgartenschau

03.06.2021 | Stand 03.06.2021, 16:35 Uhr
−Foto: Eberl

"Florale Wohnwelten" heißt die neue Ausstellung in der Blumenhalle auf der Landesgartenschau. Kurator Dieter Scheffler hat sie in den vergangenen Tagen zusammen mit seinem Team aufgebaut - während des laufenden Betriebs.

(ty) Ein Turm aus weißen Stühlen begrüßt die Besucher der Blumenhalle. Erst fein säuberlich gestapelt, nach oben hin unsortiert. "Er löst sich auf", schildert Dieter Scheffler mit Blick auf das Gebilde, um das silberne Vasen drapiert sind. Von Kunst will er nicht sprechen. "Wir gestalten einfach gerne", sagt Scheffler. "Für uns ist das ein Spielplatz, an dem wir das kindliche Element leben." Trotzdem hat der Floristtechniker neben seinen Berufskollegen auch einen Künstler im Team: Claude Stockinger arbeitet gerade an seinen Installationen aus abgesägten Tischen und bunten Tellern, dazwischen Helikonien mit ihren spitz abstehenden Blättern. Nebenher beantwortet er die Fragen dreier Frauen, die sein Werk gerne interpretiert hätten.

Der Austausch zwischen Mitarbeitern und Besuchern ist etwas Besonderes in der Blumenhalle - so gibt es auch mal Tipps für die Pflanzenpflege. "Wir bauen bewusst bei laufendem Betrieb um", erklärt Scheffler. Bei Landesgartenschauen in anderen Bundesländern wird das häufig über Nacht gemacht. In Ingolstadt aber entsteht im Zwei-Wochen-Rhythmus bei Publikumsverkehr "sukzessive eine neue Ausstellung" mit wechselnder Blumenauswahl und Präsentation.

Ein Schmankerl gerade für Dauerkartenbesitzer, die auf diesem Weg "im fließenden Übergang" immer wieder etwas Neues zu sehen bekommen. "So können wir innerhalb eines halben Jahres bis zum 3. Oktober die ganze Bandbreite an Blumenschau zeigen."

Schmunzeln, Nachdenken, Verweilen

An diesem Tag stehen deshalb in einer Ecke noch einige Körbe mit farbenfrohen Nelken - ein Überbleibsel aus der vorherigen Ausstellung "Ach Dianthus, du Göttliche". Währenddessen arbeiten der Kurator und seine Mitarbeiter unermüdlich an den "Floralen Wohnwelten", die am Abend vor dem Feiertag fertiggestellt sein sollen. Da gibt es rote Ledersofas auf Blumentöpfen aufgebockt, eine lange Tafel üppig mit Rittersporn, Hortensien, Pfingstrosen und Orchideen bestückt oder einen Holztisch mit weißen Lilien darauf. So richtig wohnen lässt es sich in diesen Szenarien nicht, gibt Scheffler zu. "Wir sind eigentlich furchtbar, wir machen Dinge, die man nicht nutzen kann", scherzt der 64-Jährige. "Aber wir wollen mit den floralen Themen spielen." Zum Schmunzeln, Nachdenken und Verweilen sollen die Arrangements einladen.

Das fällt in der lichtdurchfluteten Blumenhalle nicht schwer. Scheffler als "Planer der Innenarchitektur" hat mit seinem Team die Installationen gut in Szene gesetzt. "Das ist nicht wie in einem Floristikladen, man muss hier mit dem Raum arbeiten", sagt der Kurator, der seit 33 Jahren für bayerische Gartenschauen - 1992 auch im Klenzepark - tätig ist, seit über 25 Jahren in leitender Position. Er hat Blumenschauen schon in einem Flugzeughangar, einer Turnhalle oder einem Eisstadion gestaltet. "Das kann man nicht studieren, das ist Learning by Doing." Scheffler ist es wichtig, die Leistung seiner ganzen Mannschaft in den Mittelpunkt zu stellen. "Wir sind ein wahnsinnig gutes Team", betont er. "Wir sind nicht nur ein Arbeits-, sondern auch ein Freundesteam."

Improvisation ist kein Problem

Mit diesem Vertrauensbeweis ist es kein Problem, als das Handy klingelt und sich kurzfristig eine Hochzeit auf der Apfelbaumwiese ankündigt. "Die Kästen mit ein paar Margeriten und Efeu füllen", bittet Scheffler. Improvisieren muss sein - so wie zu Beginn der Landesgartenschau, als die Blumenhalle wegen Corona zu blieb: Teile der Frühlingseröffnungsschau wurden kurzerhand nach draußen verlagert. "Dass wir die aufgebaut haben und dann zulassen mussten, war das erste Mal seit 33 Jahren", bedauert Scheffler. "Eine Gartenschau lebt von den Besuchern." Eine Schwierigkeit war die Ungewissheit ob des Zeitpunkts der Eröffnung. "Das sind 1500 Quadratmeter und kein Wohnzimmerväschen", meint der Floristtechniker und berichtet von "einem großen Bibbern" zwischendurch: "Ich bestelle Ware für viel Geld, und am Ende sieht das vielleicht niemand."

Doch auch diese Hürde ist genommen, und so flanieren staunende Besucher samt Maske - darunter ferienbedingt viele Familien - zwischen Hunderten handbemalten Goldtöpfen, dem dauerhaft installierten Wasserbecken im Atrium, dem Rittersporngarten in ausrangierten Olivenfässchen oder der mediterranen Ecke mit orangefarbenen Strelitzien und gelben Zitrusfrüchten auf grün angemalten Biertischgarnituren. Die Requisiten werden übrigens recycelt. "Wir haben einen riesigen Fundus, drei Sattelzüge voll", beschreibt Scheffler. Und Inspiration ist natürlich erwünscht. Blumen lassen sich auch zu Hause leicht in bunten Flaschen ausstellen. "Man muss das Große dann eben ins Kleine übertragen."

Beliebte Fotomotive

Um das festzuhalten, packen viele Besucher ganze Kameraausrüstungen aus. Volkmar Steidle zum Beispiel, der die Blumenhalle "sehr gut arrangiert" findet. "Ein bisschen schade ist es, dass die Rosenblüte schon vorbei ist", meint der Ingolstädter. "Man muss eben öfter kommen, um die verschiedenen Blumen zu sehen." Auch zwei Damen aus Schwabach sind fleißig am Fotografieren. "Eine Blumenpracht ist das", schwärmen sie. Vielleicht kommen sie noch einmal, um die nächsten Ausstellungen mit solch wohlklingenden Namen wie "Farbräume - Blumige Schwelgereien" oder "Köstliche Kostbarkeiten - Kostbare Köstlichkeiten" zu sehen.

Für Scheffler ist es die letzte Hallenschau, ehe der 64-Jährige seine Aufgabe abgibt. Er hofft, dass er für die Gäste in Ingolstadt noch einmal einen Ort der Entschleunigung schaffen konnte. "Das größte Kompliment für uns ist, wenn die Besucher die Halle mit einem Lächeln auf den Lippen verlassen", sagt Scheffler. "Dann haben wir es richtig gemacht."