Kampf gegen die Pandemie
Mediziner werben für verschmähten Impfstoff von Moderna - Polizei überwacht Einhaltung der Regeln

04.12.2021 | Stand 04.12.2021, 8:12 Uhr

Geimpft oder genesen im Gasthaus? Die Ingolstädter Polizei kontrolliert zusammen mit dem Gesundheitsamt in Teams die Einhaltung der Corona-Bestimmungen. Es handelt sich hier um eine vom Presseamt der Stadt nachgestellte Szene. In der Gastronomie gilt die 2G-Regel. Bisher ist die Stadt mit der Disziplin zufrieden. Foto: Betz/Stadt Ingolstadt

Von Christian Silvester

Leid ist er wahrlich gewöhnt in der nicht endenden Pandemie-Katastrophe. Aber wenn sich Fehler wiederholen, wird er richtig wütend. Anton Böhm, Sprecher des Ingolstädter Hausärztekreises, meldet sich erneut warnend zu Wort.

Er beschreibt das Dilemma der Hauärzte: Sie könnten derzeit alle impfen, die es wollen, aber nicht jeden mit dem Impfstoff von Biontech. Dessen Verteilung ist jetzt erneut reduziert worden. „Wenn sich mehr mit Moderna impfen lassen würden, dann würde es reichen“, sagt Böhm. Aber die Akzeptanz des Moderna-Vakzins sei weitaus geringer – völlig zu unrecht, sagt der Hausarzt. „Moderna ist ein sehr guter Impfstoff, er wirkt sogar intensiver als Biontech, wird aber schlecht kommuniziert. Da wird ein Fehler wiederholt! Wir hatten das Gleiche doch schon mit Astrazeneca.“ Ebenfalls der Öffentlichkeit schlecht verkauft und deshalb – unberechtigt – von entsprechend mäßigem Ruf.

Die niedergelassenen Medizinerinnen und Mediziner kämpfen nicht nur gegen die Pandemie, sondern gleichwohl für ein besseres Image von Moderna. Das Problem dabei: Dieser Impfstoff soll nur Personen ab dem 30. Lebensjahr injiziert werden. Böhm: „Wir brauchen Biontech für die Jungen.“ Doch weil auch so viele ältere Menschen nach dem in Deutschland entwickelten mRNA-Präparat verlangen, werde es vom Bund, der für die Verteilung zuständig ist, rationiert.

Böhm: 18 Biontech-Dosen pro Hausarzt pro Woche

Wie berichtet, hatte schon am vergangenen Wochenende der Ingolstädter Kardiologe Bernhard Kehrwald mitgeteilt, dass er deutlich weniger Impfdosen erhalten habe als erwartet. Am Donnerstag erfuhr Böhm, dass die Hausärzte „jetzt statt fünf nur noch drei Flaschl Biontech pro Woche bekommen“. So ein „Flaschl“ reiche für sechs Injektionen. „Das sind dann 18 Impfungen mit Biontech pro Praxis pro Woche.“ Zu wenig.

Eine weitere unerfreuliche Folge: „Wir müssen viele Impfungen mit Biontech absagen.“ Sein Team sei nur noch am Telefonieren, um Termine neu zu verteilen, berichtet Böhm, der ein Hausarztzentrum mit sechs Praxen betreibt. „Was des Arbeit kost’! Ständig müssen wir sagen: Tut uns leid.“ Ausgerechnet jetzt setzten die Verantwortlichen mit der Rationierung von Biontech „noch eins drauf“. Böhm impft auch viel als Betriebsarzt. „Wie gesagt: Mit Moderna reicht es.“

Böhm, ein SPD-Stadtrat, sehe viele junge Familien beim Impfen, erzählt er. „Aber ich bin erstaunt darüber, wie viele Ältere da stur bleiben.“ Er habe gehofft, dass auf dem Weg aus der Pandemie keine Impfpflicht notwendig werde, „und wir es mit Vernunft hinbekommen“. Doch angesichts der vielen Unvernünftigen, „die uns die Intensivstationen voll machen, habe ich jetzt meine Meinung geändert“. Böhm fordert: „Eine Impfpflicht ab 50!“

Das Impfzentrum der Stadt sei weiter gut versorgt, berichtet Georg Orth, dessen Leiter. Die bestellten Moderna-Dosen seien alle gekommen, bei Biontech habe es eine Kürzung gegeben. „Aber wir können alles bedienen. Es gibt keine Impfstoffknappheit. Der limitierende Faktor ist weiterhin das Personal im Impfzentrum.“ Der BRK-Kreisverband sei intensiv dran, neue Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu gewinnen.

Auch Orth findet – vom DK danach gefragt –, dass das Moderna-Vakzin „falsch kommuniziert worden ist“. Tatsächlich sei es der intensivere Impfstoff und ab dem 30. Lebensjahr unbedingt zu empfehlen. Das Ziel sind laut Orth bis Weihnachten 1500 Impfungen am Tag. „Wir haben unsere Kapazität schnell wieder hochgefahren.“

Alfred Grob, CSU-Landtagsabgeordneter und Vorsitzender des Kreisverbandes des Bayerischen Roten Kreuzes, stellt klar fest: „Am effektivsten impft man, wenn man ein bis zwei große Impfzentren hat. Da bringt man besser den Impfstoff unters Volk als mit mehreren Zentren oder mobilen Teams. Aber natürlich muss man andererseits auch schauen, dass man verschiedene Angebote macht.“

Polizei und Gesundheitsamt in Teams unterwegs

Die neuen Maßnahmen zur Eindämmung der Corona-Pandemie, etwa die 2G-Regel in der Gastronomie, könnten nur wirken, wenn sie auch eingehalten werden, schreibt die Stadt Ingolstadt in einer Mitteilung. Deshalb würden Kontrollen in Einrichtungen und Betrieben mit Unterstützung der Polizei intensiviert. „Im Zeitraum von Mitte bis Ende November wurden von den Teams bestehend aus Mitarbeitern des Gesundheitsamtes und Kräften der Polizei rund 250 Einrichtungen kontrolliert, darunter Gastronomiebetriebe, Hotels, körpernahe Dienstleister sowie Discos (die inzwischen bayernweit geschlossen sind).“ Das Hauptaugenmerk liege auf den Zugangskontrollen, also ob – je nach Bestimmung – die 3G, 2G oder 2G-plus-Regeln eingehalten werden. Entscheidend sei, dass die Kontrolle bereits am Eingang erfolgt und die Identität mit einem amtlichen Lichtbild-Dokument geprüft werde. Des Weiteren kontrollieren die Teams die G-Nachweise der Mitarbeiter, ob die Maskenpflicht eingehalten wird und ob – wo vorgeschrieben – die Kontaktdaten erfasst werden. Gesundheitsamt und Polizei zeigen sich der Stadt zufolge zufrieden mit den bisherigen Kontrollen. „Die Betreiber sind im Allgemeinen inzwischen stark sensibilisiert und achten auf die Einhaltung der Corona-Regelungen“, heißt es. Bei kleineren Verstößen werde mündlich verwarnt, bei wiederholten Missachtungen drohe ein Ordnungsgeld. Die Kontrollen werden fortgesetzt.