Schlag gegen die Mafia 'Ndrangheta in der Region Ingolstadt
Luxusautos im Millionenwert beschlagnahmt

20.10.2021 | Stand 20.10.2021, 20:30 Uhr
Bezeichnend ist ein Bild, das bei der Razzia im Büro eines Autohausbesitzers im Interpark bei Kösching gefunden wurde. Es zeigt Geld, das in einer Waschmaschine gewaschen wird. Die Mafia-Organisation 'Ndrangheta betreibt Geldwäsche, um illegal erwirtschaftetes Geld in den legalen Finanz- und Wirtschaftskreislauf einzuschleusen. −Foto: Blaimer

Von Daniela Blaimer

Fünf Luxuskarossen stapeln sich am Mittwochnachmittag auf einem Transporter vor einem Autohaus im Köschinger Interpark: Mercedes-Benz G-Klasse, Lamborghini, Bentley-Limousine, Porsche - Fahrzeuge im Wert von einer Million Euro. Bereit für den Abtransport. Beschlagnahmt von der Polizei.

Ihr Besitzer ist vermutlich der Geschäftsführer des Autohauses - er soll laut Polizeiangaben Mitglied der mächtigen süditalienischen Mafia-Organisation 'Ndrangheta sein. Eine kriminelle Vereinigung, gegen die unter anderem wegen Steuerhinterziehung in Höhe von 13 Millionen Euro ermittelt wird. 

Insgesamt elf Verdächtige festgenommen
In einer internationalen Großrazzia ist Polizeibeamten und Steuerfahndern am frühen Mittwochmorgen ein erfolgreicher Schlag gegen das Syndikat gelungen. Der Schwerpunkt der Aktion lag in der Region: Die Polizei rückte unter anderem in Buxheim und dem Interpark zwischen Großmehring und Kösching an. In Bayern wurden vier der per Haftbefehl gesuchten Menschen festgenommen, sechs weitere in Italien und einer in Bulgarien. Diese elf Hauptverdächtigen werden nach Polizeiangaben der 'Ndrangheta zugerechnet. Seit über einem Jahr ermittelt die Kriminalpolizei mit Zentralaufgaben des Polizeipräsidiums Oberbayern Nord zusammen mit der Steuerfahndung Augsburg unter Führung der Europäischen Staatsanwaltschaft (Eppo) gegen die international agierende Tätergruppe. 

Insgesamt 46 Wohn- und Gewerbeobjekte in Deutschland, Italien und Bulgarien sind am Mittwoch durchsucht worden. Darunter 17 in Bayern; elf davon im Norden Oberbayerns, eines im Bereich München, eines in der Oberpfalz sowie vier in Mittelfranken. Mehr als 80 Beamte waren für die Razzia in Bayern eingesetzt. "Schwerpunkt der Durchsuchungen war auf jeden Fall das Autohaus im Interpark", sagt Pressesprecher Andreas Aichele vom Polizeipräsidium Oberbayern Nord. "Da geht es um sehr viel Geld." 

Umsatzsteuerkarussell als Betrugsmodell
Mit Hilfe eines sogenannten Umsatzsteuerkarussells sollen sich die Beschuldigten laut Aichele bereichert haben. Sie haben europaweit mit Luxusautos gehandelt und sich die Umsatzsteuer mehrfach erstatten lassen, obwohl diese nicht gezahlt worden war - ein seit Jahrzehnten praktiziertes Betrugsmodell. Unternehmen können sich die Mehrwertsteuer rückerstatten lassen, wenn sie ihre Produkte in andere Länder exportieren und nicht an Endkunden verkaufen. Dies machen sich Betrügerbanden zunutze, indem sie Waren - die manchmal nur auf dem Papier existieren - von einem Land ins nächste exportieren.

Wie Aichele erklärt, handle es sich bei der Durchsuchung um die erste operative Aktion der Eppo. Diese wird aktiv, sobald die mutmaßliche Schadenshöhe für ein EU-Land mehr als zehn Millionen Euro beträgt. Oberstaatsanwalt Marcus Paintinger, delegierter Eppo-Staatsanwalt des Büros München ist mit dem bisherigen Verlauf des Verfahrens sehr zufrieden: "Ohne die EPPO hätten die Vorbereitungen für diese Operation Monate gedauert - jetzt war das eine Frage von Wochen." Auch Aichele zeigt sich überzeugt: "Die Razzia war ein voller Erfolg." 

Die elf Festgenommenen sollen spätestens am Donnerstag den zuständigen Haftrichtern vorgeführt werden. "Ich bin kein Richter, aber meiner Meinung nach gehen alle ins Gefängnis. Wir haben sehr viel gegen sie in der Hand", sagt Aichele abschließend.