Reizgas in einem Barzelt versprüht – Freitagnacht wurde enorme Rettungskette alarmiert – Täter gefasst
„Junge Mädchen, die nichts mehr sehen konnten“

27.06.2022 | Stand 27.06.2022, 7:31 Uhr
−Foto: oh

Von Lena Krammer

Am Freitagabend eskalierte auf dem Köschinger Bürgerfest ein Streit zwischen drei jungen Männern. In einem Barzelt an der Oberen Marktstraße wurde Reizgas in Form von Pfefferspray versprüht. Das zog einen gewaltigen Großeinsatz von Rettungsdienst, Feuerwehr, Katastrophenschutz und der Krisenintervention nach sich. Der Täter konnte laut Angaben von der Polizei gleich nach der Attacke gefasst werden. 

Mit dem Stichwort „Massenanfall von Verletzten“ wurde spätabends um 23.12 Uhr eine enorme Rettungskette alarmiert. Rotkreuzorganisationen aus Kösching und Ingolstadt über Beilngries und Geisenfeld bis hin zum Rotkreuz Neumarkt und Neustadt rückten an. Auch die Einsatzkräfte der Feuerwehr Kösching waren vor Ort. Zusätzlich wurde der Katastrophenschutz und das Kriseninterventionsteam des Landkreises Eichstätt sowie ein Intensivtransporthubschrauber aus Regensburg angefordert. Auch die Polizei zeigte mit mehr als 20 Mann eine starke Präsenz. 

„Zuerst waren es nur drei Verletzte, die sich beim Rettungsdienst meldeten. Sie klagten über Augenreizungen und Atembeschwerden. Doch innerhalb weniger Minuten schlugen immer mehr Betroffene auf“, erzählt Jürgen Meier, Kommandant und Einsatzleiter der Feuerwehr. Laut Polizeiangaben wurden etwa 50 Personen durch die Pfefferspray-Attacke verletzt. Dominik Köstler, Organisatorischer Einsatzleiter des Rettungsdienstes beim Einsatz, berichtigt: „Effizient wurden 35 Verletzte versorgt und betreut.“

Im Vorraum der Sparkasse wurde sofort eine Sammelstelle eingerichtet, um die verletzten Personen zu versorgen. Später wurde die Sammelstelle in die Fahrzeughallen des Feuerwehrgerätehauses verlegt, und mit dem BRK-Bereitschaftszelt am Pogo-Parkplatz standen drei Sammelplätze zur Verfügung.

Bürgermeister Ralf Sitzmann beschreibt seine ersten Minuten des Einsatzes: „Ich wurde am Marktplatz ausgerufen und angefordert. Zu dem Zeitpunkt war ich gerade an der unteren Bühne und bin dann sofort ins Feuerwehrgerätehaus gelaufen, wo eine Besprechung mit den Einsatzleitern und den Notärzten stattfand. Auch meine beiden Bürgermeisterkollegen waren anwesend.“ 

Die 45 Köschinger Feuerwehrmänner und -frauen waren verantwortlich für die Räumung des Bereichs bis zum Rathausplatz, um Rettungswägen einen Zufahrtsweg zu schaffen, falls nötig. Außerdem wurde der Schadensort weiträumig abgesperrt. „Es war wirklich ein schockierender Anblick“, beschreibt Jürgen Meier. „Junge Mädchen, die nichts mehr sehen konnten. Einige rissen sich die Kleider vom Leib, weil die Haut von dem Spray so gereizt war.“ Die Einsatzkräfte des Rettungsdienstes sowie die vier Notärzte führten Augenspülungen durch und behandelten die Augenreizungen mit einer Creme. Auch die Atemwegsreizungen, die zu Asthma-Anfällen führen können, wurden schnell versorgt.

„Es waren 66 Einsatzkräfte des Rettungsdienstes und 28 Rettungsfahrzeuge des Landkreises Eichstätt im Einsatz“, meldet Einsatzleiter Dominik Köstler. „Sogar Zivilisten mit einer medizinischen Ausbildung wie Krankenschwestern oder Pfleger unterstützen beim Großeinsatz“, lobt Jürgen Meier anerkennend und dankend. Das Kriseninterventionsteam kümmerte sich um Betroffene sowie Angehörige. „Viele hyperventilierten. Sie erlitten einen Schock aufgrund der immensen Stresssituation“, so Meier weiter.

Laut Polizeiangaben wurden zehn Verletzte zur Behandlung ins Krankenhaus gebracht. Der Einsatzleiter des Rettungsdienstes Köstler stellt klar: „Kein einziger Betroffener musste ins Krankenhaus transportiert werden. Alle Verletzten konnten durch die ambulante Behandlung vor Ort versorgt werden.“

Die Polizei ging taktisch und sehr klug vor, um kein größeres Aufsehen zu erregen, sodass das Bürgerfest am anderen Ende der Festmeile gewohnt weiterlaufen konnte. Die Band am Marktplatz wurde angewiesen, bis zum Einsatzende keine Pause mehr zu machen, damit für die feierwütigen Partygäste kein Grund bestand, das Zelt zu verlassen. So konnte der Großeinsatz wie am Rande abgearbeitet werden. „Die Zusammenarbeit der Hilfsorganisationen war wirklich hervorragend. Die Rettungskette hat einwandfrei funktioniert“, betont Dominik Köstler.

Mehr als zwei Drittel der anwesenden Einsatzkräfte waren ehrenamtlich Engagierte. „Viele waren kurz zuvor noch selbst auf dem Bürgerfest als Gäste. Und von jetzt auf gleich standen alle in Einsatzkleidung parat, um zu helfen“, lobt der Rettungsdienstleiter. Auch der Bürgermeister meint: „Den Einsatz hätte es nicht gebraucht, aber es ist glimpflich ausgegangen. Dank der vielen Einsatzkräfte.“