Insolvenz des Herrenausstatters: Millionenklage gegen Bäumler-Chefs endet mit Vergleich

17.01.2020 | Stand 17.01.2020, 10:12 Uhr
Justizia
Symbolbild Gericht −Foto: Pixabay

Im vergangenen September hat sich der Zusammenbruch des traditionsreichen Ingolstädter Herrenausstatters Bäumler zum zehnten Mal gejährt. Seit sieben Jahren beschäftigte sich das Ingolstädter Landgericht auch schon mit der Millionenklage von Insolvenzverwalter Martin Prager gegen die beiden letzten Vorstände der AG, Sanjiv Singh und Richard Lohner. Dieser genauso spektakuläre wie langwierige Prozess hat nun mit "einem verfahrensbeendenden Vergleich", wie das Landgericht dem DONAUKURIER mitteilte, doch noch eine gütliche Einigung gefunden. Zu den genauen Modalitäten vereinbarten beide Seiten laut Landgerichtssprecher Jürgen Häuslschmid eine Verschwiegenheitsklausel.

(ty) Wie vielfach berichtet, kämpften die beiden Vorstände im Sommer 2009 mit der restlichen Bäumler-Belegschaft fieberhaft um den Fortbestand des Traditionshauses. Als der einzige Geldgeber, die Gläubigerbank, dem Anzugspezialisten aber die Kreditlinien sperrte, blieb Singh und Lohner nicht s mehr anderes übrig, als letztlich zum Ingolstädter Amtsgericht zu wandern und dort den Insolvenzantrag zu stellen. Der eingesetzte Insolvenzverwalter Prager konnte das Textilunternehmen aber auch nicht mehr retten.

Wie der bekannte Sanierungsexperte aber mittels eines eigenen Gutachtens festgestellt haben will, hätten die Vorstände damals im Tagesgeschäft noch Zahlungen an Lieferanten getätigt, obwohl das Unternehmen viel früher zahlungsunfähig gewesen sei, als es der Vorstand mit der Pleite eingestand. Um möglichst viel Geld für die Insolvenzmasse zu sichern, verklagte Prager daraufhin die Modemanager, um ihnen nach der sogenannten Directors&Officers-Versicherung zu trachten, die Bäumler auch für seine Führungskräfte abgeschlossen hatte - beides ein absolut üblicher Weg in der Branche. 4,65 Millionen Euro forderte der Insolvenzverwalter, die Deckungssumme der Versicherung lag - wie es vor Gericht hieß - bei vier Millionen.

Beim Prozessbeginn damals vor der Handelskammer des hiesigen Landgerichts war - wie bei Zivilverfahren üblich - gleich der Versuch einer gütlichen Einigung unternommen worden, bevor man in einen ewigen Prozess einsteigen würde; der es letztlich dann auch wurde. Der Forderung nach zwei Millionen Euro (der Hälfte der Deckungssumme) durch die Klägerseite standen 500000 Euro gegenüber, die von den Beklagten (mit der Versicherung im Rücken) geboten wurden. Somit lag man weit und seinerzeit unüberbrückbar auseinander. Im vergangenen Oktober nun startete der Vorsitzende Richter der Handelskammer, Franz Kugler, bei der letzten mündlichen Verhandlung einen weiteren Versuch, dass die Parteien doch noch zueinander finden und regte einen Vergleich an.

Der kam nun tatsächlich zustande, wobei davon auszugehen ist, dass die Annäherung klar von der Seite Singhs und Lohners beziehungsweise eben der Bäumler-Versicherung gekommen ist, sodass die vereinbarte Summe im siebenstelligen Bereich zu finden sein dürfte.

Kuglers Vorstoß für eine außergerichtliche Einigung war nach einer Zäsur in dem Verfahren gekommen, die sich durch das von der Kammer in Auftrag gegebene Insolvenzgutachten (plus Ergänzungsgutachten) ergeben hatte. Dessen umfangreiche Ergebnisse waren vom Sachverständigen in der Oktoberverhandlung ausführlich vorgetragen worden und "nicht gerade Wasser auf die Mühlen" der Beklagten, wie Richter Kugler damals feststellte. Der Bäumler-Vorstand habe laut dem Gutachter im August 2009 durchgehend schon in Unterdeckung gearbeitet, de facto war man zahlungsunfähig. Dieser deutliche Fingerzeig auf den möglichen Ausgang der Millionenklage, falls es zu einem Urteil kommen würde, beflügelte die Einigungsbereitschaft der Parteien offensichtlich stark; besonders die der Bäumler-Versicherung.

Wobei sich Singh und Lohner stets vehement gegen den Vorwurf zu Wehr setzten, sie hätten die Reißleine gezogen. In den Verhandlungen, in denen sie über die Jahre auch mehrfach persönlich anwesend waren, betonten sie immer, sich nichts vorzuwerfen zu haben. Sie hätten stets korrekt gehandelt. Die persönliche Verteidigung ("Wir sind in akuter Beweisnot!") fiel ihnen allerdings schwer, da seinerzeit Dutzende Aktenordner aus der damaligen Bäumler-Zentrale verschwunden sind, als das Team des Insolvenzverwalter schon das Kommando in den Räumen an der Despagstraße hatte. Dies wird mit dem Rest des Falls für immer Teil eines denkwürdigen Stücks Ingolstädter Wirtschafts- und Justizgeschichte sein.DK