„Bei Omikron nicht in Hysterie verfallen“
Ingolstädter Mediziner Böhm fordert Ende aller Corona-Schutzmaßnahmen im Frühsommer

03.01.2022 | Stand 03.01.2022, 15:48 Uhr

Der Ingolstädter Arzt und SPD-Stadtrat Anton Böhm prangert in einem Schreiben an Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach „behördliche Omikron-Hysterie“ an. Foto: DK-Archiv

Der Ingolstädter Arzt und SPD-Stadtrat Anton Böhm appelliert an die Politik, „bei Omikron nicht in eine Hysterie“ zu verfallen. Er fordert in einem Brief an Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) und den bayerischen Gesundheitsminister Klaus Holetschek (CSU) Lockerungen bei den Quarantänemaßnahmen und spricht sich dafür aus, im Frühsommer „alle Covid-Schutzmaßnahmen zu beenden“ – „mit Inkaufnahme aller negativer Konsequenzen, die sich daraus ergeben könnten“.

Voraussetzung dafür sei die Möglichkeit, dass sich die Menschen dann auch mit einem sogenannten Totimpfstoff impfen lassen können – ein Impfstoff, auf den etliche Gegner der bisherigen gegen Covid-19 verabreichten Vakzine warten. „Wer dann immer noch unbelehrbar bleibt“ und sich nicht impfen lasse, der „geht bewusst ein hohes Risiko für seine Gesundheit ein und der Staat ist dann auch meiner Meinung nach nicht mehr verpflichtet, für den Schutz dieser Menschen zu sorgen“.



Als Zeitpunkt für die Beendigung aller Covid-Schutzmaßnahmen kann sich Böhm Anfang Mai vorstellen. Spätestens vier Wochen, nachdem auch Totimpfstoff in Deutschland verabreicht werden kann, solle man überlegen, ob man noch harte gesetzliche Maßnahmen zur Kontaktbeschränkung erlassen soll. „Diese werden von Demokratiegegnern sowieso nur missbraucht“.

Brief an Bundesgesundheitsminister Lauterbach

Böhm, in dessen Hausarztzentren seinen Angaben zufolge bisher insgesamt rund 22.000 Impfungen verabreicht worden sind, hat sich bereits in der Vergangenheit mehrmals zum Vorgehen in der Pandemie mit kritischen Schreiben an Landes- und Bundespolitiker gewandt. In seinem jetzigen Brief an Lauterbach, ein Parteigenosse Böhms, prangert der Ingolstädter eine „behördliche Omikron-Hysterie“ an. Wenn ein Schüler oder eine Lehrkraft dreifach geimpft sei und in der Klasse werde ein Omikronfall bekannt, müssten diese als Kontaktpersonen in eine 14-tägige Quarantäne. Böhm hält dies für „vollkommen übertrieben“. Es führe dazu, „dass niemand bei einer Infektion der oberen Luftwege sich zum Arzt begibt, geschweige denn einen PCR-Test machen lassen will“. Denn man habe auch als Geimpfter Angst, es könnte Omikron sein und die Umgebung erhalte „eine 14-tägige Einzelhaft“, auch wenn diese sich nicht infiziert habe. So werde die Quarantäne umgangen und es blieben real wieder die Schulkinder, die zwangsgetestet würden, als Opfer behördlichen Vorgehens übrig, so Böhm weiter.

„Übertriebene behördliche Maßnahme“ bei Omikron

Als Gegenbeispiel nennt er eine dreifach geimpfte Mutter, deren beide Kinder Delta positiv seien. Diese werde in die Arbeit geschickt, bis sie, fünf Tage später ebenfalls positiv getestet, in Quarantäne müsse. Die „übertriebene behördliche Maßnahme“ bei Omikron müsse sofort beendet werden. Der Ingolstädter plädiert stattdessen dafür, dass sich alle Kontaktpersonen spätestens nach acht Tagen testen könnten und nach einem negativen PCR-Test aus der Quarantäne entlassen werden könnten.

Bereits seit einigen Tagen diskutiert die Politik über eine Lockerung der Quarantäneregeln bei Omikron. Weil die hoch ansteckende Variante die kritische Infrastruktur zu belasten droht, hat Gesundheitsminister Karl Lauterbach eine „Überarbeitung der Quarantäneregeln“ angekündigt. Sein Kollege aus Bayern, Klaus Holetschek, hat eine Befreiung von der Quarantäne für geboosterte Kontaktpersonen ins Gespräch gebracht. Das Thema soll am Freitag bei der Bund-Länder-Konferenz besprochen werden.

rl