In welche Richtung soll es gehen für die Innenstadt?

25.02.2021 | Stand 25.02.2021, 15:19 Uhr
Wo geht's lang? Sigrid Diewald, Patin der Themenwerkstatt Stadtstrategie, berichtet von einer spannenden Identitätssuche. −Foto: Eberl

Themenwerkstatt Stadtstrategie schlägt Identitätsrat und ein "Wir-Haus" vor

(ty) Zwei Worte nur - aber ein klares Bekenntnis: "Vorsätzlich Ingolstadt!", schrieb Christine Haderthauer im Jahr 2009, damals bayerische Familienministerin, ins Goldene Buch der Stadt Ingolstadt. Zwei Worte nur, aber sie brannten sich Sigrid Diewald tief ins Gedächtnis. Jetzt, als Patin der Themenwerkstatt Stadtstrategie, denkt sie wieder an dieses Statement "vorsätzlich Ingolstadt".

Diewald und insbesondere die Teams in den Arbeitskreisen stehen vor der spannenden Aufgabe, zu benennen, was die Stadt und ihre Bewohner ausmacht. Eine Herausforderung: "Denn wir Ingolstädter sind ein Volk von Grüppchen", meint Diewald. Nun soll eine Identität her. Für das symbolhafte Foto wählt Sigrid Diewald, gebürtige Ingolstädterin, Designerin und Geschäftsführerin der Agentur schnellervorlauf , den Schliffelmarkt aus und posiert wie seinerzeit der Polizist, der an dieser belebten Kreuzung den Verkehr regelte. In welche Richtung soll es gehen für die Innenstadt? "Die Frage ist, wie wir in Zukunft Ingolstadt denken werden. " Diewald spricht in dem Zusammenhang gerne von der DNA. Wenn sich die Stadt beispielsweise als Innovationsstadt begreifen will - "wie wird sie das? "

Die Kunst, eine Identität zu definieren, die Marke Ingolstadt zu entwickeln, steht zweifellos im Zentrum aller Bemühungen in diesem Prozess, einen Wandel einzuläuten. In den Arbeitskreisen ist man dementsprechend hochmotiviert, berichtet die Patin. Aber Corona erschwere die Kommunikation: "Es fühlt sich an wie aus der Konserve für die Konserve. Wenn wir uns Gedanken über das Übermorgen machen, ist das aber auch eine riesige Chance, alte Zöpfe abzuschneiden. " Diewald definiert das Ziel: "Wir wollen die Grundlage schaffen für ein besseres, tolleres und resilienteres Ingolstadt. Unsere Anstrengungen sind nicht umsonst, davon bin ich überzeugt. " Denn diesmal ist eine starke Graswurzelbewegung am Werke: "Jetzt geht es nicht top-down, sondern bottom-up", so Diewald. Also nicht von oben nach unten, sondern von unten nach oben.

Die Frage war zunächst, wie man sich dem Thema nähern kann. "Denn wir können ja nicht die Identität abbilden, es gibt ja ganz viele. Daher geht der Aufruf an die Bürger, sich zu identifizieren, um Identität zu ermöglichen. Es braucht engagierte Bürger, um die Realität abzubilden. " Bei diesen Diskussionen kristallisierte sich die Idee heraus, einen unabhängigen Identitätsrat zu gründen. Für Sigrid Diewald gehen bei diesen Überlegungen zwei Dinge Hand in Hand: "Identität und Diversität müssen zusammenarbeiten. Diversität muss in allen Schichten fest verankert sein. "

(ty) Die Zahl gebürtiger Ingolstädter sinke immer mehr: "Wir müssen Leuten, die aus der Türkei oder aus Franken stammen, nicht unser Ingolstadt erklären, sondern jeder muss sein Ingolstadt erklären. " Das erfordere Teilhabe. "Ich denke, in der Vergangenheit wurde zu wenig dafür getan, dass diese Vielfalt zusammenwächst", meint Diewald. Auf der Liste möglicher Maßnahmen finden sich Ansätze: eine Ausstellung der Migrationsgeschichte, eine Medienkampagne für Diversität & Vielfalt sowie interkulturelle Gärten oder Gärten der Vielfalt auf dem Landesgartenschaugelände im Nordwesten. Es entstand auch die Idee für ein "Wir-Haus". "Wir könnten das Bürgerhaus neu definieren, denn als es eröffnet wurde, hatte Ingolstadt 80000 Einwohner, jetzt sind es 140000.

Vielleicht sollten wir ein Bürgerhaus 2.0 daraus machen. " Universität, Frankenstein, Festung, Boomtown - für Diewald braucht es mehr, um die Marke "Ingolstadt"zu formen. "Wir müssen eine Stadt schaffen, die für mehr steht als Historie und Arbeit", so Diewald. "Wobei es ein Riesenglück ist, Weltunternehmen wie Audi, Airbus oder MediaSaturn vor Ort zu haben. Das ist sensationell, und ich verstehe nicht, dass manche Ingolstädter das nicht schätzen, dass sie sich nicht damit identifizieren. " Sigrid Diewald arbeitet als Kreative eigenen Aussagen zufolge lieber wie ein "Maulwürflein". Am Runden Tisch öffentlich aufzutreten, widerstrebt ihr einerseits. Andrerseits will sie sich die Gelegenheit, bei diesem bedeutsamen Prozess mitzuwirken, nicht entgehen lassen. "Wir haben jetzt die Chance, etwas Anderes zu machen. "

Das erfordere aber klare Leitlinien, so Diewald: "Um auf der Spur zu bleiben und nicht in alle Richtungen zu diffundieren. " Die Vorgabe klingt eigentlich ganz einfach: "Wir wollen etwas schaffen, von dem die Ingolstädter glauben: Dafür sind wir einzigartig. " Ein konkretes Ergebnis liegt schon vor: Laut Wirtschaftsreferent Georg Rosenfeld schreibt die IFG die Stelle eines Standort- und Marketing-Managers aus: Dieser Profi soll eine Stadt-Marke entwickeln und eine Stakeholder-Community aufbauen. "Ich hoffe, wir finden bis Ende Juli jemanden, um den Innenstadt-Prozess und den Dialog zu unterstützen. "

Suzanne Schattenhofer