In Frack und Zylinder auf dem Hochrad

13.08.2021 | Stand 13.08.2021, 21:00 Uhr
Im Fuchsbau bei Manching treffen sich am Sonntag Fahrer von seltenen historischen Rädern zu einer Rundfahrt. Matthias und Syliva (r.) Schmid vom Verein Historische Räder Bruckbergerau organisieren das Treffen und haben bei Fuchsbau-Wirtin Kerstin Blattner vor kurzem die Gegend erkundet - mit Original-Rädern und in zeitgenössischer Kleidung. −Foto: privat

Im Fuchsbau bei Manching treffen sich am Sonntag die Besitzer historischer Räder

(ty)

Forstwiesen Tief im Niederbayerischen, zwischen Moosburg und Landshut, liegt Bruckbergerau, ein kleiner Ortsteil der Gemeinde Bruckberg. Der kleine Flecken unweit der A 92 hat im Grunde nicht viel Sehenswertes zu bieten – bis auf die Sammlung von Matthias und Sylvia Schmid und den Verein Historische Räder Bruckbergerau. Niemand würde vermuten, dass dort einige seltene Exemplare aus der Anfangs- und Entstehungszeit des Fahrrads gehegt und gepflegt werden. Zu besonderen Anlässen werden die historischen Räder auch bewegt – so wie an diesem Sonntag, wo am Fuchsbau bei Manching ein Treffen historischer Fahrräder geplant ist.


Gründer und „Motor“ des Vereins ist Matthias Schmid. Er und seine Freunde haben in jahrelanger Suche Dutzende historischer Räder aus zwei Jahrhunderten gesammelt. Darunter befinden sich nicht nur markante Hochräder, eine kurzlebige Modeerscheinung am Ende des 19. Jahrhunderts, sondern auch Drei- und Einräder, Fahrräder mit Holzspeichen und einem Reifen aus Eisen statt Schlauch und Mantel, Tandems, Laufräder und viele andere mehr. Schmid ist ein Fahrrad-Enthusiast, sogar Unterricht im Hochradfahren gibt, was im Übrigen gar nicht einfach ist. Doch er kann auf eine Erfahrung von mehr als einem halben Jahrhundert zurückblicken.


Der 68-Jährige ist natürlich selber stolzer Besitzer mehrerer historischer Räder, darunter drei hölzerne Hochräder, die wohl um 1860/70 in Niederbayern hergestellt wurden – damals natürlich noch in reiner Handarbeit. Um so ein Exemplar fachmännisch zu restaurieren, braucht man nicht nur handwerkliches Können, sondern auch viel Erfahrung: Kaum ein Wagner stellt noch Holzräder her. Für sein Engagement erhielt er vor einiger Zeit die Medaille für besondere Verdienste um die bayerische Gastlichkeit.


Schmid und der Verein Historische Räder Bruckbergerau sind in ganz Bayern und darüber hinaus mit ihren alten Radeln unterwegs. „Wir waren schon in Frankfurt, in Österreich oder beim Oktoberfest“, erzählt er. Auch bei Faschingsumzügen oder Rennen mit historischen Rädern hat er schon mitgemacht. In Landshut ist der Verein durch seine Teilnahme am Auszug zur Barthlmädult bekannt. Die Hochradfahrerinnen und -fahrer tragen dabei zeitgenössische Gewänder aus dem 19. Jahrhundert.


Auch am Sonntag werden die hoffentlich zahlreichen Radlerinnen und Radler in Frack und Zylinder respektive entsprechender Damenbekleidung erscheinen. Außerdem sind die Räder mit Kräuterbuschen geschmückt. Am Sonntag ist bekanntlich Mariä Himmelfahrt, ein Feiertag, in dessen Vorfeld traditionell Kräuterbuschen gebunden werden. Die Sternfahrt an Mariä Himmelfahrt steht jedes Jahr auf dem Programm des Vereins.


Wer Interesse an alten Rädern hat, dürfte am Sonntag ab etwa 10.30 Uhr auf seine Kosten kommen. Mindestens zehn historische Räder werden laut Schmid zu sehen sein, vermutlich aber mehr. Sie stammen aus der Zeit zwischen 1870 und 1890. Darunter wahrscheinlich auch ein Damen-Hochrad aus dieser Ära, eine absolute Seltenheit. Auch der Besitzer eines Michaux-Rades hat sein Erscheinen angekündigt. Diese Räder waren in den 1860er-Jahren sehr angesagt und bildeten die Vorläufer der Hochräder. Das etwas größere Vorderrad hatte eine Tretkurbel, die Holzräder ein Eisenband. Die Fortbewegung mit einer Michauline, wie es auch genannt wurde, war ziemlich ungemütlich, weshalb diese Räder in England auch Boneshaker genannt wurden.
Der Fuchsbau ist Start und Ziel einer Rundfahrt im Feilenmoos, die über Geisenfeld und Ernsgaden führt.