Giftanschläge auf Freundin und Eltern?

09.01.2018 | Stand 09.10.2019, 3:37 Uhr

Ab Ende Januar steht ein Landwirt aus Wettstetten wegen dreifachen Mordversuchs vor dem Schwurgericht (ty) Am Landgericht steht ein spektakulärer Indizienprozess bevor: Ab dem 25. Januar muss sich dort ein 53-jähriger Landwirt aus Wettstetten wegen des Vorwurfs des dreifachen versuchten Mordes verantworten.

Ab Ende Januar steht ein Landwirt aus Wettstetten wegen dreifachen Mordversuchs vor dem Schwurgericht

(ty) Am Landgericht steht ein spektakulärer Indizienprozess bevor: Ab dem 25. Januar muss sich dort ein 53-jähriger Landwirt aus Wettstetten wegen des Vorwurfs des dreifachen versuchten Mordes verantworten. Der Mann soll versucht haben, seine Lebensgefährtin und seine Eltern mit Rattengift zu beseitigen. Er bestreitet das.

Giftanschläge sind in der Gewaltkriminalität kaum alltäglich zu nennen - insofern dürfte dem Verfahren, das in Kürze vor dem Ingolstädter Schwurgericht ansteht und für das vorerst zehn Verhandlungstage bis Anfang März angesetzt worden sind, auch überregional große Aufmerksamkeit zuteilwerden. Die Pressestelle des Landgerichts spricht von einem "komplizierten Fall", der die Anhörung von über 30 Zeugen und vier Gutachtern nötig mache. Ebenso wie im vor einem Jahr mit einem Schuldspruch abgeschlossenen Mordfall Anastasia dürfte somit eine hochkomplexe Beweisaufnahme anstehen.

Der angeklagte Landwirt sitzt seit Februar vorigen Jahres in Untersuchungshaft. Aufwendige Gutachten hätten das Ermittlungsverfahren in die Länge gezogen und erst jetzt eine Anklageerhebung ermöglicht. Die Ermittlungsbehörde hatte die Verhaftung des Beschuldigten seinerzeit - wie es heute heißt, aus Rücksicht auf besondere Umstände des Falles - nicht publik gemacht. Auch in Wettstetten hatten sich die Vorwürfe gegen den Landwirt bis gestern offenbar noch nicht herumgesprochen.

Dem 53-Jährigen wird laut Auskunft des Landgerichts vorgeworfen, zunächst im Zeitraum April/Mai 2015 seiner damaligen Lebensgefährtin Rattengift in Speisen und Getränken verabreicht zu haben. Die Konzentration des Giftes habe den Ermittlungen zufolge einen "hohen toxischen, lebensgefährlichen Bereich" erreicht und schwere innere Blutungen verursacht. Die Frau konnte allerdings im Krankenhaus gerettet werden. Ein konkreter Tatverdacht in Richtung des Lebensgefährten war seinerzeit offenbar noch nicht entstanden. Leitender Oberstaatsanwalt Wolfram Herrle: "Es war lange nicht klar, was eigentlich Sache ist."

Im November 2016 soll es dann zu einem zweiten Giftanschlag gekommen sein - diesmal auf die heute 77 und 80 Jahre alten Eltern des Landwirts. Das im Nachbaranwesen lebende Ehepaar soll das geruchs- und geschmacksneutrale Schädlingsbekämpfungsmittel, das sich der mutmaßliche Täter nach den Recherchen der Polizei eigens übers Internet aus China besorgt haben soll, vermischt in Speisen und Getränken verabreicht bekommen haben. Hier soll die Giftkonzentration laut der Gerichtssprecherin noch etwas höher, also sogar tödlich gewesen sein. Die Senioren konnten nur durch rechtzeitige Intensivbehandlung im Krankenhaus gerettet werden.

Als Motiv des Angeklagten vermutet die Staatsanwaltschaft Habgier. Der Mann soll den Ermittlungen zufolge versucht haben, seine Eltern aus dem Weg zu räumen, um sich in den Besitz des Erbes zu bringen. Der 53-Jährige bestreitet die Vorwürfe laut Anklagebehörde bis heute. Sollte das so bleiben, wird es im anstehenden Prozess vor der als Schwurgericht fungierenden 1. Strafkammer unter Vorsitz von Landgerichtsvizepräsident Jochen Bösl auf die Würdigung von Indizien ankommen. Insbesondere den Gutachten der medizinischen Experten, die den Nachweis der verwendeten Giftstoffe geführt haben, dürfte große Bedeutung zukommen.

Der Chef der Ingolstädter Staatsanwaltschaft gab sich gestern zuversichtlich, dass seine Behörde hinreichende Anhaltspunkte für eine Täterschaft des angeklagten Landwirts ermittelt hat: "Wir sind der Überzeugung, dass es reicht." Der Prozess, so Wolfram Herrle, werde sicher auch zeigen, dass die Ermittler den Fall aus vernünftigen, vertretbaren Gründen bis zuletzt nicht öffentlich gemacht haben.

Von Bernd Heimerl