Getrübte Gartenfreuden

In diesem Jahr gibt es erstmals in Bayern zwei Landesgartenschauen – Werden sie trotz Corona punkten können?

05.04.2021 | Stand 05.04.2021, 9:28 Uhr
Landesgartenschau −Foto: Schalles

In diesem Jahr gibt es erstmals in Bayern zwei Landesgartenschauen – Werden sie trotz Corona punkten können?

(ty) Die Krise macht es möglich: Obwohl mittlerweile in Deutschland Gartenschauen längst keine Selbstläufer mehr sind, soll es in diesem Jahr erstmals in Bayern eine Doppel-Schau geben. Die vom vergangenen Jahr verschobene Landesgartenschau in Ingolstadt wird nach derzeitiger Planung vom 21. April bis 3. Oktober stattfinden. Etwas kürzer soll in dieser Zeit auch noch die regulär heuer geplante Gartenschau in Lindau laufen (20. Mai bis 26. September). Können die Veranstaltungen in der Corona-Krise punkten?

Am Bodensee könnte es dabei auch noch so etwas wie eine Gartenschau-Inflation geben: Denn in Überlingen soll auch noch die Landesgartenschau Baden-Württemberg stattfinden. Auch sie wurde wegen der Pandemie 2020 verschoben - der dann für den 9. April 2021 geplante Start wurde vor wenigen Tagen wegen zu hoher Corona-Infektionszahlen im Bodenseekreis wieder verschoben. Zudem ist die Blumeninsel Mainau ohnehin seit Jahrzehnten ein beliebtes Ziel von Gartenfreunden.

Der Geschäftsführer der bayerischen Landesgartenschau, Martin Richter-Liebald, glaubt trotz dieser Ballung daran, dass sich die beiden Landesgartenschauen am Bodensee gut ergänzen werden: „Hier gibt es einen Dreiklang mit der Mainau zusammen, die eine dauerhafte Gartenausstellung ist.“ Doch wie die Flut der Blumenschauen nun unter Corona-Bedingungen mit Hygiene-Vorgaben ankommt, bleibt abzuwarten.

In Bayern können die Landesgartenschauen mittlerweile auf eine vier Jahrzehnte dauernde Geschichte zurückblicken. Premiere war im Jahr 1980 in Neu-Ulm, wo es eine gemeinsame Schau mit Baden-Württemberg und der Nachbarstadt Ulm gab. Die erste alleinige bayerische Gartenschau war 1985 in Augsburg. Eine halbe Million Besucher wurden damals erwartet, sogar 1,2 Millionen kamen.

Von solchen Erfolgen sind die Veranstaltungen heute weit entfernt. Die letzte große Landesgartenschau in Bayern, 2018 in Würzburg, endete mit langen Gesichtern. Es kamen nur rund 700 000 Besucher - etwa 200 000 weniger als erhofft. Oftmals wurde die damalige Hitze für die Probleme verantwortlich gemacht. Letztlich verbuchten die Organisatoren ein Minus von rund fünf Millionen Euro in der Kasse.

In Traunstein und in Erlangen hatten die Wähler zuvor schon geplante Landesgartenschauen bei Bürgerentscheiden an der Urne durchfallen lassen. Auch in Schweinfurt, das 2026 an der Reihe ist, gab es erheblichen Gegenwind. Eine Bürgerinitiative wollte das Projekt verhindern, konnte aber nicht genügend Unterstützer mobilisieren. Umstritten ist das Projekt dennoch, die Gegner fürchten insbesondere eine zu große finanzielle Belastung für die unterfränkische Stadt.

In anderen Bundesländern gibt es ähnliche Probleme. In Hessen sagte Darmstadt die Gartenschau 2022 ab, weil die Stadt sich nach Gewerbesteuereinbußen die Investitionen in zweistelliger Millionenhöhe nicht mehr leisten wollte. „Darmstadt wird wegen Kosteneinsparungen auf die Durchführung der Landesgartenschau verzichten“, teilte die Verwaltung mit.

Geschäftsführer Richter-Liebald sieht trotzdem keine generelle Krise der Gartenschauen. Bei Gesprächen mit Kommunen, die sich aktuell für die Zeit ab 2028 für die bayerischen Landesgartenschauen bewerben können, gebe es eine gute Akzeptanz. Außerdem habe ein Jahr nach Würzburg die Gartenschau in Wassertrüdingen die andere Seite gezeigt. Bei der kleinen Landesgartenschau kamen mehr als 300 000 Besucher in die mittelfränkische Stadt, und damit mehr als erwartet.

Allerdings sieht er auch, dass die Einwohner bei künftigen Projekten früher mitgenommen werden sollten. „Wir müssen mehr informieren, wir müssen wesentlich mehr Bürgerbeteiligung machen“, sagt er. Außerdem wirbt er für eine neue Sichtweise. „Die Gartenschau wird immer bewertet mit der Zahl der Besucher“, meint Richter-Liebald. Dies sei aber nicht richtig. Es müsse darauf geschaut werden, was dauerhaft für die Menschen in den Städten gebaut werde.

Ähnlich sieht dies der bayerische Umweltminister Thorsten Glauber (Freie Wähler): „Gartenschauen sind Investitionen in die Zukunft und in die Lebensqualität vor Ort“, sagt er. Bislang seien mehr als 500 Hektar Grün- und Erholungsflächen durch die Gartenschauen im Freistaat geschaffen worden. Die Veranstaltungen würden so helfen, vor Ort die Artenvielfalt zu erhöhen und das Stadtklima nachhaltig zu verbessern. Denn grundsätzlich sind Landesgartenschauen mehr als zeitlich begrenze Blumenpräsentationen. Fast immer soll den Städten mit dem Zuschlag für die Veranstaltung die Möglichkeit gegeben werden, brach liegende Flächen für die Zukunft zu entwickeln.

In Ingolstadt soll deswegen heuer ein Randbezirk im Nordwesten der Großstadt mit einer neuen Grünanlage aufgewertet werden. Auf 23 Hektar entstand ein Landschaftspark, der die Besucher mit mehr als 100 000 Pflanzen begeistern soll. Allein rund 600 Bäume wurden zusätzlich gepflanzt. Dafür wurden 24 Millionen Euro investiert, die laufenden Kosten während der Schau werden mit 13 Millionen angesetzt.