Junge Union und Freie Wähler beklagen „Beiratschaos“ in Ingolstadt
Geredet wird viel, getan wird nichts

19.12.2022 | Stand 19.12.2022, 8:34 Uhr
Rathaus −Foto: Schmatloch

Runde Tische, Beiräte, Kümmerer, Arbeitskreise: In Ingolstadt wird über nahezu jedes Thema so viel geredet, dass sich die Balken biegen. Ergebnisse indes sind Mangelware. Von einem sinnfreien „Beiratschaos“ spricht die Ingolstädter Junge Union. Und auch die Freien Wähler vermissen den Mehrwert dieser „Redeparlamente“

Die Junge Union Ingolstadt ist überzeugt, dass das „Beiratschaos“ der momentanen Stadtregierung der falsche Weg ist, mehr Teilhabe in der Kommunalpolitik zu ermöglichen. Die Begründung von immer mehr Beiräten verfehle ihr Ziel, zügig, transparent und nachvollziehbar zu stabilen Entscheidungen zu kommen. „Für eine Weiterentwicklung in den großen Zukunftsthemen braucht es Führung. Stattdessen erleben wir eine Beirätisierung der Kommunalpolitik: Die Auslagerung von Zuständigkeiten und Verantwortlichkeiten. Alle sollen eingebunden werden, aber nichts wird entschieden“, kritisierte JU-Stadtrat Markus Meyer.

Die JU Ingolstadt befürwortet basisdemokratische Konzepte und die Einbindung von Bürgern. Damit dies gewährleistet ist, müssten die Beiräte aber auch einen Mehrwert für die Stadt bringen. Dass hier Missstände bestehen, merke man gerade daran, dass aus diesen Gremien zu wenig Informationen an den Stadtrat weitergegeben werden. „Die Beiräte sind bloße Redeparlamente und geben keine valide Möglichkeit zur politischen Teilhabe“, findet JU-Vorsitzender Luke Heinemann: „Dies sieht man auch daran, dass wenige Stadträte bei den immer zahlreicheren Beiratssitzungen anwesend sein können. Außerdem werden wichtige Themen, wie zum Beispiel die Ersatzspielstätten, nicht in den Beiräten zur Vorberatung weitergeleitet.“

Die JU plädiert dafür, die gelebten Formen der Wahldemokratie zu fördern und eine repräsentative Vertretung der Stadtgesellschaft zu sichern — durch eine bessere Vereinbarkeit von Mandat, Beruf und Familie, durch eine Stärkung der Bezirksausschüsse und die eine punktuelle Einbindung von Experten. Die Beirätisierung sei dagegen der falsche Weg.

Die Stadt Ingolstadt zählt inzwischen unzählige Gremien, Beiräte sowie Arbeitskreise und versuche damit alle möglichen Themen inhaltlich abzudecken. Das monieren auch die Freien Wähler. „Es gibt ohne Frage viele sinnvolle Einrichtungen, aber einen Überblick der Gremien und Beiräte zu behalten, ist nahezu unmöglichen“, sagt Hans Stachel, Vorsitzender der Ingolstädter Stadtratsfraktion der FW, „das führt dann zu deutlicher Mehrbelastung ohne effektive Ergebnisse.“

Das Beiratschaos der Stadt Ingolstadt stieß die stellvertretende Fraktionsvorsitzende Angela Mayr, auch in der jüngsten Stadtratssitzung an. „Wir müssen uns wirklich der Sinnhaftigkeit und Zuordnung von Beiräten stellen. Denn die Beiräte sollen der Politik und Verwaltung Empfehlungen liefern“, sagt sie. „Wenn aber möglichst jeder an der Entscheidung in irgendeiner Form teilhaben und teilnehmen will, bremst das die zentralen Gremien wie den Stadtrat, aus.

Der Mehrwert der Gremien für die Stadt sei also begrenzt. Deshalb müsse man die Anzahl eindämmen. Ein Beirat solle eine Wissenserweiterung liefern und nicht die Ausgliederung von Zuständigkeiten und Verantwortlichkeiten. „Wir brauchen aber eine klare Führung und Struktur. Zudem sind die Gremien manchmal fraglich besetzt“, sagt Hans Stachel, „ohne fachliche Qualifikation der Mitglieder und ohne fundierte Kenntnisse sind dies keine Fachgremien und keine hilfreiche Unterstützung bei der Entscheidungsfindung für Stadtrat und Verwaltung.“ (ty)