Gefahr im Verzug oder viel Lärm um nichts?

Ein Gaimersheimer wundert sich über den Umfang eines von ihm ausgelösten Einsatzes wegen eines verdächtigen Briefes aus China und wirft Feuerwehr Aggressivität vor

01.04.2020 | Stand 01.04.2020, 23:37 Uhr
Einsatz −Foto: Feuerwehr Gaimersheim, Sander

Ein Gaimersheimer wundert sich über den Umfang eines von ihm ausgelösten Einsatzes wegen eines verdächtigen Briefes aus China und wirft Feuerwehr Aggressivität vor

(ty) Ein kleines gelbes Briefkuvert mit zwei kleinen blauen Kügelchen als Inhalt hat in Gaimersheim für einen Großeinsatz gesorgt. Erhalten hat den Umschlag per Einschreiben Walter Sander, der in Gaimersheim ein medizinisches Labor betreibt. Abgeschickt wurde es offensichtlich in China, weshalb Sander die ganze Sache verdächtig vorkam, weil er zu China nach eigener Aussage weder Kontakt hat noch dort etwas bestellt hat und dem Päckchen auch kein Begleitschreiben beigelegt war.

"Die Kügelchen und auch der Brief könnten Inhaltsstoffe enthalten, die möglicherweise krank machen, ja eine neue Seuche ins Land bringen", dachte Sander in Corona-Zeiten, weshalb er beschloss, den Notruf 110 anzurufen.

Der Polizist am Telefon, dem der Gaimersheimer den Vorfall schilderte, hat laut Sander den Anruf als "absolut richtig" bezeichnet und gesagt, dass er ein Polizeifahrzeug vorbeischicke, das den Brief abhole. Er habe den Polizisten gebeten, mitzuteilen, wann das Fahrzeug komme, damit auch jemand zu Hause sei. Das sei ihm auch bestätigt worden.

Weil Sander im Anschluss dann Post vom Postfach abholte, habe er zu seiner Lebensgefährtin gesagt, sie solle der Polizei den Brief übergeben, sollte diese vor seiner Rückkehr eintreffen.

Als er mit seinem Fahrrad bereits auf dem Rückweg war, habe er Sirenen von Feuerwehrfahrzeugen gehört, so Sander. Und als er einige Minuten später an der Amselstraße, wo sich sein Labor befindet, eintraf, standen dort mehrere Feuerwehrautos. Ein jüngerer Feuerwehrmann habe ihn schon am Beginn der Straße "in sehr barschem Ton" aufgefordert zu schauen, dass er schnellstens nach Hause komme. Er sei neben dem Fahrrad hergelaufen und habe ihm öfter zugerufen, er solle schneller fahren. Dies habe ihn, Sander, veranlasst zu sagen: "Halt' doch endlich die Goschn. " Da sei ihm halt "was rausgerutscht", wie er es formuliert.

Was ihn aber "wirklich verärgert" habe, sei die "Aggressivität" einiger Feuerwehrleute gewesen. Dabei seien auch einige bayerische Schimpfwörter in seine Richtung gefallen, sagt Sander. Vor allem von Kommandant Alexander Heimisch und dessen Stellvertreter Christian Zientek. Gewundert habe er sich allgemein ohnehin über den aus seiner Sicht "überaus fatalen und völlig nutzlosen Feuerwehr-Hyper-Einsatz".

Für Heimisch, der auch Kreisbrandmeister ist, war das Feuerwehraufgebot allerdings vollkommen normal. Nachdem der Notruf bei der Polizei eingegangen war, sei er an die Leitstelle weitergeleitet und in diesem Fall als ABC-Einsatz eingestuft worden, so der Kommandant. Dabei sei die Gaimersheimer Feuerwehr von den Kollegen aus Kösching unterstützt worden, was den Großeinsatz erkläre. "Ich habe nicht gewusst, was ich da ausgelöst habe", sagt Sander dazu. Er habe lediglich ein Polizeiauto erwartet.

Das sei aber auch nicht das Problem gewesen, so Heimisch. Sander habe freilich "völlig falsch gehandelt", indem er nach dem Anruf unter der 110 einfach weggefahren sei. Das habe er ihm auch deutlich gesagt. Und zum Vorwurf der Aggressivität erläutert Heimisch: Ein Problem bei dem Einsatz sei Sanders großer, freilaufender Hund gewesen. Denn man wisse ja nie, wie ein Hund auf plötzliche Bewegungen der Feuerwehrkameraden reagiere. Deshalb habe er Sander dreimal gesagt, er solle den Hund wegsperren. Er sei der Aufforderung aber nicht gefolgt. Und beim vierten Mal "bin ich laut geworden".

Dass er und einige der Feuerwehrleute beleidigt worden seien - darüber sieht Heimisch inzwischen hinweg: "Das ist für mich abgehakt. " Insgesamt findet der Kommandant es allerdings schon schlimm, dass Feuerwehrler bei ihren Einsätzen in jüngster Zeit immer öfter verbal angegangen würden.

Sander ist im Übrigen seitdem auf der Suche nach einem Fachlabor, das die blauen Kügelchen - auf seine Kosten - untersuchen soll. Denn diese hatte die Feuerwehr an die Polizei übergeben, von der sie sich Sander "wegen der Brisanz der Angelegenheit" wieder zurückgeben ließ. Bisher ist der Gaimersheimer jedoch bei seiner Suche noch nicht fündig geworden.