Rallye Dakar
Für Audi zählt beim nächsten Mal nur der Gesamtsieg

15.01.2022 | Stand 23.09.2023, 8:36 Uhr

In der Summe brachten die drei Audi-Crews in Saudi-Arabien rund 24000 Wüstenkilometer hinter sich – fast das Dreifache der bisherigen Testkilometer für den komplett neu entwickelten RS Q e-tron. Fotos: Audi

Als sich die Flügeltür des schwarzen Gefährts lautlos nach oben öffnet, steckt ein Mann mit einer rötlich verspiegelten Sonnenbrille den Kopf nach draußen. Ein bisschen sieht der Reisende wie die Filmfigur „Doc“ Emmett Brown aus, der gerade zurück aus der Zukunft ist und einen gewissen Marty McFly abholen will. Doch im echten Leben sitzt Pilot Mattias Ekström nicht in der Zeitmaschine aus „Zurück in die Zukunft“, dafür mitten in der Wüste in dem durchaus futuristischen RS Q e-tron von Audi, der in den vergangenen zwei Wochen bei der Rallye Dakar in Saudi-Arabien ein neues Motorsportzeitalter eingeläutet hat.

Wie der doppelte DTM-Champion Ekström kamen auch seine Fahrerkollegen (der zweifache Rallye-Weltmeister Carlos Sainz und der 14-fache Dakar-Sieger Stephane Peterhansel) am Freitag in ihren drei Rennwagen heil am Zielort Dschidda an. Dass den Audis mit den offiziellen Autokennzeichen „IN-AS“ (für Audi Sport) samt den Ziffern „104“ bis „106“ (Chassisnummern) und dem wichtigen Zusatz „E“ das überhaupt gelingen würde, war bei den elektrisch angetriebenen Prototypen gar nicht so klar. Die Bilanz von 14 Podiumsplätzen in den Tageswertungen und vier Etappensiegen – wobei Peterhansel den fünften am Schlusstag um 49 Sekunden verpasste – dürfte kühnste Optimisten überrascht haben. „Das übertrifft unsere Erwartungen bei der ersten Dakar-Teilnahme deutlich“, sagt Audi-Sport-Geschäftsführer Julius Seebach, der beim gesamten Konzern für Motorsport verantwortlich ist.

Vor allem die Lernkurve aller Beteiligten schien bei dem großen arabischen Abenteuer gewaltig zu sein. Allein in der zweiten Dakar-Woche sicherte sich der Ingolstädter Tross drei – und eben sogar fast vier – der fünf möglichen Tagessiege, dominierte das Feld geradezu. Das aus vielen Rennserien erfahrene Entwickler- und Mechanikerteam des Autoherstellers wirbelte mit großer Manpower im Wüstensand mächtig Staub auf. Was zugegeben zupass kam: Die Favoriten um den letztlich souveränen Gesamtsieger Nasser Al-Attiyah im Toyota Hilux hatten sich da schon mit großen Zeitabständen sortiert, gaben aber – wie dessen schärfster Verfolger, der neunfache Rallye-Weltmeister Sebastien Loeb (BRX Hunter) – weiter Gas. „Es war schon schwer daran zu glauben, dass so etwas möglich ist“, bilanzierte Sainz, als dreifacher Dakar-Sieger mit bald 60 Jahren nach wie vor erfolghungrig. Er bescherte Audi auf der dritten Etappe den Premierensieg für den in Rekordzeit entwickelten Elektrorenner aus Ingolstadt. „Wir haben Geschichte geschrieben mit dem Antrieb.“

Der von drei für die Formel E entwickelten Elektromotoren angetriebene RS Q e-tron, dessen Batterie ein erprobter DTM-Motor mit optimierter Drehzahl lädt, erwies sich vor allem als unglaublich zuverlässig. „Es hat uns alle überrascht, wie gut das Auto läuft“, gab Ekström zu, der die Montagsetappe gewonnen hatte und mit Navigator Emil Bergkvist als bestes Audi-Team in den Top 10 landete. Technisch habe es so gut wie keine Probleme geben. „Gut, die Stoßdämpfer, aber das hat ja nichts mit dem Antriebskonzept zu tun.“ Denn das funktionierte und war mehr als konkurrenzfähig gegen die Verbrenner.

„Die Vorbereitungen waren nicht super einfach“, umschrieb Ekström mit einem Lächeln die Hürden in der Entwicklungszeit von nicht einmal einem Jahr. Sainz wiederum betonte sein „großes Vertrauen in die Audi-Ingenieure“, die nach seinem Gefühl einfach „die DNA für Racing, Motorsport und die Dinge anders zu machen haben. Und dieses Auto ist anders!“

Mit etwas weniger Pech hätten die Audi-Crews schon dieses mal um den Gesamtsieg mitfahren können, wenn Sainz und Navigator Lucas Cruz sowie Ekström und Bergkvist nicht wegen eines laut Audi ungenauen Roadbooks – wie viele andere an diesem Tag – massig Zeit auf der Suche nach einem Wegpunkt gelassen hätten: satte 2:22 beziehungsweise 1:45 Stunden. Die Hoffnungen auf eine Titelverteidigung und seinen 15. Gesamtsieg brachen bei Teamkollege Peterhansel zusammen mit seinem linken Hinterrad nach einem Steinschlag auf derselben Etappe. Dir Reparaturzeit und Zeitstrafen warfen ihn und Navigator Edouard Boulanger ans Ende des Feldes zurück. Dennoch zeigte sich „Monsieur Dakar“ nach den zwei Wochen begeistert von seinem Gefährt: „Es macht richtig Spaß das Auto in den Dünen zu fahren. Es ist ein Vergnügen.“

Auf drei Jahre ist Audis Engagement im Offroad-Bereich mindestens angelegt. Der Audi-Sport-Chef gibt die Marschroute für den Weg zurück in die Wüste vor. Julius Seebach: „Nach dieser Performance bereits im ersten Jahr ist der Gesamtsieg bei der nächsten Dakar ganz klar unser Ziel.“

DK